Allgemeine Zeitung, Nr. 9, 10. Januar 1924.Allgemeine Zeitung. Nr. 9 Donnerstag, den 10. Januar 1924. [Spaltenumbruch]
Münchener Stadtzeitung. [Spaltenumbruch]
Drei Aufgaben Münchens. Vor dem Kriege waren führende politische und Damit soll nichts gegen die bodenständigen In- Art der Ueberleitung der europäischen Wirt- Es wäre besser, den unfruchtbaren politischen Um die Aufwertung der Hypotheken und Hypothekenzinsen. Der Schutzverband der Hypo- Soweit gütliche Einigung zwischen Gläu- Der, von den Hypothekenbanken Bay- Auch die Rückzahlung von Obligationen Die Entschließung begrüßt schließlich die Vom Münchener Lebensmittelmarkt. München, 9. Jan.Der sehr flaue Marktbetrieb Fleischpreise: Mastochsenfleisch, das Pfund 60--80 Pf., Kalbfleisch 60--70 Pf., Schaf- und Hammelfleisch 60--70 Pf., Schweinefleisch 90--100 Pf. Geflügel: Fettgänse 0,9--1,2 M., Suppen- hühner 60--80 Pf., Tauben das Stück 50--70 Pf. Wild: Rehschlegel und -Rücken 1,3, Bug 1.--, Ragout 0,8, Hasenbraten 1,3, Ragout 0,7 M. Fische: Karpfen 1,3, Hechte 1,5, Cabliau 0,55, Seelachs 0,45, Schellfisch 0,75, Merlan 0,35, Salz- heringe 10 Stück 0,85 M. (in der Nordseefisch- halle). Fette: Landbutter 1,8, Schweinefett 0,85, Rinderfett 0,85, Palmin 0,75, Schmelzmargarine 0,76, Tafelmargarine 0,70, Cocosfett 0,60 M. Gemüse: Wirsing 18, Blaukraut 18, Weiß- kraut 6, gelbe Rüben 18, rote Rüben 18, Sellerie 20 Pf. Obst: Aepfel 40--80 Pf., gedörrte Pflaumen oder Zwetschgen 40 Pf., Orangen 3 Stück 20 Pf., Zitronen 5 Pf., Nüsse 1,2 M. Auf dem Münchner Schlachtvieh- Aufnahmeprüfung für die Handarbeitslehrer- innenseminare. Die Aufnahmeprüfung für die Hauswirtschaftliche Kurse: In der Zeit von Protestversammlung der Kriegsbeschädigten. Der Reichsverband deutscher Kriegsbeschädigter Münchner Journalisten- und Schrifsteller- Verein. Am Donnerstag, den 10. Januar, Vor- Hütet die Kinder! Das Auftreten eines Zopf- Kleine Zeitung. Gestorben: Stadtrat Julius Probst in Kauf- Geburtstage: Der Münchner Domkapitular Standesherr Fürst Bertram von Frau Anna Nachreiner, Tapezierer- Ernennung: Postassistent Max Meier 2 m Sein vierzigjähriges Dienstjubiläum feiert am Akademische Ehrung. Die philosophische Fa- München. (Stand der Maul- und In der Zeit Der Meister des jüngsten Tages. 9 Roman "Lassen Sie den Unsinn, Doktor!" sprach der Doktor Gorski ließ sich durch alle diese Erwä- "Der süß und bittre Narr Der Ingenieur erkannte endlich das Aussichts- "Das ist eigentlich ein Widerspruch, finden Sie "Wohin ist denn eigentlich meine Schwester "Sie hat ganz recht daran getan, zu gehen, Niemand beachtete es, als ich hinausging, Ich weiß nicht, wie lange ich im Garten ge- Plötzlich hörte ich Lärm und lautes Lachen "Hallo! Eugen!" rief er in den Garten. Seine Stimme bekam plötzlich einen besorgten Wo waren Sie? Wo kommen Sie denn her?" Hinter ihm wurde Doktor Gorski sichtbar, "Treff' ich dich hier im Mondenschein --" Er brach ab, einer von den beiden anderen "Vermessener! Ha!" Dann war Stille. Ueber ihren Köpfen im Ich ging zurück ins Haus und die hölzerne "Du bist es, Gottfried?" sagte sie. Ich setzte mich schweigend ihr gegenüber und Plötzlich fuhr ich zusammen. Jemand hatte meinen Namen gerufen, -- Dina hielt in ihrer Arbeit inne und horchte "Das ist Eugen," sagte sie. "Was mag er nur Und jetzt -- Eugen Bischoffs Stimme zum "Hier bin ich, Eugen! Hier!" ruft Dina und Zwei -- drei Sekunden lang keine Antwort. Ich sah Dina zurückfahren, sie stand da, un- Allgemeine Zeitung. Nr. 9 Donnerstag, den 10. Januar 1924. [Spaltenumbruch]
Münchener Stadtzeitung. [Spaltenumbruch]
Drei Aufgaben Münchens. Vor dem Kriege waren führende politiſche und Damit ſoll nichts gegen die bodenſtändigen In- Art der Ueberleitung der europäiſchen Wirt- Es wäre beſſer, den unfruchtbaren politiſchen Um die Aufwertung der Hypotheken und Hypothekenzinſen. Der Schutzverband der Hypo- Soweit gütliche Einigung zwiſchen Gläu- Der, von den Hypothekenbanken Bay- Auch die Rückzahlung von Obligationen Die Entſchließung begrüßt ſchließlich die Vom Münchener Lebensmittelmarkt. München, 9. Jan.Der ſehr flaue Marktbetrieb Fleiſchpreiſe: Maſtochſenfleiſch, das Pfund 60—80 Pf., Kalbfleiſch 60—70 Pf., Schaf- und Hammelfleiſch 60—70 Pf., Schweinefleiſch 90—100 Pf. Geflügel: Fettgänſe 0,9—1,2 M., Suppen- hühner 60—80 Pf., Tauben das Stück 50—70 Pf. Wild: Rehſchlegel und -Rücken 1,3, Bug 1.—, Ragout 0,8, Haſenbraten 1,3, Ragout 0,7 M. Fiſche: Karpfen 1,3, Hechte 1,5, Cabliau 0,55, Seelachs 0,45, Schellfiſch 0,75, Merlan 0,35, Salz- heringe 10 Stück 0,85 M. (in der Nordſeefiſch- halle). Fette: Landbutter 1,8, Schweinefett 0,85, Rinderfett 0,85, Palmin 0,75, Schmelzmargarine 0,76, Tafelmargarine 0,70, Cocosfett 0,60 M. Gemüſe: Wirſing 18, Blaukraut 18, Weiß- kraut 6, gelbe Rüben 18, rote Rüben 18, Sellerie 20 Pf. Obſt: Aepfel 40—80 Pf., gedörrte Pflaumen oder Zwetſchgen 40 Pf., Orangen 3 Stück 20 Pf., Zitronen 5 Pf., Nüſſe 1,2 M. Auf dem Münchner Schlachtvieh- Aufnahmeprüfung für die Handarbeitslehrer- innenſeminare. Die Aufnahmeprüfung für die Hauswirtſchaftliche Kurſe: In der Zeit von Proteſtverſammlung der Kriegsbeſchädigten. Der Reichsverband deutſcher Kriegsbeſchädigter Münchner Journaliſten- und Schrifſteller- Verein. Am Donnerstag, den 10. Januar, Vor- Hütet die Kinder! Das Auftreten eines Zopf- Kleine Zeitung. Geſtorben: Stadtrat Julius Probſt in Kauf- Geburtstage: Der Münchner Domkapitular Standesherr Fürſt Bertram von Frau Anna Nachreiner, Tapezierer- Ernennung: Poſtaſſiſtent Max Meier 2 m Sein vierzigjähriges Dienſtjubiläum feiert am Akademiſche Ehrung. Die philoſophiſche Fa- München. (Stand der Maul- und In der Zeit Der Meiſter des jüngſten Tages. 9 Roman „Laſſen Sie den Unſinn, Doktor!“ ſprach der Doktor Gorski ließ ſich durch alle dieſe Erwä- „Der ſüß und bittre Narr Der Ingenieur erkannte endlich das Ausſichts- „Das iſt eigentlich ein Widerſpruch, finden Sie „Wohin iſt denn eigentlich meine Schweſter „Sie hat ganz recht daran getan, zu gehen, Niemand beachtete es, als ich hinausging, Ich weiß nicht, wie lange ich im Garten ge- Plötzlich hörte ich Lärm und lautes Lachen „Hallo! Eugen!