Allgemeine Zeitung, Nr. 102, 12. April 1849.[Spaltenumbruch]
diesem Augenblick gegen Ungarn vorrücken, und da seine Armee voll- Wien, 9 April 1849.Feldzeugmeister Welden." Prag, 7 April. Am 4 d. trat das neue Preßgesetz bei uns in Oesterreichische Monarchie. Pesth, 7 April.*) Das gestern erwartete officielle Bülletin er- Galatz, 28 März. Ich möchte Ihren Correspondenten in Sie- Großbritannien. London, 7 April. Der König von Preußen, bemerkt die Times, habe sich aus einer *) Wir bemerken, um möglichen Mißverständnissen zu begegnen, daß wir aus Pesth heute nur diesen einen Brief erhielten. *) Nach Berichten aus der Moldau vom 30 wäre bekanntlich Kronstadt be-
reits von den Szeklern unter Bem besetzt; doch fehlen alle nähern Angaben. [Spaltenumbruch]
dieſem Augenblick gegen Ungarn vorrücken, und da ſeine Armee voll- Wien, 9 April 1849.Feldzeugmeiſter Welden.“ ♁ Prag, 7 April. Am 4 d. trat das neue Preßgeſetz bei uns in Oeſterreichiſche Monarchie. ∸ Peſth, 7 April.*) Das geſtern erwartete officielle Bülletin er- ♂ Galatz, 28 März. Ich möchte Ihren Correſpondenten in Sie- Großbritannien. London, 7 April. Der König von Preußen, bemerkt die Times, habe ſich aus einer *) Wir bemerken, um möglichen Mißverſtändniſſen zu begegnen, daß wir aus Peſth heute nur dieſen einen Brief erhielten. *) Nach Berichten aus der Moldau vom 30 wäre bekanntlich Kronſtadt be-
reits von den Szeklern unter Bem beſetzt; doch fehlen alle nähern Angaben. <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p> <floatingText> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0006" n="1562"/><cb/> dieſem Augenblick gegen Ungarn vorrücken, und da ſeine Armee voll-<lb/> kommen concentrirt iſt, bietet ihm dieſes Gelegenheit nach allen Rich-<lb/> tungen mit Kraft zu operiren welche die Ereigniſſe erheiſchen könnten.</p><lb/> <closer> <dateline>Wien, 9 April 1849.</dateline> <signed>Feldzeugmeiſter Welden.“</signed> </closer> </div> </body> </floatingText> </p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>♁ <hi rendition="#b">Prag,</hi> 7 April.</dateline><lb/> <p>Am 4 d. trat das neue Preßgeſetz bei uns in<lb/> Wirkſamkeit, ſo eben wird auch das Aſſociationsgeſetz amtlich kundge-<lb/> macht. Vorgeſtern durſten bereits die Zeitungsblätter nicht auf der Straße<lb/> ausgerufen und verkauft werden. Man wundert ſich daß noch ſo viel Zei-<lb/> tungen in Prag ſofort erſcheinen, von denen man doch überzeugt iſt daß<lb/> ſie die Cautionen nicht werden auftreiben können. Das Eingehen der<lb/> Slovanſka-Lipa-Zeitung war ſchon vor einigen Tagen beſchloſſen — der<lb/> Ausſchuß ſelbſt bekannte daß ein Deficit von 1460 fl. C. M. vorhanden<lb/> ſey, und daß man die Caution nicht herbeiſchaffen könne — aber einige<lb/> Vatrioten beſtanden darauf daß ſie bis zum Oſtermontag, wo eine Plenar-<lb/> verſammlung des Vereins ſtattfindet, erſcheine; denn nur dieſe Verſamm-<lb/> lung habe das Recht über ihre Exiſtenz zu entſcheiden. Die von der Slo-<lb/> vanſka Lipa ausgegangene, aber — nach der Forderung unſrer Grund-<lb/> rechte — nicht vom Verein ſondern nur von den Mitgliedern als Indivi-<lb/> duen unterfertigte Petition um Entlaſſung der Miniſter, Annahme der<lb/> vom Reichstag gearbeiteten Verfaſſung ꝛc. fand bereits viele Unterſchriften<lb/> in Prag und auf dem Lande. Ueber den nämlichen Gegenſtand ſoll auf<lb/> einer übermorgen