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Allgemeine Zeitung, Nr. 7, 7. Januar 1830.

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[Spaltenumbruch] tion möglich seyn? Wie läßt sich hoffen, barbarische Statuten aus-
zumerzen? Haben wir etwa uicht die Geseze gegen die Zauberei
und die Feuerprobe? Wie ward das betreffende Gesez, das andere
Geseze verdrängte, durchgesezt? Wir sind einigermaaßen erstaunt,
daß der Gerichtshof das gestrige Urtheil angenommen hat; es
war, wie wir in aller Demuth meynen, mit der Anklage nicht im
Einklang. Diese beschuldigte die Angeklagten der Bekanntmachung
einer Schmähschrift mit der Tendenz, Sr. Majestät Regierung in
Verachtung zu bringen. Das Urtheil fand nun die Angeklagten
"schuldig einer Schmähschrift gegen Se. Majestät, aber nicht ge-
gen dessen Minister." Wir zweifeln nicht, daß ein solches Urtheil
aus einem Rechtsgrunde könnte beseitigt werden, außer Falls
die menschenfreundliche Empfehlung der Jury ein Verfahren
ganz unnöthig machte. Da ein Tendenzgesez eine Regierung
dem Hasse und der Verachtung aussezt, so ward es aus dem fran-
zösischen Gesezbuche ausgeschlossen; warum sollte dis nicht auch
bei uns geschehen? Das zweite Urtheil von gestern ist ein unquali-
fizirtes "Schuldig," und demnach, unserer Ansicht gemäß, von un-
qualifizirtem Irrthum. Aber es ist ein großes Unglük für einen
Mann wie Hrn. Alexander, daß er den Versuch machte, seine eigene
Sache zu vertheidigen, und wir hoffen, der Gerichtshof werde dar-
auf in seinem Erkenntniß Rüksicht nehmen. Der Verfasser steht
zu tief für den öffentlichen Unwillen; sonst würde ihm das Land
nicht leicht den Schlag vergessen, den seine thörichte Eitelkeit der
Preßfreiheit zugezogen hat."


Im Courier liest man: "Die Eröfnung des schwarzen Mee-
res für die Kornausfuhr von Odessa hat bereits den guten Erfolg
gehabt, daß im mittelländischen Meere alle Lebensbedürfnisse im
Preise gewichen sind. Da Siciliens Vorräthe nun nicht mehr den
bisherigen Abfluß finden werden, so wird der Ueberschuß an Pro-
duktion, den diese Insel liefert, wiederum zur Verfügung der
italienischen und süd-französischen Märkte sich befinden."


Derselbe Courier sagt in Bezng auf die aus Mexico gekom-
menen Nachrichten: "Der Plan, in Mexico eine Centralregierung
einzuführen, ist von großer Wichtigkeit. Die sieben Millionen,
welche die Bevölkerung dieses Landes ausmachen, sind auf einen
Flächenraum von beinahe zehnfach größerer Ausdehnung als Eng-
land zerstreut, und das ganze Gebiet zerfällt in beinahe 20 beson-
dere Staaten oder Provinzen, von denen jede ihre eigene Lokal-
versammlung hat. Das Interesse, oder vielmehr das eingebildete
Interesse aller dieser Versammlungen, weicht oft von dem In-
teresse der in der Hauptstadt befindlichen Hauptverwaltung ab,
und dieser Umstand lähmte schon sehr oft, so wie es noch gegen-
wärtig in Hinsicht der beabsichtigten Staatsanleihe der Fall ist,
die Maaßregeln der ausübenden Gewalt. Eben so verhielt es sich
vormals mit den sieben holländischen Provinzen; ihre getheilten
Gewalten führten zu endlosen Verhandlungen, und würden viel-
leicht ernsthafte politische Uebel veranlaßt haben, wäre die Mehr-
zahl der Bewohner nicht so vernünftig und in ihren Ansprüchen
so gemäßigt gewesen, und hätten sich bei der geringen Entfernung
der verschiedenen Hauptstädte jener Provinzen, die unter sich un-
einigen Parteien nicht so leicht verständigen können. In spar-
sam bevölkerten Provinzen aber, wie in Mexico, Columbien oder
Buenos-ayres, sind die weiten Entfernungen ein großes Hinder-
niß zu persönlicher Verständigung, und daraus folgt, daß die Pro-
vinzialversammlungen sich häufig weigern, die vom Kongreß aus-
[Spaltenumbruch] geschriebenen Truppen oder Geldsummen zu liefern. Die neue
Maaßregel, zu der man in Mexico wahrscheinlich schreiten wird,
zwekt darauf ab, die Gewalt der Provinzialversammlungen zu be-
schränken und die des Generalkongresses auszudehnen. In Hol-
land hatte das Haus Oranien schon seit langer Zeit eine solche
Veränderung gewünscht, die jedoch erst im Jahr 1795 statt fand,
wo die Besezung des Landes durch die Franzosen, die an der Spize
der Verwaltung stehenden Männer in den Stand sezte, mit
Uebergehung örtlicher Interessen eine Nationalversammlung zu
bilden. Bei der Wiedereinsezung des Hauses Oranien im Jahre
1814 dachte kein einsichtsvoller Staatsmann daran, zu dem alten
Systeme von unabhängigen Provinzen zurükzukehren; es blieb bei
einer Generalrepräsentation, die sich als eine große Verbesserung
der Staatsverwaltung bewährt hatte."