“ rief er in den Garten. Seine Stimme bekam plötzlich einen beſorgten Wo waren Sie? Wo kommen Sie denn her?“ Hinter ihm wurde Doktor Gorski ſichtbar, „Treff’ ich dich hier im Mondenſchein —“ Er brach ab, einer von den beiden anderen „Vermeſſener! Ha!“ Dann war Stille. Ueber ihren Köpfen im Ich ging zurück ins Haus und die hölzerne „Du biſt es, Gottfried?“ ſagte ſie. Ich ſetzte mich ſchweigend ihr gegenüber und Plötzlich fuhr ich zuſammen. Jemand hatte meinen Namen gerufen, — Dina hielt in ihrer Arbeit inne und horchte „Das iſt Eugen,“ ſagte ſie. „Was mag er nur Und jetzt — Eugen Biſchoffs Stimme zum „Hier bin ich, Eugen! Hier!“ ruft Dina und Zwei — drei Sekunden lang keine Antwort. Ich ſah Dina zurückfahren, ſie ſtand da, un- <TEI> <text> <body> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <pb facs="#f0004" n="4"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Allgemeine Zeitung</hi>. Nr. 9 Donnerstag, den 10. Januar 1924.</hi> </fw><lb/> <cb/> </div> </div> </div> </div> <div type="jLocal" n="1"> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Münchener Stadtzeitung.</hi> </head><lb/> <cb/> <div type="jComment" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Drei Aufgaben Münchens.</hi> </head><lb/> <p>Vor dem Kriege waren führende politiſche und<lb/> wirtſchaftliche Kreiſe der Landeshauptſtadt drauf<lb/> und dran, aus ihr eine Induſtrieſtadt zu machen.<lb/> Grund und Boden wurde zur Verfügung geſtellt,<lb/> die Niederlaſſung von Induſtrien — ſiehe Krupp<lb/> — nach Kräften gefördert. Die Warner von da-<lb/> mals, die aus den verſchiedenſten Gründen gegen<lb/> den „Induſtriefimmel“ ſich wandten, behielten<lb/> Recht. Die „Induſtrialiſierung“ mit ihrer Zu-<lb/> wanderung radikaler Elemente hat tiefgehende<lb/> politiſche Beunruhigung geſchaffen und den Boden<lb/> für die Auswüchſe der Räterepublik bereitet.<lb/> Wirtſchaftlich war der Verſuch eine Enttäuſchung,<lb/> da München eben doch ſehr weit abſeits von den<lb/> Produktionsſtätten liegt und die Vorausbelaſtung<lb/> für Rohſtoffe und Frachten ungeheuer groß iſt.<lb/> Kulturell wurde München gleichfalls nachteilig<lb/> beeinflußt. Eine zu weit getriebene Induſtriali-<lb/> ſierung hätte auf die Dauer ſicher dem Antlitz<lb/> der Stadt geſchadet und manchen ſeiner eigen-<lb/> artigen Züge zerſtört.</p><lb/> <p>Damit ſoll nichts gegen die bodenſtändigen In-<lb/> duſtrieunternehmungen und den Ausbau unſerer<lb/> Spezialinduſtrien geſagt ſein. Im Gegenteil!<lb/> München beſitzt Induſtrien in einem Ausmaß,<lb/> das in Erſtaunen ſetzt, wenn man die einzelnen<lb/> Betriebe durchwandert, und von einer Güte, die<lb/> keinen Vergleich zu ſcheuen hat. Man muß dieſe<lb/> Induſtrien auf jede Weiſe fördern, ohne daß man<lb/> der reinen Fabrikſtadt, für die nun einmal Mün-<lb/> chen nicht geeignet iſt, das Wort zu reden braucht.<lb/> Lage und Charakter der Iſarſtadt weiſen Mün-<lb/> chen aber in beſonderem Maße auf drei andere<lb/> große Aufgeben hin. Die Landeshauptſtadt<lb/> Bayerns muß die <hi rendition="#g">Stadt des großen in-<lb/> ternationalen Fremdenverkehrs</hi><lb/> bleiben, ſie muß ſich ihren Rang als <hi rendition="#g">Stadt der<lb/> reinen und angewandten Kunſt,</hi> na-<lb/> mentlich des Kunſtgewerbes, wahren und ſie muß<lb/> und kann <hi rendition="#g">große Handelsſtadt</hi> werden.<lb/> Fremdenverkehr und Kunſt ſtanden ſchon immer<lb/> in Zuſammenhang, aber das Dritte muß dazu<lb/> kommen. Es wird noch immer viel zu wenig be-<lb/> achtet, leider auch von den führenden Kreiſen, daß<lb/> Bayern und München durch die Veränderungen<lb/> der europäiſchen Karte ganz nahe an den Süden<lb/> und Südoſten herangerückt ſind. Die italieniſche<lb/> Grenze verläuft nur mehr wenige hundert Kilo-<lb/> meter von München, das gleichzeitig auch Aus-<lb/> fallstor nach dem neuen jugoſlaviſchen Reich ge-<lb/> worden iſt.</p><lb/> <p>Art der Ueberleitung der europäiſchen Wirt-<lb/> ſchaft in halbwegs geordnete Verhältniſſe, vor<lb/> allem auch mit der Fertigſtellung der Großſchiff-<lb/> fahrtsſtraße und dem Ausbau der Waſſerkräfte<lb/> und der Bahnelektriſierung eröffnen Bayern und<lb/> München auf dem Gebiete des Handels große un-<lb/> geahnte Zukunftsmöglichkeiten. Man hört da-<lb/> von, daß z. B. der gebrochene Tarif für itali-<lb/> eniſche Sendungen, der Kufſtein-München als<lb/> Sonderſtrecke behandelt, erſetzt werden ſoll durch<lb/> einen einheitlichen mit München als Hauptzwi-<lb/> ſchenſtation, ſo daß die bayeriſche Landeshaupt-<lb/> ſtadt noch in viel höberem Maße als bisher Sta-<lb/> pel- und Umſchlageplatz für den italieniſchen Han-<lb/> delsverkehr, namentlich mit Obſt, nach dem Nor-<lb/> den werden kann.</p><lb/> <p>Es wäre beſſer, den unfruchtbaren politiſchen<lb/> Hader zu begraben und alle Kräfte auf das<lb/> große gemeinſame Ziel der höheren Wirtſchaft<lb/> und Kultur hinzulenken.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Um die Aufwertung der Hypotheken<lb/> und Hypothekenzinſen.</hi> </head><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Schutzverband der Hypo-<lb/> theken-Pfandbrief- und Obli-<lb/> gationen-Gläubiger in Bayern</hi><lb/> hat am Mittwoch in öffentlicher Verſamm-<lb/><cb/> lung zur Frage der Hypothekenaufwertung<lb/> Stellung genommen. Es kam zur Annahme<lb/> einer<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Entſchließung</hi>,</hi><lb/> in der von den geſetzgebenden Körperſchaf-<lb/> ten in Reich und Land verlangt wird, die<lb/> durch die Reichsgerichtsentſcheidung vom<lb/> 28. November 1923 auch oberſtgerichtlich be-<lb/> gründete, dem ſo ſtärkungsbedürftigen<lb/> Rechtsbewußtſein entſprechende Aufwer-<lb/> tung der Hypotheken und Hypothekenzin-<lb/> ſen, zur möglichſten Annäherung an den ur-<lb/> ſprünglichen Goldmarkwert der Schuld, im<lb/> ausgleichenden Güteverfahren nicht durch<lb/><hi rendition="#g">unſoziale, willkürliche, dabei<lb/> wirtſchaftsfeindliche diktato-<lb/> riſche Entrechtung</hi> der zumeiſt jetzt<lb/> wirtſchaftlich hart kämpfenden Gläubiger<lb/> zu verhindern.