in Schlan (einer 4 Meilen von Prag entfernten Kreis-<lb/> ſtadt) ſtattfindenden Volksverſammlung, der noch mehrere in andern Städ-<lb/> ten folgen ſollen, verhandelt werden. Die Medau’ſche conſtitutionelle Zei-<lb/> tung, die Zeitung des Lipavereins, dasböhmiſche Abendblatt und die Ob-<lb/> canske Noviny hatten den vom Turiner itaiieniſch-ſlaviſchen Verein erlaſ-<lb/> ſenen Aufruf an die Slaven mitgetheilt, dieß ſah der Staatsanwalt als<lb/> ein ſehr ſchweres Preßvergehen an, und trug auf Verhaftung der Redac-<lb/> teure Polz, Wawra, Sabina, Liblinſky und Arnold an, welche aber die<lb/> Caution von 200 fl. erlegten. — Die Redaction der Deutſchen Zeitung hat<lb/> ſtatt des <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Klier der ausgezeichnete Schriftſteller Fernand Stamm über-<lb/> nommen. — Eine Anzahl Vertrauensmänner aus 31 königlichen Städ-<lb/> ten hatte kürzlich einige Zuſammenkünfte in Prag, worin ſie ſich über<lb/> verſchiedene das Gemeindeweſen betreffende Gegenſtände beſprachen, vor<lb/> allem aber eine Petition verfaßten in welcher ſie antrugen daß die Penſio-<lb/> nirung der Beamten des aufgelösten Unterkammeramtes nicht den Städ-<lb/> ten, ſondern der Staatscaſſe zur Laſt fallen möge. 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Die fortwährend hier ankommenden Wagenzüge mit Ge-<lb/> päck, Kranken und Verwundeten, die jetzt eben erfolgte Rückkehr einer vor<lb/> zwei Tagen abgegangenen Brückenequipage ſind Thatſachen welche die Be-<lb/> ſorgniſſe vermehren. Viele Perſonen ſchicken ſich an die Stadt zu verlaſ-<lb/> ſen, mehr aus Furcht vor einem Bombardement von Ofen aus, als vor<lb/> etwa eindringenden Ungarn. Allem Anſchein nach dauern die Manövers<lb/> fort und iſt der Ausgang des Kampfes noch nicht ertſchieden. Man hat<lb/> hier bis jetzt keine Kanonade gehört, und der Kampfplatz muß ſo ziemlich<lb/> ferne ſeyn. Von dem Bloksberge aus bemerkte man geſtern in der Ferne<lb/> Rauchwolken, und man vermuthet daß einige Ortſchaften in Brand ge-<lb/> riethen. Am thätigſten bei dieſen Kämpfen ſind die Generale Schlick und<lb/> Jellachich. — <hi rendition="#g">Nachſchrift</hi>. 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Aus Buchareſt erfahre ich daß vier öſterrei-<lb/> chiſche Generale, Puchner, Gedeon, Pfersmann und Cſorich, mit etwa<lb/> 1000 Mann Truppen nach der Walachei übergetreten ſind. Der Reſt des<lb/> Puchner’ſchen Corps ſammt der Artillerie hat ſich unter General Kaliani<lb/> nach Kronſtadt gewendet, <hi rendition="#g">von wo die Ruſſen unter General En-<lb/> gelhard abberufen worden ſind und ſich über die Gränze zu-<lb/> rückgezogen haben</hi>. Man zweifelt ſehr daß die erſten Truppen in<lb/> Kronſtadt ſich werden gegen die Szekler halten können, da es ihnen an<lb/> Munition fehlen ſoll. Man erwartet daher täglich ihren Uebertritt nach<lb/> der Walachei.<note place="foot" n="*)">Nach Berichten aus der Moldau vom 30 wäre bekanntlich Kronſtadt be-<lb/> reits von den Szeklern unter Bem beſetzt; doch fehlen alle nähern Angaben.</note> In der Gegend von Zeiden (bei Kronſtadt) will man<lb/> eine ſtarke Kanonade gehört haben. 