Die preußische Staatszeitung enthält folgendes Privatschreiben
aus London vom 22 Dec. "Ein ziemlich allgemein geglaubtes
Gerücht, welches in diesen Tagen in den politischen Cirkeln in Um-
lauf war, ist, daß eine große Kontinentalmacht nur noch eine De-
pesche von Rio-Janeiro erwarte, um den Herrscher von Portugal
als König anzuerkennen, und daß unsere Regierung solches noch
im Laufe des künftigen Monats thun werde, ehe das Parlament
sich versammelt. Don Miguel verspricht dafür, jenem Gerüchte
zufolge, seine Nichte zu ehelichen, und denjenigen, welche sich ge-
gen seine Usurpation aufgelehnt haben, eine vollständige Verzeihung
angedeihen zu lassen, auch den Verbannten die freie Rükkehr in
ihr Vaterland zu gestatten. Dagegen versichern die lezten Vriefe
von Lissabon, daß der königl. Schaz leer sey, und daß die unbe-
zahlten Soldaten, welche sich in dem unglüklichen Lande seit eini-
gen Jahren daran gewöhnt haben, Regierungen und Verfassungen
umzustoßen, an eineu neuen Wechsel zu denken begännen. Die
portugiesischen Scheine sind seitdem um ein Weniges gestiegen;
ob aber in Folge dieser Rachrichten, oder wegen jener Aussichten
auf eine baldige Anerkennung des Königs, ist nicht leicht auszu-
mitteln. -- Die Times haben| vor ein paar Tagen geäußert, die häu-
figen Vesuche des Herzogs v. Wellington beim Könige zu Wind-
sor ständen mit beabsichtigten, ja bereis beschlossenen Reformen in
der Liturgie und der Vertheilung der Kirchengüter, in Verbindung.
Daß solche Veränderungen wenigstens in Vorschlag seyen, ist der
allgemeine Glaube, der zu tief Wurzel gefaßt hat, als daß er
durch die von dem Courier heute geschehene Behauptung des Un-
grunds jener Angaben irre gemacht werben könnte; denn es ist
nicht das erstemal, daß Plane und Absichten, die man den Mini-
stern zuschrieb, wenige Tage, nachdem der Courier solche in Ab-
rede gestellt hatte, in Erfüllung gegangen sind. -- General Santa
Anna befand sich am 2 Okt. noch zu Veracruz, wo er, dem An-
scheine zufolge, seine Kräfte gegen die schwache Regierung sam-
melte, die, wie man versichert, auf dem Punkte stand, sich von
selbst aufzulösen. Man scheint in Mexico gefunden zu haben, daß
es an Materialien fehlt, um das Land in einzelnen Staaten zu
regieren, und daß man Mühe haben dürfte, in der Hauptstadt
eine wirksame Central-Verwaltung fürs Ganze zu bilden; doch er-
wartet man, daß Santa Anna den Versuch machen werde, und
die Kaufleute scheinen es zu wünschen, indem man keine Wider-
sezlichkeit erwartet, und die Lage der Dinge, besonders das Fi-
nanzwesen, kaum schlechter seyn können. Die Spanier verweilten
aus Mangel an Fahrzeugen noch zu Tampico."