</p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Soweit gütliche Einigung zwiſchen Gläu-<lb/> biger und Schuldner nicht unmittelbar er-<lb/> folgen kann — für die Aufwertung der<lb/> Hypothekenzinſen rationierungspflichtiger<lb/> Mietzinshäuſer eröffnet die Steigerung des<lb/> Betriebskoſtenzuſchlags bei der geſetzlichen<lb/> Mietzinsbildung einen Weg — iſt die be-<lb/> hördliche anderweitige Fortſetzung <hi rendition="#g">ding-<lb/> lich geſicherter Schuldverſchrei-<lb/> bungen</hi> durch öffentliches Verfahren zu<lb/> ermöglichen, das der bayer. Miniſterialver-<lb/> ordnung vom 14. Dezember 1923 über die<lb/> anderweitige Feſtſetzung von Geldbezügen<lb/> aus Altenteilsverträgen ſinngemäß ange-<lb/> paßt und angegliedert wird.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Der, von den Hypothekenbanken Bay-<lb/> erns ſchon ſeit längerer Zeit in privater<lb/> Vereinbarung mit dem Schuldner erfolg-<lb/> reich geforderten Aufwertung der Hypo-<lb/> thekenſchulden vor ihrer Löſchung muß<lb/> die <hi rendition="#g">Aufwertung der einſchlägi-<lb/> gen verloſten oder gekündigten<lb/> Pfandbriefe</hi> entſprechen. Gegen den<lb/> geſetzwidrigen, gleichfalls Treu und Glau-<lb/> ben mißachtenden Austauſch von Pfand-<lb/> briefen älterer Jahrgänge aus dem Depot<lb/> der Bankkunden für valutariſch minder-<lb/> wertiger von 1923 ſeitens großer Hypothe-<lb/> kenbanken wird unverzügliches Einſchrei-<lb/> ten der zuſtändigen Staats- und Aufſichts-<lb/> behörden gefordert.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Auch die Rückzahlung von Obligationen<lb/> wirtſchaftlicher Unternehmungen in ent-<lb/> werteter Papiermark, die ebenfalls nur<lb/> eine geſetz- und ſittenwidrige ungerechtfer-<lb/> tigte Bereicherung des am Pfandgut ohne-<lb/> dies bereicherten Schuldners zum uner-<lb/> träglichen Nachteil des verarmten Gläubi-<lb/> gers bringt, iſt durch ein <hi rendition="#g">geſetzlich ge-<lb/> ſichertes Güteverfahren</hi>, das<lb/> einen annehmbaren Entwertungsausgleich<lb/> nach billigem Ermeſſen bringen ſoll, zu ver-<lb/> hindern und zu erſetzen.</hi> </p><lb/> <p>Die Entſchließung begrüßt ſchließlich die<lb/><hi rendition="#g">Abwehrhaltung der bayeriſchen<lb/> Staatsregierung</hi> gegenüber den<lb/> verhängnisvollen Enteignungsplänen des<lb/> Reichsminiſterium an Sparguthaben des<lb/><cb/> deutſchen Volkes, weiſt auf die Gefähr-<lb/> dung der Kreditabſichten für das Reich in<lb/> Auslandsſtaaten hin und verlangt, daß<lb/> auch die Reichsregierung endlich die<lb/> Grundſätze von Treu und Glauben im<lb/> Wirtſchaftsverkehr anerkennt und dikta-<lb/> toriſche Eingriffe in private Eigentums-<lb/> rechte unterläßt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Vom Münchener Lebensmittelmarkt.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">München,</hi> 9. Jan.</dateline><lb/> <p>Der ſehr flaue Marktbetrieb<lb/> ſtand nicht recht im Verhältnis zu dem reichlichen<lb/> Angebot von Geflügel, Wild und allen Fleiſch-<lb/> arten. Auffallend ſind die großen Butterbeſtände,<lb/> die teilweiſe das Angebot der früheren Jahre in<lb/> den Wintermonaten überragen. Die Milchnot,<lb/> über die unſere Milchfrauen vielfach klagen,<lb/> ſcheint am Land und bei den Molkereien draußen<lb/> doch nicht in der angenommenen Weiſe zu herr-<lb/> ſchen. Wenig Abſatz findet das ſchöne Obſt. Der<lb/> Gemüſemarkt war heute in der Hauptſache auf<lb/> die feſten Gärtnerſtände beſchränkt, der offene,<lb/> ſogenannte kleine Krautmarkt, der Standplatz der<lb/> Erzeugung von gärtneriſchen Produkten, war mit<lb/> Ausnahme von einigen Lieferanten vollſtändig<lb/> unbelebt.</p><lb/> <list> <item><hi rendition="#g">Fleiſchpreiſe:</hi> Maſtochſenfleiſch, das<lb/> Pfund 60—80 Pf., Kalbfleiſch 60—70 Pf., Schaf-<lb/> und Hammelfleiſch 60—70 Pf., Schweinefleiſch<lb/> 90—100 Pf.<lb/><hi rendition="#g">Geflügel:</hi> Fettgänſe 0,9—1,2 M., Suppen-<lb/> hühner 60—80 Pf., Tauben das Stück 50—70 Pf.<lb/><hi rendition="#g">Wild:</hi> Rehſchlegel und -Rücken 1,3, Bug 1.—,<lb/> Ragout 0,8, Haſenbraten 1,3, Ragout 0,7 M.<lb/><hi rendition="#g">Fiſche:</hi> Karpfen 1,3, Hechte 1,5, Cabliau 0,55,<lb/> Seelachs 0,45, Schellfiſch 0,75, Merlan 0,35, Salz-<lb/> heringe 10 Stück 0,85 M. (in der Nordſeefiſch-<lb/> halle).<lb/><hi rendition="#g">Fette:</hi> Landbutter 1,8, Schweinefett 0,85,<lb/> Rinderfett 0,85, Palmin 0,75, Schmelzmargarine<lb/> 0,76, Tafelmargarine 0,70, Cocosfett 0,60 M.<lb/><hi rendition="#g">Gemüſe:</hi> Wirſing 18, Blaukraut 18, Weiß-<lb/> kraut 6, gelbe Rüben 18, rote Rüben 18, Sellerie<lb/> 20 Pf.<lb/><hi rendition="#g">Obſt:</hi> Aepfel 40—80 Pf., gedörrte Pflaumen<lb/> oder Zwetſchgen 40 Pf., Orangen 3 Stück 20 Pf.,<lb/> Zitronen 5 Pf., Nüſſe 1,2 M.</item> </list><lb/> <p><hi rendition="#g">Auf dem Münchner Schlachtvieh-<lb/> markt</hi> war die Zufuhr im Vergleich zur vorigen<lb/> Woche beim Großvieh höher, bei den Kälbern und<lb/> Schafen wenig verändert und nur bei den<lb/> Schweinen zurückgeblieben. Infolgedeſſen wurden<lb/> zu Marktbeginn ungefähr die <hi rendition="#g">Preiſe</hi> des letz-<lb/> ten Marktes der Vorwoche genannt, nämlich pro<lb/> Pfund in Goldpfennigen für lebende Rinder bis<lb/> 38, für lebende Kälber bis 50, für geſchlachtete<lb/> Kälber und geſchlachtete Schafe bis 60. Bei den<lb/> Schweinen ſoll verſucht werden, die Preiſe für<lb/> lebende Tiere auf 75 bis 80, für geſchlachtete auf<lb/> 85 bis 90 zu erhöhen. Am Ende des Marktes<lb/> blieb es aber beim Kleinvieh bei den alten Prei-<lb/> ſen, während Großvieh noch etwas billiger umging<lb/> Ochſen 1. Qualität 25 bis 34 und Kühe 20 bis<lb/> 30. Es blieb ein Rückſtand von zirka 80 Stück<lb/> Großvieh.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Aufnahmeprüfung für die Handarbeitslehrer-<lb/> innenſeminare.</hi> </head><lb/> <p>Die Aufnahmeprüfung für die<lb/> Handarbeitslehrerinnenſeminare wird im März<lb/> d. J. abgehalten. Zugelaſſen werden Bewerberin-<lb/> nen aus dem Regierungsbezirk Oberbayern, die<lb/> bis zum 1. Mai d. J. das 16. Lebensjahr voll-<lb/> endet und das 25. nicht überſchritten haben. Zu-<lb/> laſſungsgeſuche ſind bis längſtens 1. Februar<lb/> d. J. bei der Regierung von Oberbayern, Kam-<lb/> mer des Innern, einzureichen. Die Bewerberin-<lb/> nen haben ſich, inſofern nicht das Geſuch ab-<lb/> ſchlägig verbeſchieden wird, am 6. März d. J.