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Das Journal kommt auf ſeine frühere Argumentation zu-<lb/> rück daß die Geſchichte Preußens ſeit 150 Jahren eben nichts anders ſey<lb/> als ein Wettkampf mit Oeſterreich um die Hegemonie, ja um die Krone<lb/> Deutſchlands. „Zuweilen wurde dieſer Zweck angeſtrebt mit ſchamloſen<lb/> Uebergriffen und gehäſſiger Treuloſigkeit, noch öfter aber mittels ehren-<lb/> hafter Klugheit und preiswürdiger Anſtrengungen für Deutſchlands allge-<lb/> meine Wohlfahrt. Aber ob wir nun auf die ſchleſiſchen Kriege Fried-<lb/> richs <hi rendition="#aq">II</hi> oder auf den Zollverein Friedrich Wilhelms <hi rendition="#aq">III</hi> ſchauen, das end-<lb/> liche Ziel war unwandelbar das nämliche. In unſrer Zeit iſt Preußen die<lb/> einzige(!) Macht in Europa welche, ſtreng genommen, ehrgeizig heißen kann,<lb/> denn der preußiſche Ehrgeiz liegt nicht ſowohl im Fürſten als in der Na-<lb/> tion ſelbſt. Unter fünf Großmächten die kleinſte zu ſeyn, der Gedanke iſt<lb/> für den preußiſchen Nationalſtolz (<hi rendition="#aq">national presumption</hi>) ſo unerträg-<lb/> lich, wie es den frühern preußiſchen Fürſten unerträglich war mit in der<lb/> obſcuren Reihe deutſcher Kurfürſten zu ſtehen. Endlich kam der Tag da<lb/> es möglich ſchien durch <hi rendition="#g">einen</hi> kühnen Streich dieſe lange Anſtrengung zu<lb/> beendigen, dieſen vielgewundenen Aufgang ans Ziel zu führen. Theils<lb/> durch die langſame Vorbereitung früherer Generationen, theils durch die<lb/> energiſchen Maßnahmen welche ohne Zweifel vom jetzigen König ſchon ſeit<lb/> ſeiner Thronbeſteigung, und beſonders im November 1847, zur Wieder-<lb/> geburt des deutſchen Bundes beabſichtigt waren, theils durch die muthmaß-<lb/> lichen Verlegenheiten Oeſterreichs, vor allem aber durch den revolutionä-<lb/> ren Impuls des vorigen Jahrs lag die Kaiſerkrone von Deutſchland, oder<lb/> ein Ding welches dieſes erhabene und altehrwürdige Sinnbild zu ſeyn<lb/> vorgibt, zu den Füßen Friedrich Wilhelms <hi rendition="#aq">IV.</hi> Er hat gezögert ſie an-<lb/> zunehmen; er hat weislich gezögert (<hi rendition="#aq">he has hesitated wisely</hi>); aber eine<lb/> leidigere Alternative iſt dem Patriotismus und dem Gewiſſen eines<lb/> Königs noch ſelten geboten worden.“ Die Times muthmaßt nun über<lb/> die Folgen der Ablehnung und der Zuſage. Die Befürchtungen Vincke’s<lb/> und der gemäßigten Majorität, ſowohl in Frankfurt als in Berlin, hin-<lb/> ſichtlich der Ablehnung ſeyen nicht grundlos: es ſey möglich daß die Ant-<lb/> wort des Königs dem Republicanismus in Deutſchland einen mächtigen<lb/> Anſporn gebe, die kleineren Staaten in völlige Anarchie ſtürze, dem König<lb/> ſelbſt aber das Vertrauen ſeiner Unterthanen und der deutſchen Nation<lb/> völlig entziehe. Andrerſeits aber wären die Gefahren der Zuſage noch grö-<lb/> ßer geweſen. Es ſey nicht wahr daß die Annahme einer alſo übertragenen<lb/> Würde der ganzen deutſchen Nation Frieden und Einheit gäbe. Selbſt<lb/> von denen die in der jetzigen Stunde der Gefahr dieſer Maßregel beige-<lb/> treten, würden viele ein ſo anomales Lehensverhältniß zurückweiſen ſobald es<lb/> mit ihren örtlichen Intereſſen, ihren religiöſen Ueberzeugungen oder ihren al-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1562/0006]
dieſem Augenblick gegen Ungarn vorrücken, und da ſeine Armee voll-
kommen concentrirt iſt, bietet ihm dieſes Gelegenheit nach allen Rich-
tungen mit Kraft zu operiren welche die Ereigniſſe erheiſchen könnten.
Wien, 9 April 1849.Feldzeugmeiſter Welden.“
♁ Prag, 7 April.