[Spaltenumbruch] tion möglich ſeyn? Wie läßt ſich hoffen, barbariſche Statuten aus-
zumerzen? Haben wir etwa uicht die Geſeze gegen die Zauberei
und die Feuerprobe? Wie ward das betreffende Geſez, das andere
Geſeze verdrängte, durchgeſezt? Wir ſind einigermaaßen erſtaunt,
daß der Gerichtshof das geſtrige Urtheil angenommen hat; es
war, wie wir in aller Demuth meynen, mit der Anklage nicht im
Einklang. Dieſe beſchuldigte die Angeklagten der Bekanntmachung
einer Schmähſchrift mit der Tendenz, Sr. Majeſtät Regierung in
Verachtung zu bringen. Das Urtheil fand nun die Angeklagten
„ſchuldig einer Schmähſchrift gegen Se. Majeſtät, aber nicht ge-
gen deſſen Miniſter.“ Wir zweifeln nicht, daß ein ſolches Urtheil
aus einem Rechtsgrunde könnte beſeitigt werden, außer Falls
die menſchenfreundliche Empfehlung der Jury ein Verfahren
ganz unnöthig machte. Da ein Tendenzgeſez eine Regierung
dem Haſſe und der Verachtung ausſezt, ſo ward es aus dem fran-
zöſiſchen Geſezbuche ausgeſchloſſen; warum ſollte dis nicht auch
bei uns geſchehen? Das zweite Urtheil von geſtern iſt ein unquali-
fizirtes „Schuldig,“ und demnach, unſerer Anſicht gemäß, von un-
qualifizirtem Irrthum. Aber es iſt ein großes Unglük für einen
Mann wie Hrn. Alexander, daß er den Verſuch machte, ſeine eigene
Sache zu vertheidigen, und wir hoffen, der Gerichtshof werde dar-
auf in ſeinem Erkenntniß Rükſicht nehmen. Der Verfaſſer ſteht
zu tief für den öffentlichen Unwillen; ſonſt würde ihm das Land
nicht leicht den Schlag vergeſſen, den ſeine thörichte Eitelkeit der
Preßfreiheit zugezogen hat.“


Im Courier liest man: „Die Eröfnung des ſchwarzen Mee-
res für die Kornausfuhr von Odeſſa hat bereits den guten Erfolg
gehabt, daß im mittelländiſchen Meere alle Lebensbedürfniſſe im
Preiſe gewichen ſind. Da Siciliens Vorräthe nun nicht mehr den
bisherigen Abfluß finden werden, ſo wird der Ueberſchuß an Pro-
duktion, den dieſe Inſel liefert, wiederum zur Verfügung der
italieniſchen und ſüd-franzöſiſchen Märkte ſich befinden.“


Derſelbe Courier ſagt in Bezng auf die aus Mexico gekom-
menen Nachrichten: „Der Plan, in Mexico eine Centralregierung
einzuführen, iſt von großer Wichtigkeit. Die ſieben Millionen,
welche die Bevölkerung dieſes Landes ausmachen, ſind auf einen
Flächenraum von beinahe zehnfach größerer Ausdehnung als Eng-
land zerſtreut, und das ganze Gebiet zerfällt in beinahe 20 beſon-
dere Staaten oder Provinzen, von denen jede ihre eigene Lokal-
verſammlung hat. Das Intereſſe, oder vielmehr das eingebildete
Intereſſe aller dieſer Verſammlungen, weicht oft von dem In-
tereſſe der in der Hauptſtadt befindlichen Hauptverwaltung ab,
und dieſer Umſtand lähmte ſchon ſehr oft, ſo wie es noch gegen-
wärtig in Hinſicht der beabſichtigten Staatsanleihe der Fall iſt,
die Maaßregeln der ausübenden Gewalt. Eben ſo verhielt es ſich
vormals mit den ſieben holländiſchen Provinzen; ihre getheilten
Gewalten führten zu endloſen Verhandlungen, und würden viel-
leicht ernſthafte politiſche Uebel veranlaßt haben, wäre die Mehr-
zahl der Bewohner nicht ſo vernünftig und in ihren Anſprüchen
ſo gemäßigt geweſen, und hätten ſich bei der geringen Entfernung
der verſchiedenen Hauptſtädte jener Provinzen, die unter ſich un-
einigen Parteien nicht ſo leicht verſtändigen können. In ſpar-
ſam bevölkerten Provinzen aber, wie in Mexico, Columbien oder
Buenos-ayres, ſind die weiten Entfernungen ein großes Hinder-
niß zu perſönlicher Verſtändigung, und daraus folgt, daß die Pro-
vinzialverſammlungen ſich häufig weigern, die vom Kongreß aus-