<lb/> vormittags 7¾ Uhr im Schulgebäude, Ober-<lb/> anger 17, einzufinden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Hauswirtſchaftliche Kurſe:</hi> </head><lb/> <p>In der Zeit von<lb/> Anfangs März bis Mitte Juli findet in der<lb/><hi rendition="#g">ſtädtiſchen hauswirtſchaftlichen<lb/> Frauenſchule</hi> ein <hi rendition="#g">hauswirtſchaft-<lb/><cb/> licher Kurs</hi> ſtatt. Er umfaßt Kochen, Wä-<lb/> ſchebehandlung, Hausarbeit, Ausbeſſern und ein-<lb/> faches Schneidern, häusliche Krankenpflege und<lb/> hauswirtſchaftliche Buchführung. Aufnahme in<lb/> beſchränkter Zahl für Internat und für Stadt-<lb/> ſchülerinnen. Anmeldungen und Auskunft: Ge-<lb/> ſchäftsſtelle Antonienſtraße Nr. 6, werktags von<lb/> 10—12 Uhr und 3—5 Uhr.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Proteſtverſammlung der Kriegsbeſchädigten.</hi> </head><lb/> <p>Der Reichsverband deutſcher Kriegsbeſchädigter<lb/> und Kriegshinterbliebener, Ortsgruppe München,<lb/> ruft für Freitag, den 11. Januar, abends acht<lb/> Uhr, in dem großen Saale der Löwenbrauerei,<lb/> Stiglmairplatz, eine große, öffentliche Proteſt-<lb/> verſammlung gegen den Perſonalabbau der<lb/> ſtaatlichen, ſtädtiſchen und Privatbetriebe und<lb/> gegen die Verſorgung der Kriegsopfer ab 1. Ja-<lb/> nuar ein. Als Referent erſcheint das Mitglied<lb/> des mittelfränkiſchen Schwerbeſchädigten-Aus-<lb/> ſchuſſes, Otto <hi rendition="#g">Roth</hi>, von Nürnberg.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Münchner Journaliſten- und Schrifſteller-<lb/> Verein.</hi> </head><lb/> <p>Am Donnerstag, den 10. Januar, Vor-<lb/> trag des Herrn P. Dr. Expeditus <hi rendition="#g">Schmidt:<lb/> „Die Sünden der Bühne an Goethes<lb/> Fauſt</hi>“. Beginn 8 Uhr. Einführung von Gä-<lb/> ſten durch Mitglieder geſtattet.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Hütet die Kinder!</hi> </head><lb/> <p>Das Auftreten eines <hi rendition="#g">Zopf-<lb/> abſchneiders</hi>, der in einem Lichtſpielhaus<lb/> einem jungen Mädchen den loſen Zopf teilweiſe<lb/> abſchnitt, mehr noch das Auftreten eines leider<lb/> noch nicht feſtgenommenen „<hi rendition="#g">Kinderfreun-<lb/> des</hi>“ von etwa 50 Jahren, der ein achtjähriges<lb/> Mädchen in unſauberer Abſicht an ſich lockte und<lb/> durch verſchiedene Lokale ſchleppte, gibt neuerdings<lb/> Anlaß zu obiger Mahnung.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Kleine Zeitung.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Geſtorben:</hi> </head><lb/> <p>Stadtrat Julius <hi rendition="#g">Probſt</hi> in Kauf-<lb/> beuren; Frau Anna <hi rendition="#g">Kitzinger</hi>, geb. Moos-<lb/> bauer; penſ. Straßenbahnſchaffner Matthias<lb/><hi rendition="#g">Mandl</hi>.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Geburtstage:</hi> </head><lb/> <p>Der Münchner Domkapitular<lb/> Prälat Sebaſtian <hi rendition="#g">Drogenbeck</hi>, Geiſtlicher Rat<lb/> und erzbiſchöflicher Pönitentiar, vorher von 1889<lb/> bis 1907 Dekan und Stadtpfarrer bei St. Niko-<lb/> mus in Bad Reichenhall, begeht am 13. Januar<lb/> den 75. Geburtstag.</p><lb/> <p>Standesherr <hi rendition="#g">Fürſt Bertram von<lb/> Quadt zu Wyrradt und Isny</hi>, Oberſt<lb/> a. D., begeht auf Schloß Isny am 11. Januar<lb/> den 75. Geburtstag. Seit vier Jahrzehnten übte<lb/> er eine höchſt wertvolle caritative Tätigkeit aus.</p><lb/> <p>Frau Anna <hi rendition="#g">Nachreiner</hi>, Tapezierer-<lb/> meiſterswitwe, eine beliebte Auer Bürgersfrau,<lb/> feierte ihren 75. Geburtstag.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Ernennung:</hi> </head><lb/> <p>Poſtaſſiſtent Max <hi rendition="#g">Meier</hi> 2 m<lb/> München wurde zum ſtellvertretenden Mitglied<lb/> des Reichsdiſziplinarhofes in Leipzig ernannt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"><lb/> <p><hi rendition="#b">Sein vierzigjähriges Dienſtjubiläum feiert am<lb/> 8. Januar Herr Anton <hi rendition="#g">Morawec</hi>,</hi> Garderobier<lb/> am Nationaltheater.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">Akademiſche Ehrung.</hi> </head><lb/> <p>Die philoſophiſche Fa-<lb/> kultät der Univerſität Erlangen verlieh Herrn<lb/> Paul <hi rendition="#g">Schumann</hi>, dem älteren Teilhaber der<lb/> Verlagsbuchhandlung J. <hi rendition="#g">Engelhorns Nach-<lb/> foler</hi> in Stuttgart, die als beſonderen Zweig<lb/> Geographie pflegt, in Würdigung ſeiner hervor-<lb/> ragenden Verdienſte um die Wiſſenſchaft und aus<lb/> Anlaß des 40jährigen Jubiläums der „Forſchun-<lb/> gen zur deutſchen Landes- und Volkskunde“ die<lb/> Würde eines Doktors der Philoſophie <hi rendition="#g">ehren-<lb/> halber</hi>.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <head> <hi rendition="#b">München.</hi> </head><lb/> <argument> <p>(<hi rendition="#g">Stand der Maul- und<lb/> Klauenſeuche in Bayern</hi>.)</p> </argument><lb/> <p>In der Zeit<lb/> vom 1. bis 15. Dezember 1923 waren in 187 Ge-<lb/> meinden 760 Gehöfte verſeucht, was eine Ab-<lb/> nahme um 261 Gehöfte bedeutet. An der Seuche<lb/> fielen 59 Stück Kleinvieh, 30 Stück mußten not-<lb/> geſchlachtet werden.</p> </div> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head><hi rendition="#b">Der Meiſter des jüngſten Tages.</hi><lb/> 9</head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b">Roman</hi> </p> </argument><lb/> <byline> <hi rendition="#b">von <hi rendition="#g">Leo Perutz</hi></hi> </byline><lb/> <p>„Laſſen Sie den Unſinn, Doktor!“ ſprach der<lb/> Ingenieur auf ihn ein. „Eine Viertelſtunde<lb/> vorher ſchon ſperrt er die Türe ab. Er hat Zeit<lb/> genug, ſollte man denken, ſeine Vorbereitungen<lb/> zu treffen. Und dann ſpringt er aus dem<lb/> Fenſter. Aber das tut ein Oſſizier doch nicht,<lb/> der einen Revolver in ſeinem Schreibtiſchfach<lb/> hat und eine ganze Schachtel Munition dazu.