Am 4 d. trat das neue Preßgeſetz bei uns in
Wirkſamkeit, ſo eben wird auch das Aſſociationsgeſetz amtlich kundge-
macht. Vorgeſtern durſten bereits die Zeitungsblätter nicht auf der Straße
ausgerufen und verkauft werden. Man wundert ſich daß noch ſo viel Zei-
tungen in Prag ſofort erſcheinen, von denen man doch überzeugt iſt daß
ſie die Cautionen nicht werden auftreiben können. Das Eingehen der
Slovanſka-Lipa-Zeitung war ſchon vor einigen Tagen beſchloſſen — der
Ausſchuß ſelbſt bekannte daß ein Deficit von 1460 fl. C. M. vorhanden
ſey, und daß man die Caution nicht herbeiſchaffen könne — aber einige
Vatrioten beſtanden darauf daß ſie bis zum Oſtermontag, wo eine Plenar-
verſammlung des Vereins ſtattfindet, erſcheine; denn nur dieſe Verſamm-
lung habe das Recht über ihre Exiſtenz zu entſcheiden. Die von der Slo-
vanſka Lipa ausgegangene, aber — nach der Forderung unſrer Grund-
rechte — nicht vom Verein ſondern nur von den Mitgliedern als Indivi-
duen unterfertigte Petition um Entlaſſung der Miniſter, Annahme der
vom Reichstag gearbeiteten Verfaſſung ꝛc. fand bereits viele Unterſchriften
in Prag und auf dem Lande. Ueber den nämlichen Gegenſtand ſoll auf
einer übermorgen in Schlan (einer 4 Meilen von Prag entfernten Kreis-
ſtadt) ſtattfindenden Volksverſammlung, der noch mehrere in andern Städ-
ten folgen ſollen, verhandelt werden. Die Medau’ſche conſtitutionelle Zei-
tung, die Zeitung des Lipavereins, dasböhmiſche Abendblatt und die Ob-
canske Noviny hatten den vom Turiner itaiieniſch-ſlaviſchen Verein erlaſ-
ſenen Aufruf an die Slaven mitgetheilt, dieß ſah der Staatsanwalt als
ein ſehr ſchweres Preßvergehen an, und trug auf Verhaftung der Redac-
teure Polz, Wawra, Sabina, Liblinſky und Arnold an, welche aber die
Caution von 200 fl. erlegten. — Die Redaction der Deutſchen Zeitung hat
ſtatt des Dr. Klier der ausgezeichnete Schriftſteller Fernand Stamm über-
nommen. — Eine Anzahl Vertrauensmänner aus 31 königlichen Städ-
ten hatte kürzlich einige Zuſammenkünfte in Prag, worin ſie ſich über
verſchiedene das Gemeindeweſen betreffende Gegenſtände beſprachen, vor
allem aber eine Petition verfaßten in welcher ſie antrugen daß die Penſio-
nirung der Beamten des aufgelösten Unterkammeramtes nicht den Städ-
ten, ſondern der Staatscaſſe zur Laſt fallen möge. Sie werden dieſe Pe-
tition beim Landespräſidium und Miniſterium, und wenn ſie dort keine
Folge hat, beim nächſten Landtag einbringen. — Der Nationalgarde-Ver-
waltungsrath wurde, weil er, dem Geſetz zuwider, zu viele Mitglieder
zählte, vom Landespräſidium aufgelöst. — Die Stadtgemeinde erhielt von
der Nationalbank das erbetene Anlehen von 100,000 fl. mit 2 Proc. auf
zwei Jahre, als Hypothek dient das Gut Lieben. Die vom Kaiſer bewil-
ligten 100,000 fl. ſollen zu Vorſchüſſen für dürftige Gewerbsinhaber und
auf Errichtung von gewerblichen Verkaufshallen verwendet werden. —
Geſtern Nachmittags ſtarb plötzlich der Med. Dr. und Profeſſor der Zoo-
logie und Mineralogie an der mediciniſchen Facultät Joh. Swatopluk
Presl, ehemaliger Reichstagsdeputirter. Er war einer der gelehrteſten
böhmiſchen Litteratoren, und hat insbeſondere die böhmiſche Litteratur mit
einer ächt böhmiſchen Nomenclatur der Wiſſenſchaften der Zoologie, Bo-
tanik und Mineralogie bereichert.