[Spaltenumbruch] geſchriebenen Truppen oder Geldſummen zu liefern. Die neue
Maaßregel, zu der man in Mexico wahrſcheinlich ſchreiten wird,
zwekt darauf ab, die Gewalt der Provinzialverſammlungen zu be-
ſchränken und die des Generalkongreſſes auszudehnen. In Hol-
land hatte das Haus Oranien ſchon ſeit langer Zeit eine ſolche
Veränderung gewünſcht, die jedoch erſt im Jahr 1795 ſtatt fand,
wo die Beſezung des Landes durch die Franzoſen, die an der Spize
der Verwaltung ſtehenden Männer in den Stand ſezte, mit
Uebergehung örtlicher Intereſſen eine Nationalverſammlung zu
bilden. Bei der Wiedereinſezung des Hauſes Oranien im Jahre
1814 dachte kein einſichtsvoller Staatsmann daran, zu dem alten
Syſteme von unabhängigen Provinzen zurükzukehren; es blieb bei
einer Generalrepräſentation, die ſich als eine große Verbeſſerung
der Staatsverwaltung bewährt hatte.“


Die preußiſche Staatszeitung enthält folgendes Privatſchreiben
aus London vom 22 Dec. „Ein ziemlich allgemein geglaubtes
Gerücht, welches in dieſen Tagen in den politiſchen Cirkeln in Um-
lauf war, iſt, daß eine große Kontinentalmacht nur noch eine De-
peſche von Rio-Janeiro erwarte, um den Herrſcher von Portugal
als König anzuerkennen, und daß unſere Regierung ſolches noch
im Laufe des künftigen Monats thun werde, ehe das Parlament
ſich verſammelt. Don Miguel verſpricht dafür, jenem Gerüchte
zufolge, ſeine Nichte zu ehelichen, und denjenigen, welche ſich ge-
gen ſeine Uſurpation aufgelehnt haben, eine vollſtändige Verzeihung
angedeihen zu laſſen, auch den Verbannten die freie Rükkehr in
ihr Vaterland zu geſtatten. Dagegen verſichern die lezten Vriefe
von Liſſabon, daß der königl. Schaz leer ſey, und daß die unbe-
zahlten Soldaten, welche ſich in dem unglüklichen Lande ſeit eini-
gen Jahren daran gewöhnt haben, Regierungen und Verfaſſungen
umzuſtoßen, an eineu neuen Wechſel zu denken begännen. Die
portugieſiſchen Scheine ſind ſeitdem um ein Weniges geſtiegen;
ob aber in Folge dieſer Rachrichten, oder wegen jener Ausſichten
auf eine baldige Anerkennung des Königs, iſt nicht leicht auszu-
mitteln. — Die Times haben| vor ein paar Tagen geäußert, die häu-
figen Veſuche des Herzogs v. Wellington beim Könige zu Wind-
ſor ſtänden mit beabſichtigten, ja bereis beſchloſſenen Reformen in
der Liturgie und der Vertheilung der Kirchengüter, in Verbindung.
Daß ſolche Veränderungen wenigſtens in Vorſchlag ſeyen, iſt der
allgemeine Glaube, der zu tief Wurzel gefaßt hat, als daß er
durch die von dem Courier heute geſchehene Behauptung des Un-
grunds jener Angaben irre gemacht werben könnte; denn es iſt
nicht das erſtemal, daß Plane und Abſichten, die man den Mini-
ſtern zuſchrieb, wenige Tage, nachdem der Courier ſolche in Ab-
rede geſtellt hatte, in Erfüllung gegangen ſind. — General Santa
Anna befand ſich am 2 Okt. noch zu Veracruz, wo er, dem An-
ſcheine zufolge, ſeine Kräfte gegen die ſchwache Regierung ſam-
melte, die, wie man verſichert, auf dem Punkte ſtand, ſich von
ſelbſt aufzulöſen. Man ſcheint in Mexico gefunden zu haben, daß
es an Materialien fehlt, um das Land in einzelnen Staaten zu
regieren, und daß man Mühe haben dürfte, in der Hauptſtadt
eine wirkſame Central-Verwaltung fürs Ganze zu bilden; doch er-
wartet man, daß Santa Anna den Verſuch machen werde, und
die Kaufleute ſcheinen es zu wünſchen, indem man keine Wider-
ſezlichkeit erwartet, und die Lage der Dinge, beſonders das Fi-
nanzweſen, kaum ſchlechter ſeyn können. Die Spanier verweilten
aus Mangel an Fahrzeugen noch zu Tampico.“