“</p><lb/> <p>Doktor Gorski ließ ſich durch alle dieſe Erwä-<lb/> gungen und Schlußfolgerungen in ſeinem Vor-<lb/> trag Shakeſpeariſcher Verſe nicht ſtören. Der<lb/> ſchöne Wahn hielt ihn gepackt. Er bot einen An-<lb/> blick zum Lachen, wie er, klein und ein wenig<lb/> verwachſen, ein ſchwärmeriſcher Gnom, in der<lb/> Mitte des Zimmers ſtand und ſang und dazu die<lb/> Saiten einer imaginären Laute ſchlug:</p><lb/> <p>„Der ſüß und bittre Narr<lb/> zeigt ſich dir nun ſofort —“</p><lb/> <p>Der Ingenieur erkannte endlich das Ausſichts-<lb/> loſe des Verſuches, ihn für ein Eingehen auf<lb/> ſeine Ueberlegungen zu gewinnen, und wendete<lb/> ſich an mich:</p><lb/> <p>„Das iſt eigentlich ein Widerſpruch, finden Sie<lb/> nicht auch? Laſſen Sie mich doch, bitte, nicht<lb/> vergeſſen, Eugen Biſchoff danach zu fragen,<lb/> bevor wir weggehen.“</p><lb/> <p>„Wohin iſt denn eigentlich meine Schweſter<lb/> verſchwunden?“ fragte Felix plötzlich.</p><lb/> <p>„Sie hat ganz recht daran getan, zu gehen,<lb/> es iſt viel zu viel Rauch im Zimmer,“ meinte<lb/> der Ingenieur und warf ſeinen Zigarettenreſt<lb/><cb/> in die Aſchenſchale. „Magna pars fui, ich be-<lb/> kenne es. — Wir hätten die Fenſter öffnen<lb/> ſollen, das haben wir vergeſſen.“</p><lb/> <p>Niemand beachtete es, als ich hinausging,<lb/> leiſe zog ich die Türe hinter mir zu. Ich dachte,<lb/> Dina im Garten zu finden, ich ging die Kies-<lb/> wege zu beiden Seiten des Raſens ab, bis an<lb/> den hölzernen Zaun des Nachbargartens. Aber<lb/> ich traf ſie an keinem ihrer gewohnten Plätze.<lb/> Auf dem Gartentiſch unterhalb der Böſchung lag<lb/> aufgeſchlagen ein Buch, ſeine Blätter fühlten ſich<lb/> feucht an vom Regen der letzten Tage her oder<lb/> vom nächtlichen Tau. Einmal glaubte ich in<lb/> einer Mauerniſche eine Geſtalt zu ſehen — „das<lb/> iſt Dina“ — dachte ich, aber als ich näherkam,<lb/> waren es Gartengeräte, zwei leere Gießkannen,<lb/> ein Korb, ein aufrechtſtehender Rechen und eine<lb/> zerriſſene Hängematte, die der Wind bewegte.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Ich weiß nicht, wie lange ich im Garten ge-<lb/> blieben bin. Vielleicht lange Zeit. Vielleicht<lb/> ſtand ich an den Stamm eines Baums gelehnt<lb/> und träumte.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Plötzlich hörte ich Lärm und lautes Lachen<lb/> aus dem Zimmer. Eine Hand fuhr übermütig<lb/> über die Taſten des Klaviers von der tiefſten<lb/> Oktave bis zu den höchſten ſchrillen Tönen<lb/> hinauf. Felix’ Figur erſchien wie ein großer,<lb/> dunkler Schatten in der Fenſteröffnung.</p><lb/> <p>„Hallo! Eugen!“ rief er in den Garten.<lb/> „Nein — Sie ſind es, Baron?“</p><lb/> <p>Seine Stimme bekam plötzlich einen beſorgten<lb/> und unruhigen Klang.</p><lb/> <p>Wo waren Sie? Wo kommen Sie denn her?“</p><lb/> <p>Hinter ihm wurde Doktor Gorski ſichtbar,<lb/><cb/> auch er erkannte mich und begann zu dekla-<lb/> mieren:</p><lb/> <p>„Treff’ ich dich hier im Mondenſchein —“</p><lb/> <p>Er brach ab, einer von den beiden anderen<lb/> hatte ihn mit Gewalt vom Fenſter weggezogen<lb/> und ich hörte ihn nur noch rufen:</p><lb/> <p>„Vermeſſener! Ha!“</p><lb/> <p>Dann war Stille. Ueber ihren Köpfen im<lb/> erſten Stockwerk der Villa wurde es plötzlich<lb/> hell. Dina erſchien auf der Veranda und deckte,<lb/> von dem milchigen Licht der Stehlampe um-<lb/> floſſen, den Tiſch zum Abendeſſen.</p><lb/> <p>Ich ging zurück ins Haus und die hölzerne<lb/> Treppe hinauf, die zur Veranda führte. Dina<lb/> hörte meinen Schritt, wandte den Kopf nach mir<lb/> und beſchattete ihre Augen mit der Hand.</p><lb/> <p>„Du biſt es, Gottfried?“ ſagte ſie.</p><lb/> <p>Ich ſetzte mich ſchweigend ihr gegenüber und<lb/> ſah zu, wie ſie Teller und Gläſer auf die weiße<lb/> Leinwand des Tiſches ſtellte. Ich hörte ſie tief<lb/> und gleichmäßig atmen, ſie atmete wie ein<lb/> traumlos ſchlafendes Kind. Der Wind bog und<lb/> ſchüttelte die Aeſte der Kaſtanienbäume und<lb/> ſegte kleine Kavalkaden herbſtlich verwelkter<lb/> Blätter vor ſich her über den Kiesweg. Unten<lb/> im Garten war der alte Gärtner noch immer<lb/> bei ſeiner Arbeit. Er hatte ſeine Laterne an-<lb/> gezündet, ſie ſtand neben ihm auf dem Raſen<lb/> und ihr trüber Glanz vermiſchte ſich mit dem<lb/> hellen Lichtſchein, der breit und ruhig aus den<lb/> Fenſtern des Pavillons floß.</p><lb/> <p>Plötzlich fuhr ich zuſammen.</p><lb/> <p>Jemand hatte meinen Namen gerufen, —<lb/> „Yoſch!“ —, nur meinen Namen, nichts weiter,<lb/> aber in dem Klang dieſer Stimme war etwas,<lb/><cb/> was mich erſchreckte: Zorn, Vorwurf, Abſcheu<lb/> und Ueberraſchung —</p><lb/> <p>Dina hielt in ihrer Arbeit inne und horchte<lb/> hinaus. Dann blickte ſie mich fragend und ver-<lb/> wundert an:</p><lb/> <p>„Das iſt Eugen,“ ſagte ſie. „Was mag er nur<lb/> wollen?“</p><lb/> <p>Und jetzt — Eugen Biſchoffs Stimme zum<lb/> zweitenmal. — „Dina! Dina!“ ſchreit er, doch<lb/> nun klingt ſeine Stimme völlig verändert, nicht<lb/> Zorn oder Ueberraſchung, ſondern Qual,<lb/> Jammer und grenzenloſe Verzweiflung iſt dies-<lb/> mal aus ihr zu hören.</p><lb/> <p>„Hier bin ich, Eugen! Hier!“ ruft Dina und<lb/> beugt ſich weit hinaus in den Garten.</p><lb/> <p>Zwei — drei Sekunden lang keine Antwort.<lb/> Dann fällt ein Schuß und gleich darauf ein<lb/> zweiter.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Ich ſah Dina zurückfahren, ſie ſtand da, un-<lb/> fähig zu ſprechen, unfähig ſich zu rühren.<lb/> konnte nicht bei ihr bleiben, ich mußte hin<lb/> und ſehen, was geſchehen war. Ich glaube mich<lb/> zu erinnern, daß ich im erſten Augenblick <gap reason="lost" unit="words"/><lb/> ſtimmte Vorſtellung von zwei Einſch<gap reason="lost" unit="chars"/><lb/> hatte, die über den Gartenzaun geklettert war<lb/> um Obſt zu ſtehlen. Ich weiß nicht, wie <gap reason="lost" unit="words"/><lb/> gekommen iſt, aber ſtatt hinunter in den Garten,<lb/> geriet ich in ein mir ganz unbekanntes, dunkles<lb/> Zimmer im Hochparterre. Ich fand den Aus-<lb/> gang nicht, ich fand das Fenſter nicht, ich fand<lb/> kein Licht. Ueberall Wand, ich ſtieß mit der<lb/> Stirne ſchmerzhaft an etwas Hartes, Kantiges.<lb/> Eine Minute lang fuhr ich im Dunkeln umher,<lb/> tappte an den Wänden, immer wütender, immer<lb/> ratloſer<lb/> (Fortſstzung folgt.)</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [4/0004]
Allgemeine Zeitung. Nr. 9 Donnerstag, den 10. Januar 1924.