Oeſterreichiſche Monarchie.
∸ Peſth, 7 April. *)
Das geſtern erwartete officielle Bülletin er-
ſchien nicht, und die Lage der Dinge ſcheint ſich für die Oeſterreicher be-
denklicher geſtaltet zu haben. Die Ungarn ſollen über alle Erwartung
große Maſſen im Feld haben, und der Kriegsſchauplatz iſt unſerer Stadt
näher gerückt. Die fortwährend hier ankommenden Wagenzüge mit Ge-
päck, Kranken und Verwundeten, die jetzt eben erfolgte Rückkehr einer vor
zwei Tagen abgegangenen Brückenequipage ſind Thatſachen welche die Be-
ſorgniſſe vermehren. Viele Perſonen ſchicken ſich an die Stadt zu verlaſ-
ſen, mehr aus Furcht vor einem Bombardement von Ofen aus, als vor
etwa eindringenden Ungarn. Allem Anſchein nach dauern die Manövers
fort und iſt der Ausgang des Kampfes noch nicht ertſchieden. Man hat
hier bis jetzt keine Kanonade gehört, und der Kampfplatz muß ſo ziemlich
ferne ſeyn. Von dem Bloksberge aus bemerkte man geſtern in der Ferne
Rauchwolken, und man vermuthet daß einige Ortſchaften in Brand ge-
riethen. Am thätigſten bei dieſen Kämpfen ſind die Generale Schlick und
Jellachich. — Nachſchrift. Soeben iſt ein Courier angekommen der
etwas tröſtlichere Nachrichten mitgebracht haben ſoll.
♂ Galatz, 28 März.
Ich möchte Ihren Correſpondenten in Sie-
benbürgen rathen daß ſie, ſolange die Unruhen in Ungarn den Poſten-
verkehr durch jenes Königreich erſchweren, ihre Berichte über Buchareſt,
Galatz (oder Fokſchan), Jaſſy und Czernowitz einſenden, ſowie auch die
Kronſtädter und Hermannſtädter Blätter. Sie kämen auf dieſem Wege
viel früher in den Beſitz derſelben. Einer Nachricht von der moldauiſchen
Gränze zufolge ſollen über 1000 Mann Ungarn, Infanterte und Cavalle-
rie, bei dem ſiebenbürgiſchen Dorfe Vale Danului in die Moldau einge-
drungen, von einer dort aufgeſtellten ruſſiſchen Truppenabtheilung aber
zurückgedrängt worden ſeyn, wobei die Ungarn mehrere Gefangene und
eine Fahne verloren haben. Aus Buchareſt erfahre ich daß vier öſterrei-
chiſche Generale, Puchner, Gedeon, Pfersmann und Cſorich, mit etwa
1000 Mann Truppen nach der Walachei übergetreten ſind. Der Reſt des
Puchner’ſchen Corps ſammt der Artillerie hat ſich unter General Kaliani
nach Kronſtadt gewendet, von wo die Ruſſen unter General En-
gelhard abberufen worden ſind und ſich über die Gränze zu-
rückgezogen haben. Man zweifelt ſehr daß die erſten Truppen in
Kronſtadt ſich werden gegen die Szekler halten können, da es ihnen an
Munition fehlen ſoll. Man erwartet daher täglich ihren Uebertritt nach
der Walachei. *) In der Gegend von Zeiden (bei Kronſtadt) will man
eine ſtarke Kanonade gehört haben. Der ruſſiſche Oberſt Skariatin ſoll
noch fortwährend das Contumazgebäude des Rothenthurmpaſſes (eine
feſte Poſition) beſetzt halten. Sind dieſe Nachrichten begründet, ſo wer-
den ſie wohl auch durch die Buchareſter deutſche Zeitung gegeben werden,
welcher in dieſer Beziehung, wie ich höre, officielle Berichte zur Ver-
fügung ſtehen.
Großbritannien.
London, 7 April.
Der König von Preußen, bemerkt die Times, habe ſich aus einer
ſehr kritiſchen Lage durch eine bedingte Ablehnung der deutſchen Kaiſer-
krone loszuwickeln geſucht, mittels einer für ſeine geiſtige Perſönlichkeit
ſehr bezeichnenden Antwort — einer beredten, enthuſiaſtiſchen, frommen
und zweideutigen (eloquent, enthusiastic, devout and ambiguous).
