Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891.Die Begrüssung. Am späten Nachmittage war es erst, dass Zara¬ Da sprang Zarathustra auf seine Höhle zu, und 5
Die Begrüssung. Am späten Nachmittage war es erst, dass Zara¬ Da sprang Zarathustra auf seine Höhle zu, und 5
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Die Begrüssung.
Am späten Nachmittage war es erst, dass Zara¬
thustra, nach langem umsonstigen Suchen und Umher¬
streifen, wieder zu seiner Höhle heimkam. Als er aber
derselben gegenüberstand, nicht zwanzig Schritt mehr
von ihr ferne, da geschah Das, was er jetzt am wenig¬
sten erwartete: von Neuem hörte er den grossen
Nothschrei. Und, erstaunlich! diess Mal kam der¬
selbige aus seiner eignen Höhle. Es war aber ein
langer vielfältiger seltsamer Schrei, und Zarathustra
unterschied deutlich, dass er sich aus vielen Stimmen
zusammensetze: mochte er schon, aus der Ferne ge¬
hört, gleich dem Schrei aus einem einzigen Munde
klingen.
Da sprang Zarathustra auf seine Höhle zu, und
siehe! welches Schauspiel erwartete ihn erst nach diesem
Hörspiele! Denn da sassen sie allesammt bei einander,
an denen er des Tags vorübergegangen war: der König
zur Rechten und der König zur Linken, der alte
Zauberer, der Papst, der freiwillige Bettler, der Schatten,
der Gewissenhafte des Geistes, der traurige Wahrsager
und der Esel; der hässlichste Mensch aber hatte sich
eine Krone aufgesetzt und zwei Purpurgürtel umge¬
schlungen, — denn er liebte es, gleich allen Hässlichen,
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