Münchener Stadtzeitung.
Drei Aufgaben Münchens.
Vor dem Kriege waren führende politiſche und
wirtſchaftliche Kreiſe der Landeshauptſtadt drauf
und dran, aus ihr eine Induſtrieſtadt zu machen.
Grund und Boden wurde zur Verfügung geſtellt,
die Niederlaſſung von Induſtrien — ſiehe Krupp
— nach Kräften gefördert. Die Warner von da-
mals, die aus den verſchiedenſten Gründen gegen
den „Induſtriefimmel“ ſich wandten, behielten
Recht. Die „Induſtrialiſierung“ mit ihrer Zu-
wanderung radikaler Elemente hat tiefgehende
politiſche Beunruhigung geſchaffen und den Boden
für die Auswüchſe der Räterepublik bereitet.
Wirtſchaftlich war der Verſuch eine Enttäuſchung,
da München eben doch ſehr weit abſeits von den
Produktionsſtätten liegt und die Vorausbelaſtung
für Rohſtoffe und Frachten ungeheuer groß iſt.
Kulturell wurde München gleichfalls nachteilig
beeinflußt. Eine zu weit getriebene Induſtriali-
ſierung hätte auf die Dauer ſicher dem Antlitz
der Stadt geſchadet und manchen ſeiner eigen-
artigen Züge zerſtört.
Damit ſoll nichts gegen die bodenſtändigen In-
duſtrieunternehmungen und den Ausbau unſerer
Spezialinduſtrien geſagt ſein. Im Gegenteil!
München beſitzt Induſtrien in einem Ausmaß,
das in Erſtaunen ſetzt, wenn man die einzelnen
Betriebe durchwandert, und von einer Güte, die
keinen Vergleich zu ſcheuen hat. Man muß dieſe
Induſtrien auf jede Weiſe fördern, ohne daß man
der reinen Fabrikſtadt, für die nun einmal Mün-
chen nicht geeignet iſt, das Wort zu reden braucht.
Lage und Charakter der Iſarſtadt weiſen Mün-
chen aber in beſonderem Maße auf drei andere
große Aufgeben hin. Die Landeshauptſtadt
Bayerns muß die Stadt des großen in-
ternationalen Fremdenverkehrs
bleiben, ſie muß ſich ihren Rang als Stadt der
reinen und angewandten Kunſt, na-
mentlich des Kunſtgewerbes, wahren und ſie muß
und kann große Handelsſtadt werden.
Fremdenverkehr und Kunſt ſtanden ſchon immer
in Zuſammenhang, aber das Dritte muß dazu
kommen. Es wird noch immer viel zu wenig be-
achtet, leider auch von den führenden Kreiſen, daß
Bayern und München durch die Veränderungen
der europäiſchen Karte ganz nahe an den Süden
und Südoſten herangerückt ſind. Die italieniſche
Grenze verläuft nur mehr wenige hundert Kilo-
meter von München, das gleichzeitig auch Aus-
fallstor nach dem neuen jugoſlaviſchen Reich ge-
worden iſt.
Art der Ueberleitung der europäiſchen Wirt-
ſchaft in halbwegs geordnete Verhältniſſe, vor
allem auch mit der Fertigſtellung der Großſchiff-
fahrtsſtraße und dem Ausbau der Waſſerkräfte
und der Bahnelektriſierung eröffnen Bayern und
München auf dem Gebiete des Handels große un-
geahnte Zukunftsmöglichkeiten. Man hört da-
von, daß z. B. der gebrochene Tarif für itali-
eniſche Sendungen, der Kufſtein-München als
Sonderſtrecke behandelt, erſetzt werden ſoll durch
einen einheitlichen mit München als Hauptzwi-
ſchenſtation, ſo daß die bayeriſche Landeshaupt-
ſtadt noch in viel höberem Maße als bisher Sta-
pel- und Umſchlageplatz für den italieniſchen Han-
delsverkehr, namentlich mit Obſt, nach dem Nor-
den werden kann.
Es wäre beſſer, den unfruchtbaren politiſchen
Hader zu begraben und alle Kräfte auf das
große gemeinſame Ziel der höheren Wirtſchaft
und Kultur hinzulenken.
Um die Aufwertung der Hypotheken
und Hypothekenzinſen.
Der Schutzverband der Hypo-
theken-Pfandbrief- und Obli-
gationen-Gläubiger in Bayern
hat am Mittwoch in öffentlicher Verſamm-
lung zur Frage der Hypothekenaufwertung
Stellung genommen. Es kam zur Annahme
einer
Entſchließung,
in der von den geſetzgebenden Körperſchaf-
ten in Reich und Land verlangt wird, die
durch die Reichsgerichtsentſcheidung vom
28. November 1923 auch oberſtgerichtlich be-
gründete, dem ſo ſtärkungsbedürftigen
Rechtsbewußtſein entſprechende Aufwer-
tung der Hypotheken und Hypothekenzin-
ſen, zur möglichſten Annäherung an den ur-
ſprünglichen Goldmarkwert der Schuld, im
ausgleichenden Güteverfahren nicht durch
unſoziale, willkürliche, dabei
wirtſchaftsfeindliche diktato-
riſche Entrechtung der zumeiſt jetzt
wirtſchaftlich hart kämpfenden Gläubiger
zu verhindern.
Soweit gütliche Einigung zwiſchen Gläu-
biger und Schuldner nicht unmittelbar er-
folgen kann — für die Aufwertung der
Hypothekenzinſen rationierungspflichtiger
Mietzinshäuſer eröffnet die Steigerung des
Betriebskoſtenzuſchlags bei der geſetzlichen
Mietzinsbildung einen Weg — iſt die be-
hördliche anderweitige Fortſetzung ding-
lich geſicherter Schuldverſchrei-
bungen durch öffentliches Verfahren zu
ermöglichen, das der bayer. Miniſterialver-
ordnung vom 14. Dezember 1923 über die
anderweitige Feſtſetzung von Geldbezügen
aus Altenteilsverträgen ſinngemäß ange-
paßt und angegliedert wird.
Der, von den Hypothekenbanken Bay-
erns ſchon ſeit längerer Zeit in privater
Vereinbarung mit dem Schuldner erfolg-
reich geforderten Aufwertung der Hypo-
thekenſchulden vor ihrer Löſchung muß
die Aufwertung der einſchlägi-
gen verloſten oder gekündigten
Pfandbriefe entſprechen. Gegen den
geſetzwidrigen, gleichfalls Treu und Glau-
ben mißachtenden Austauſch von Pfand-
briefen älterer Jahrgänge aus dem Depot
der Bankkunden für valutariſch minder-
wertiger von 1923 ſeitens großer Hypothe-
kenbanken wird unverzügliches Einſchrei-
ten der zuſtändigen Staats- und Aufſichts-
behörden gefordert.
Auch die Rückzahlung von Obligationen
wirtſchaftlicher Unternehmungen in ent-
werteter Papiermark, die ebenfalls nur
eine geſetz- und ſittenwidrige ungerechtfer-
tigte Bereicherung des am Pfandgut ohne-
dies bereicherten Schuldners zum uner-
träglichen Nachteil des verarmten Gläubi-
gers bringt, iſt durch ein geſetzlich ge-
ſichertes Güteverfahren, das
einen annehmbaren Entwertungsausgleich
nach billigem Ermeſſen bringen ſoll, zu ver-
hindern und zu erſetzen.
Die Entſchließung begrüßt ſchließlich die
Abwehrhaltung der bayeriſchen
Staatsregierung gegenüber den
verhängnisvollen Enteignungsplänen des
Reichsminiſterium an Sparguthaben des
deutſchen Volkes, weiſt auf die Gefähr-
dung der Kreditabſichten für das Reich in
Auslandsſtaaten hin und verlangt, daß
auch die Reichsregierung endlich die
Grundſätze von Treu und Glauben im
Wirtſchaftsverkehr anerkennt und dikta-
toriſche Eingriffe in private Eigentums-
rechte unterläßt.
Vom Münchener Lebensmittelmarkt.
München, 9. Jan.