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[26/0002] tion möglich ſeyn? Wie läßt ſich hoffen, barbariſche Statuten aus- zumerzen? Haben wir etwa uicht die Geſeze gegen die Zauberei und die Feuerprobe? Wie ward das betreffende Geſez, das andere Geſeze verdrängte, durchgeſezt? Wir ſind einigermaaßen erſtaunt, daß der Gerichtshof das geſtrige Urtheil angenommen hat; es war, wie wir in aller Demuth meynen, mit der Anklage nicht im Einklang. Dieſe beſchuldigte die Angeklagten der Bekanntmachung einer Schmähſchrift mit der Tendenz, Sr. Majeſtät Regierung in Verachtung zu bringen. Das Urtheil fand nun die Angeklagten „ſchuldig einer Schmähſchrift gegen Se. Majeſtät, aber nicht ge- gen deſſen Miniſter.“ Wir zweifeln nicht, daß ein ſolches Urtheil aus einem Rechtsgrunde könnte beſeitigt werden, außer Falls die menſchenfreundliche Empfehlung der Jury ein Verfahren ganz unnöthig machte. Da ein Tendenzgeſez eine Regierung dem Haſſe und der Verachtung ausſezt, ſo ward es aus dem fran- zöſiſchen Geſezbuche ausgeſchloſſen; warum ſollte dis nicht auch bei uns geſchehen? Das zweite Urtheil von geſtern iſt ein unquali- fizirtes „Schuldig,“ und demnach, unſerer Anſicht gemäß, von un- qualifizirtem Irrthum. Aber es iſt ein großes Unglük für einen Mann wie Hrn. Alexander, daß er den Verſuch machte, ſeine eigene Sache zu vertheidigen, und wir hoffen, der Gerichtshof werde dar- auf in ſeinem Erkenntniß Rükſicht nehmen. Der Verfaſſer ſteht zu tief für den öffentlichen Unwillen; ſonſt würde ihm das Land nicht leicht den Schlag vergeſſen, den ſeine thörichte Eitelkeit der Preßfreiheit zugezogen hat.“ Im Courier liest man: „Die Eröfnung des ſchwarzen Mee- res für die Kornausfuhr von Odeſſa hat bereits den guten Erfolg gehabt, daß im mittelländiſchen Meere alle Lebensbedürfniſſe im Preiſe gewichen ſind. Da Siciliens Vorräthe nun nicht mehr den bisherigen Abfluß finden werden, ſo wird der Ueberſchuß an Pro- duktion, den dieſe Inſel liefert, wiederum zur Verfügung der italieniſchen und ſüd-franzöſiſchen Märkte ſich befinden.“ Derſelbe Courier ſagt in Bezng auf die aus Mexico gekom- menen Nachrichten: „Der Plan, in Mexico eine Centralregierung einzuführen, iſt von großer Wichtigkeit. Die ſieben Millionen, welche die Bevölkerung dieſes Landes ausmachen, ſind auf einen Flächenraum von beinahe zehnfach größerer Ausdehnung als Eng- land zerſtreut, und das ganze Gebiet zerfällt in beinahe 20 beſon- dere Staaten oder Provinzen, von denen jede ihre eigene Lokal- verſammlung hat. Das Intereſſe, oder vielmehr das eingebildete Intereſſe aller dieſer Verſammlungen, weicht oft von dem In- tereſſe der in der Hauptſtadt befindlichen Hauptverwaltung ab, und dieſer Umſtand lähmte ſchon ſehr oft, ſo wie es noch gegen- wärtig in Hinſicht der beabſichtigten Staatsanleihe der Fall iſt, die Maaßregeln der ausübenden Gewalt. Eben ſo verhielt es ſich vormals mit den ſieben holländiſchen Provinzen; ihre getheilten Gewalten führten zu endloſen Verhandlungen, und würden viel- leicht ernſthafte politiſche Uebel veranlaßt haben, wäre die Mehr- zahl der Bewohner nicht ſo vernünftig und in ihren Anſprüchen ſo gemäßigt geweſen, und hätten ſich bei der geringen Entfernung der verſchiedenen Hauptſtädte jener Provinzen, die unter ſich un- einigen Parteien nicht ſo leicht verſtändigen können. In ſpar- ſam bevölkerten Provinzen aber, wie in Mexico, Columbien oder Buenos-ayres, ſind die weiten Entfernungen ein großes Hinder- niß zu perſönlicher Verſtändigung, und daraus folgt, daß die Pro- vinzialverſammlungen ſich häufig weigern, die vom Kongreß aus- geſchriebenen Truppen oder Geldſummen zu liefern. Die neue Maaßregel, zu der man in