Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891.Also sprach der Berg-Prediger und wandte dann Diess ist der Mensch ohne Ekel, diess ist Zarathustra Und indem er also sprach, küsste er Dem, zu "Sprich nicht von mir, du Wunderlicher! Lieb¬ -- der sich seines Reichthums schämte und der "Aber sie nahmen mich nicht an, sagte der frei¬ "Da lerntest du, unterbrach Zarathustra den 4*
Also sprach der Berg-Prediger und wandte dann Diess ist der Mensch ohne Ekel, diess ist Zarathustra Und indem er also sprach, küsste er Dem, zu „Sprich nicht von mir, du Wunderlicher! Lieb¬ — der sich seines Reichthums schämte und der „Aber sie nahmen mich nicht an, sagte der frei¬ „Da lerntest du, unterbrach Zarathustra den 4*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0058" n="51"/> <p>Also sprach der Berg-Prediger und wandte dann<lb/> seinen eignen Blick Zarathustra zu, — denn bisher<lb/> hieng er mit Liebe an den Kühen —: da aber ver¬<lb/> wandelte er sich. „Wer ist das, mit dem ich rede?<lb/> rief er erschreckt und sprang vom Boden empor.</p><lb/> <p>Diess ist der Mensch ohne Ekel, diess ist Zarathustra<lb/> selber, der Überwinder des grossen Ekels, diess ist<lb/> das Auge, diess ist der Mund, diess ist das Herz Zara¬<lb/> thustra's selber.“</p><lb/> <p>Und indem er also sprach, küsste er Dem, zu<lb/> welchem er redete, die Hände, mit überströmenden<lb/> Augen, und gebärdete sich ganz als Einer, dem ein<lb/> kostbares Geschenk und Kleinod unversehens vom<lb/> Himmel fällt. Die Kühe aber schauten dem Allen zu<lb/> und wunderten sich.</p><lb/> <p>„Sprich nicht von mir, du Wunderlicher! Lieb¬<lb/> licher! sagte Zarathustra und wehrte seiner Zärtlich¬<lb/> keit, sprich mir erst von dir! Bist du nicht der frei¬<lb/> willige Bettler, der einst einen grossen Reichthum von<lb/> sich warf, —</p><lb/> <p>— der sich seines Reichthums schämte und der<lb/> Reichen, und zu den Ärmsten floh, dass er ihnen<lb/> seine Fülle und sein Herz schenke? Aber sie nahmen<lb/> ihn nicht an.“</p><lb/> <p>„Aber sie nahmen mich nicht an, sagte der frei¬<lb/> willige Bettler, du weisst es ja. So gieng ich endlich<lb/> zu den Thieren und zu diesen Kühen.“</p><lb/> <p>„Da lerntest du, unterbrach Zarathustra den<lb/> Redenden, wie es schwerer ist, recht geben als recht<lb/> nehmen, und dass gut schenken eine <hi rendition="#g">Kunst</hi> ist und<lb/> die letzte listigste Meister-Kunst der Güte.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">4*<lb/></fw> </div> </body> </text> </TEI> [51/0058]
Also sprach der Berg-Prediger und wandte dann
seinen eignen Blick Zarathustra zu, — denn bisher
hieng er mit Liebe an den Kühen —: da aber ver¬
wandelte er sich. „Wer ist das, mit dem ich rede?
rief er erschreckt und sprang vom Boden empor.
Diess ist der Mensch ohne Ekel, diess ist Zarathustra
selber, der Überwinder des grossen Ekels, diess ist
das Auge, diess ist der Mund, diess ist das Herz Zara¬
thustra's selber.“
Und indem er also sprach, küsste er Dem, zu
welchem er redete, die Hände, mit überströmenden
Augen, und gebärdete sich ganz als Einer, dem ein
kostbares Geschenk und Kleinod unversehens vom
Himmel fällt. Die Kühe aber schauten dem Allen zu
und wunderten sich.
„Sprich nicht von mir, du Wunderlicher! Lieb¬
licher! sagte Zarathustra und wehrte seiner Zärtlich¬
keit, sprich mir erst von dir! Bist du nicht der frei¬
willige Bettler, der einst einen grossen Reichthum von
sich warf, —
— der sich seines Reichthums schämte und der
Reichen, und zu den Ärmsten floh, dass er ihnen
seine Fülle und sein Herz schenke? Aber sie nahmen
ihn nicht an.“
„Aber sie nahmen mich nicht an, sagte der frei¬
willige Bettler, du weisst es ja. So gieng ich endlich
zu den Thieren und zu diesen Kühen.“
„Da lerntest du, unterbrach Zarathustra den
Redenden, wie es schwerer ist, recht geben als recht
nehmen, und dass gut schenken eine Kunst ist und
die letzte listigste Meister-Kunst der Güte.
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