Der ſehr flaue Marktbetrieb
ſtand nicht recht im Verhältnis zu dem reichlichen
Angebot von Geflügel, Wild und allen Fleiſch-
arten. Auffallend ſind die großen Butterbeſtände,
die teilweiſe das Angebot der früheren Jahre in
den Wintermonaten überragen. Die Milchnot,
über die unſere Milchfrauen vielfach klagen,
ſcheint am Land und bei den Molkereien draußen
doch nicht in der angenommenen Weiſe zu herr-
ſchen. Wenig Abſatz findet das ſchöne Obſt. Der
Gemüſemarkt war heute in der Hauptſache auf
die feſten Gärtnerſtände beſchränkt, der offene,
ſogenannte kleine Krautmarkt, der Standplatz der
Erzeugung von gärtneriſchen Produkten, war mit
Ausnahme von einigen Lieferanten vollſtändig
unbelebt.
Fleiſchpreiſe: Maſtochſenfleiſch, das
Pfund 60—80 Pf., Kalbfleiſch 60—70 Pf., Schaf-
und Hammelfleiſch 60—70 Pf., Schweinefleiſch
90—100 Pf.
Geflügel: Fettgänſe 0,9—1,2 M., Suppen-
hühner 60—80 Pf., Tauben das Stück 50—70 Pf.
Wild: Rehſchlegel und -Rücken 1,3, Bug 1.—,
Ragout 0,8, Haſenbraten 1,3, Ragout 0,7 M.
Fiſche: Karpfen 1,3, Hechte 1,5, Cabliau 0,55,
Seelachs 0,45, Schellfiſch 0,75, Merlan 0,35, Salz-
heringe 10 Stück 0,85 M. (in der Nordſeefiſch-
halle).
Fette: Landbutter 1,8, Schweinefett 0,85,
Rinderfett 0,85, Palmin 0,75, Schmelzmargarine
0,76, Tafelmargarine 0,70, Cocosfett 0,60 M.
Gemüſe: Wirſing 18, Blaukraut 18, Weiß-
kraut 6, gelbe Rüben 18, rote Rüben 18, Sellerie
20 Pf.
Obſt: Aepfel 40—80 Pf., gedörrte Pflaumen
oder Zwetſchgen 40 Pf., Orangen 3 Stück 20 Pf.,
Zitronen 5 Pf., Nüſſe 1,2 M.
Auf dem Münchner Schlachtvieh-
markt war die Zufuhr im Vergleich zur vorigen
Woche beim Großvieh höher, bei den Kälbern und
Schafen wenig verändert und nur bei den
Schweinen zurückgeblieben. Infolgedeſſen wurden
zu Marktbeginn ungefähr die Preiſe des letz-
ten Marktes der Vorwoche genannt, nämlich pro
Pfund in Goldpfennigen für lebende Rinder bis
38, für lebende Kälber bis 50, für geſchlachtete
Kälber und geſchlachtete Schafe bis 60. Bei den
Schweinen ſoll verſucht werden, die Preiſe für
lebende Tiere auf 75 bis 80, für geſchlachtete auf
85 bis 90 zu erhöhen. Am Ende des Marktes
blieb es aber beim Kleinvieh bei den alten Prei-
ſen, während Großvieh noch etwas billiger umging
Ochſen 1. Qualität 25 bis 34 und Kühe 20 bis
30. Es blieb ein Rückſtand von zirka 80 Stück
Großvieh.
Aufnahmeprüfung für die Handarbeitslehrer-
innenſeminare.
Die Aufnahmeprüfung für die
Handarbeitslehrerinnenſeminare wird im März
d. J. abgehalten. Zugelaſſen werden Bewerberin-
nen aus dem Regierungsbezirk Oberbayern, die
bis zum 1. Mai d. J. das 16. Lebensjahr voll-
endet und das 25. nicht überſchritten haben. Zu-
laſſungsgeſuche ſind bis längſtens 1. Februar
d. J. bei der Regierung von Oberbayern, Kam-
mer des Innern, einzureichen. Die Bewerberin-
nen haben ſich, inſofern nicht das Geſuch ab-
ſchlägig verbeſchieden wird, am 6. März d. J.
vormittags 7¾ Uhr im Schulgebäude, Ober-
anger 17, einzufinden.
Hauswirtſchaftliche Kurſe:
In der Zeit von
Anfangs März bis Mitte Juli findet in der
ſtädtiſchen hauswirtſchaftlichen
Frauenſchule ein hauswirtſchaft-
licher Kurs ſtatt. Er umfaßt Kochen, Wä-
ſchebehandlung, Hausarbeit, Ausbeſſern und ein-
faches Schneidern, häusliche Krankenpflege und
hauswirtſchaftliche Buchführung. Aufnahme in
beſchränkter Zahl für Internat und für Stadt-
ſchülerinnen. Anmeldungen und Auskunft: Ge-
ſchäftsſtelle Antonienſtraße Nr. 6, werktags von
10—12 Uhr und 3—5 Uhr.
Proteſtverſammlung der Kriegsbeſchädigten.
Der Reichsverband deutſcher Kriegsbeſchädigter
und Kriegshinterbliebener, Ortsgruppe München,
ruft für Freitag, den 11. Januar, abends acht
Uhr, in dem großen Saale der Löwenbrauerei,
Stiglmairplatz, eine große, öffentliche Proteſt-
verſammlung gegen den Perſonalabbau der
ſtaatlichen, ſtädtiſchen und Privatbetriebe und
gegen die Verſorgung der Kriegsopfer ab 1. Ja-
nuar ein. Als Referent erſcheint das Mitglied
des mittelfränkiſchen Schwerbeſchädigten-Aus-
ſchuſſes, Otto Roth, von Nürnberg.
Münchner Journaliſten- und Schrifſteller-
Verein.
Am Donnerstag, den 10. Januar, Vor-
trag des Herrn P. Dr. Expeditus Schmidt:
„Die Sünden der Bühne an Goethes
Fauſt“. Beginn 8 Uhr. Einführung von Gä-
ſten durch Mitglieder geſtattet.
Hütet die Kinder!
Das Auftreten eines Zopf-
abſchneiders, der in einem Lichtſpielhaus
einem jungen Mädchen den loſen Zopf teilweiſe
abſchnitt, mehr noch das Auftreten eines leider
noch nicht feſtgenommenen „Kinderfreun-
des“ von etwa 50 Jahren, der ein achtjähriges
Mädchen in unſauberer Abſicht an ſich lockte und
durch verſchiedene Lokale ſchleppte, gibt neuerdings
Anlaß zu obiger Mahnung.
Kleine Zeitung.
Geſtorben:
Stadtrat Julius Probſt in Kauf-
beuren; Frau Anna Kitzinger, geb. Moos-
bauer; penſ. Straßenbahnſchaffner Matthias
Mandl.
Geburtstage:
Der Münchner Domkapitular
Prälat Sebaſtian Drogenbeck, Geiſtlicher Rat
und erzbiſchöflicher Pönitentiar, vorher von 1889
bis 1907 Dekan und Stadtpfarrer bei St. Niko-
mus in Bad Reichenhall, begeht am 13. Januar
den 75. Geburtstag.
Standesherr Fürſt Bertram von
Quadt zu Wyrradt und Isny, Oberſt
a. D., begeht auf Schloß Isny am 11. Januar
den 75. Geburtstag. Seit vier Jahrzehnten übte
er eine höchſt wertvolle caritative Tätigkeit aus.
Frau Anna Nachreiner, Tapezierer-
meiſterswitwe, eine beliebte Auer Bürgersfrau,
feierte ihren 75. Geburtstag.
Ernennung:
Poſtaſſiſtent Max Meier 2 m
München wurde zum ſtellvertretenden Mitglied
des Reichsdiſziplinarhofes in Leipzig ernannt.
Sein vierzigjähriges Dienſtjubiläum feiert am
8. Januar Herr Anton Morawec, Garderobier
am Nationaltheater.
Akademiſche Ehrung.
Die philoſophiſche Fa-
kultät der Univerſität Erlangen verlieh Herrn
Paul Schumann, dem älteren Teilhaber der
Verlagsbuchhandlung J. Engelhorns Nach-
foler in Stuttgart, die als beſonderen Zweig
Geographie pflegt, in Würdigung ſeiner hervor-
ragenden Verdienſte um die Wiſſenſchaft und aus
Anlaß des 40jährigen Jubiläums der „Forſchun-
gen zur deutſchen Landes- und Volkskunde“ die
Würde eines Doktors der Philoſophie ehren-
halber.