Mexico wahrſcheinlich ſchreiten wird, zwekt darauf ab, die Gewalt der Provinzialverſammlungen zu be- ſchränken und die des Generalkongreſſes auszudehnen. In Hol- land hatte das Haus Oranien ſchon ſeit langer Zeit eine ſolche Veränderung gewünſcht, die jedoch erſt im Jahr 1795 ſtatt fand, wo die Beſezung des Landes durch die Franzoſen, die an der Spize der Verwaltung ſtehenden Männer in den Stand ſezte, mit Uebergehung örtlicher Intereſſen eine Nationalverſammlung zu bilden. Bei der Wiedereinſezung des Hauſes Oranien im Jahre 1814 dachte kein einſichtsvoller Staatsmann daran, zu dem alten Syſteme von unabhängigen Provinzen zurükzukehren; es blieb bei einer Generalrepräſentation, die ſich als eine große Verbeſſerung der Staatsverwaltung bewährt hatte.“ Die preußiſche Staatszeitung enthält folgendes Privatſchreiben aus London vom 22 Dec. „Ein ziemlich allgemein geglaubtes Gerücht, welches in dieſen Tagen in den politiſchen Cirkeln in Um- lauf war, iſt, daß eine große Kontinentalmacht nur noch eine De- peſche von Rio-Janeiro erwarte, um den Herrſcher von Portugal als König anzuerkennen, und daß unſere Regierung ſolches noch im Laufe des künftigen Monats thun werde, ehe das Parlament ſich verſammelt. Don Miguel verſpricht dafür, jenem Gerüchte zufolge, ſeine Nichte zu ehelichen, und denjenigen, welche ſich ge- gen ſeine Uſurpation aufgelehnt haben, eine vollſtändige Verzeihung angedeihen zu laſſen, auch den Verbannten die freie Rükkehr in ihr Vaterland zu geſtatten. Dagegen verſichern die lezten Vriefe von Liſſabon, daß der königl. Schaz leer ſey, und daß die unbe- zahlten Soldaten, welche ſich in dem unglüklichen Lande ſeit eini- gen Jahren daran gewöhnt haben, Regierungen und Verfaſſungen umzuſtoßen, an eineu neuen Wechſel zu denken begännen. Die portugieſiſchen Scheine ſind ſeitdem um ein Weniges geſtiegen; ob aber in Folge dieſer Rachrichten, oder wegen jener Ausſichten auf eine baldige Anerkennung des Königs, iſt nicht leicht auszu- mitteln. — Die Times haben| vor ein paar Tagen geäußert, die häu- figen Veſuche des Herzogs v. Wellington beim Könige zu Wind- ſor ſtänden mit beabſichtigten, ja bereis beſchloſſenen Reformen in der Liturgie und der Vertheilung der Kirchengüter, in Verbindung. Daß ſolche Veränderungen wenigſtens in Vorſchlag ſeyen, iſt der allgemeine Glaube, der zu tief Wurzel gefaßt hat, als daß er durch die von dem Courier heute geſchehene Behauptung des Un- grunds jener Angaben irre gemacht werben könnte; denn es iſt nicht das erſtemal, daß Plane und Abſichten, die man den Mini- ſtern zuſchrieb, wenige Tage, nachdem der Courier ſolche in Ab- rede geſtellt hatte, in Erfüllung gegangen ſind. — General Santa Anna befand ſich am 2 Okt. noch zu Veracruz, wo er, dem An- ſcheine zufolge, ſeine Kräfte gegen die ſchwache Regierung ſam- melte, die, wie man verſichert, auf dem Punkte ſtand, ſich von ſelbſt aufzulöſen. Man ſcheint in Mexico gefunden zu haben, daß es an Materialien fehlt, um das Land in einzelnen Staaten zu regieren, und daß man Mühe haben dürfte, in der Hauptſtadt eine wirkſame Central-Verwaltung fürs Ganze zu bilden; doch er- wartet man, daß Santa Anna den Verſuch machen werde, und die Kaufleute ſcheinen es zu wünſchen, indem man keine Wider- ſezlichkeit erwartet, und die Lage der Dinge, beſonders das Fi- nanzweſen, kaum ſchlechter ſeyn können. Die Spanier verweilten aus Mangel an Fahrzeugen noch zu Tampico.“

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 7, 7. Januar 1830, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine07_1830/2>, abgerufen am 24.11.2024.