Indeſſen jede Antwort, ein Ja wie ein Nein, und ebenſo dieſes halbe Ja und
halbe Nein, habe vorausſichtlich eine ſehr ſchwierige Lage herbeiführen
müſſen. Das Journal kommt auf ſeine frühere Argumentation zu-
rück daß die Geſchichte Preußens ſeit 150 Jahren eben nichts anders ſey
als ein Wettkampf mit Oeſterreich um die Hegemonie, ja um die Krone
Deutſchlands. „Zuweilen wurde dieſer Zweck angeſtrebt mit ſchamloſen
Uebergriffen und gehäſſiger Treuloſigkeit, noch öfter aber mittels ehren-
hafter Klugheit und preiswürdiger Anſtrengungen für Deutſchlands allge-
meine Wohlfahrt. Aber ob wir nun auf die ſchleſiſchen Kriege Fried-
richs II oder auf den Zollverein Friedrich Wilhelms III ſchauen, das end-
liche Ziel war unwandelbar das nämliche. In unſrer Zeit iſt Preußen die
einzige(!) Macht in Europa welche, ſtreng genommen, ehrgeizig heißen kann,
denn der preußiſche Ehrgeiz liegt nicht ſowohl im Fürſten als in der Na-
tion ſelbſt. Unter fünf Großmächten die kleinſte zu ſeyn, der Gedanke iſt
für den preußiſchen Nationalſtolz (national presumption) ſo unerträg-
lich, wie es den frühern preußiſchen Fürſten unerträglich war mit in der
obſcuren Reihe deutſcher Kurfürſten zu ſtehen. Endlich kam der Tag da
es möglich ſchien durch einen kühnen Streich dieſe lange Anſtrengung zu
beendigen, dieſen vielgewundenen Aufgang ans Ziel zu führen. Theils
durch die langſame Vorbereitung früherer Generationen, theils durch die
energiſchen Maßnahmen welche ohne Zweifel vom jetzigen König ſchon ſeit
ſeiner Thronbeſteigung, und beſonders im November 1847, zur Wieder-
geburt des deutſchen Bundes beabſichtigt waren, theils durch die muthmaß-
lichen Verlegenheiten Oeſterreichs, vor allem aber durch den revolutionä-
ren Impuls des vorigen Jahrs lag die Kaiſerkrone von Deutſchland, oder
ein Ding welches dieſes erhabene und altehrwürdige Sinnbild zu ſeyn
vorgibt, zu den Füßen Friedrich Wilhelms IV. Er hat gezögert ſie an-
zunehmen; er hat weislich gezögert (he has hesitated wisely); aber eine
leidigere Alternative iſt dem Patriotismus und dem Gewiſſen eines
Königs noch ſelten geboten worden.“ Die Times muthmaßt nun über
die Folgen der Ablehnung und der Zuſage. Die Befürchtungen Vincke’s
und der gemäßigten Majorität, ſowohl in Frankfurt als in Berlin, hin-
ſichtlich der Ablehnung ſeyen nicht grundlos: es ſey möglich daß die Ant-
wort des Königs dem Republicanismus in Deutſchland einen mächtigen
Anſporn gebe, die kleineren Staaten in völlige Anarchie ſtürze, dem König
ſelbſt aber das Vertrauen ſeiner Unterthanen und der deutſchen Nation
völlig entziehe. Andrerſeits aber wären die Gefahren der Zuſage noch grö-
ßer geweſen. Es ſey nicht wahr daß die Annahme einer alſo übertragenen
Würde der ganzen deutſchen Nation Frieden und Einheit gäbe. Selbſt
von denen die in der jetzigen Stunde der Gefahr dieſer Maßregel beige-
treten, würden viele ein ſo anomales Lehensverhältniß zurückweiſen ſobald es
mit ihren örtlichen Intereſſen, ihren religiöſen Ueberzeugungen oder ihren al-
*) Wir bemerken, um möglichen Mißverſtändniſſen zu begegnen, daß wir
aus Peſth heute nur dieſen einen Brief erhielten.
*) Nach Berichten aus der Moldau vom 30 wäre bekanntlich Kronſtadt be-
reits von den Szeklern unter Bem beſetzt; doch fehlen alle nähern Angaben.
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(2022-09-09T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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