München.
(Stand der Maul- und
Klauenſeuche in Bayern.)
In der Zeit
vom 1. bis 15. Dezember 1923 waren in 187 Ge-
meinden 760 Gehöfte verſeucht, was eine Ab-
nahme um 261 Gehöfte bedeutet. An der Seuche
fielen 59 Stück Kleinvieh, 30 Stück mußten not-
geſchlachtet werden.
Der Meiſter des jüngſten Tages.
9
Roman
von Leo Perutz
„Laſſen Sie den Unſinn, Doktor!“ ſprach der
Ingenieur auf ihn ein. „Eine Viertelſtunde
vorher ſchon ſperrt er die Türe ab. Er hat Zeit
genug, ſollte man denken, ſeine Vorbereitungen
zu treffen. Und dann ſpringt er aus dem
Fenſter. Aber das tut ein Oſſizier doch nicht,
der einen Revolver in ſeinem Schreibtiſchfach
hat und eine ganze Schachtel Munition dazu.“
Doktor Gorski ließ ſich durch alle dieſe Erwä-
gungen und Schlußfolgerungen in ſeinem Vor-
trag Shakeſpeariſcher Verſe nicht ſtören. Der
ſchöne Wahn hielt ihn gepackt. Er bot einen An-
blick zum Lachen, wie er, klein und ein wenig
verwachſen, ein ſchwärmeriſcher Gnom, in der
Mitte des Zimmers ſtand und ſang und dazu die
Saiten einer imaginären Laute ſchlug:
„Der ſüß und bittre Narr
zeigt ſich dir nun ſofort —“
Der Ingenieur erkannte endlich das Ausſichts-
loſe des Verſuches, ihn für ein Eingehen auf
ſeine Ueberlegungen zu gewinnen, und wendete
ſich an mich:
„Das iſt eigentlich ein Widerſpruch, finden Sie
nicht auch? Laſſen Sie mich doch, bitte, nicht
vergeſſen, Eugen Biſchoff danach zu fragen,
bevor wir weggehen.“
„Wohin iſt denn eigentlich meine Schweſter
verſchwunden?“ fragte Felix plötzlich.
„Sie hat ganz recht daran getan, zu gehen,
es iſt viel zu viel Rauch im Zimmer,“ meinte
der Ingenieur und warf ſeinen Zigarettenreſt
in die Aſchenſchale. „Magna pars fui, ich be-
kenne es. — Wir hätten die Fenſter öffnen
ſollen, das haben wir vergeſſen.“
Niemand beachtete es, als ich hinausging,
leiſe zog ich die Türe hinter mir zu. Ich dachte,
Dina im Garten zu finden, ich ging die Kies-
wege zu beiden Seiten des Raſens ab, bis an
den hölzernen Zaun des Nachbargartens. Aber
ich traf ſie an keinem ihrer gewohnten Plätze.
Auf dem Gartentiſch unterhalb der Böſchung lag
aufgeſchlagen ein Buch, ſeine Blätter fühlten ſich
feucht an vom Regen der letzten Tage her oder
vom nächtlichen Tau. Einmal glaubte ich in
einer Mauerniſche eine Geſtalt zu ſehen — „das
iſt Dina“ — dachte ich, aber als ich näherkam,
waren es Gartengeräte, zwei leere Gießkannen,
ein Korb, ein aufrechtſtehender Rechen und eine
zerriſſene Hängematte, die der Wind bewegte.
Ich weiß nicht, wie lange ich im Garten ge-
blieben bin. Vielleicht lange Zeit. Vielleicht
ſtand ich an den Stamm eines Baums gelehnt
und träumte.
Plötzlich hörte ich Lärm und lautes Lachen
aus dem Zimmer. Eine Hand fuhr übermütig
über die Taſten des Klaviers von der tiefſten
Oktave bis zu den höchſten ſchrillen Tönen
hinauf. Felix’ Figur erſchien wie ein großer,
dunkler Schatten in der Fenſteröffnung.
„Hallo! Eugen!“ rief er in den Garten.
„Nein — Sie ſind es, Baron?“
Seine Stimme bekam plötzlich einen beſorgten
und unruhigen Klang.
Wo waren Sie? Wo kommen Sie denn her?“
Hinter ihm wurde Doktor Gorski ſichtbar,
auch er erkannte mich und begann zu dekla-
mieren:
„Treff’ ich dich hier im Mondenſchein —“
Er brach ab, einer von den beiden anderen
hatte ihn mit Gewalt vom Fenſter weggezogen
und ich hörte ihn nur noch rufen:
„Vermeſſener! Ha!“
Dann war Stille. Ueber ihren Köpfen im
erſten Stockwerk der Villa wurde es plötzlich
hell. Dina erſchien auf der Veranda und deckte,
von dem milchigen Licht der Stehlampe um-
floſſen, den Tiſch zum Abendeſſen.
Ich ging zurück ins Haus und die hölzerne
Treppe hinauf, die zur Veranda führte. Dina
hörte meinen Schritt, wandte den Kopf nach mir
und beſchattete ihre Augen mit der Hand.
„Du biſt es, Gottfried?“ ſagte ſie.
Ich ſetzte mich ſchweigend ihr gegenüber und
ſah zu, wie ſie Teller und Gläſer auf die weiße
Leinwand des Tiſches ſtellte. Ich hörte ſie tief
und gleichmäßig atmen, ſie atmete wie ein
traumlos ſchlafendes Kind. Der Wind bog und
ſchüttelte die Aeſte der Kaſtanienbäume und
ſegte kleine Kavalkaden herbſtlich verwelkter
Blätter vor ſich her über den Kiesweg. Unten
im Garten war der alte Gärtner noch immer
bei ſeiner Arbeit. Er hatte ſeine Laterne an-
gezündet, ſie ſtand neben ihm auf dem Raſen
und ihr trüber Glanz vermiſchte ſich mit dem
hellen Lichtſchein, der breit und ruhig aus den
Fenſtern des Pavillons floß.
Plötzlich fuhr ich zuſammen.
Jemand hatte meinen Namen gerufen, —
„Yoſch!“ —, nur meinen Namen, nichts weiter,
aber in dem Klang dieſer Stimme war etwas,
was mich erſchreckte: Zorn, Vorwurf, Abſcheu
und Ueberraſchung —
Dina hielt in ihrer Arbeit inne und horchte
hinaus. Dann blickte ſie mich fragend und ver-
wundert an:
„Das iſt Eugen,“ ſagte ſie. „Was mag er nur
wollen?“
Und jetzt — Eugen Biſchoffs Stimme zum
zweitenmal. — „Dina! Dina!“ ſchreit er, doch
nun klingt ſeine Stimme völlig verändert, nicht
Zorn oder Ueberraſchung, ſondern Qual,
Jammer und grenzenloſe Verzweiflung iſt dies-
mal aus ihr zu hören.
„Hier bin ich, Eugen! Hier!“ ruft Dina und
beugt ſich weit hinaus in den Garten.
Zwei — drei Sekunden lang keine Antwort.
Dann fällt ein Schuß und gleich darauf ein
zweiter.
Ich ſah Dina zurückfahren, ſie ſtand da, un-
fähig zu ſprechen, unfähig ſich zu rühren.
konnte nicht bei ihr bleiben, ich mußte hin
und ſehen, was geſchehen war. Ich glaube mich
zu erinnern, daß ich im erſten Augenblick _
ſtimmte Vorſtellung von zwei Einſch_
hatte, die über den Gartenzaun geklettert war
um Obſt zu ſtehlen. Ich weiß nicht, wie _
gekommen iſt, aber ſtatt hinunter in den Garten,
geriet ich in ein mir ganz unbekanntes, dunkles
Zimmer im Hochparterre. Ich fand den Aus-
gang nicht, ich fand das Fenſter nicht, ich fand
kein Licht. Ueberall Wand, ich ſtieß mit der
Stirne ſchmerzhaft an etwas Hartes, Kantiges.
Eine Minute lang fuhr ich im Dunkeln umher,
tappte an den Wänden, immer wütender, immer
ratloſer
(Fortſstzung folgt.)
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Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-03-29T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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