Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891.Der alte Papst aber antwortete nicht, sondern blickte "Lass ihn fahren, sagte Zarathustra nach einem Lass ihn fahren, er ist dahin. Und ob es dich auch "Unter drei Augen gesprochen, sagte erheitert der Meine Liebe diente ihm lange Jahre, mein Wille Es war ein verborgener Gott, voller Heimlichkeit. Wer ihn als einen Gott der Liebe preist, denkt nicht Als er jung war, dieser Gott aus dem Morgenlande, Endlich aber wurde er alt und weich und mürbe Der alte Papst aber antwortete nicht, sondern blickte „Lass ihn fahren, sagte Zarathustra nach einem Lass ihn fahren, er ist dahin. Und ob es dich auch „Unter drei Augen gesprochen, sagte erheitert der Meine Liebe diente ihm lange Jahre, mein Wille Es war ein verborgener Gott, voller Heimlichkeit. Wer ihn als einen Gott der Liebe preist, denkt nicht Als er jung war, dieser Gott aus dem Morgenlande, Endlich aber wurde er alt und weich und mürbe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0045" n="38"/> <p>Der alte Papst aber antwortete nicht, sondern blickte<lb/> scheu und mit einem schmerzlichen und düsteren Aus¬<lb/> drucke zur Seite.</p><lb/> <p>„Lass ihn fahren, sagte Zarathustra nach einem<lb/> langen Nachdenken, indem er immer noch dem alten<lb/> Manne gerade in's Auge blickte.</p><lb/> <p>Lass ihn fahren, er ist dahin. Und ob es dich auch<lb/> ehrt, dass du diesem Todten nur Gutes nachredest, so<lb/> weisst du so gut als ich, <hi rendition="#g">wer</hi> er war; und dass er<lb/> wunderliche Wege gieng.“</p><lb/> <p>„Unter drei Augen gesprochen, sagte erheitert der<lb/> alte Papst (denn er war auf Einem Auge blind), in Dingen<lb/> Gottes bin ich aufgeklärter als Zarathustra selber —<lb/> und darf es sein.</p><lb/> <p>Meine Liebe diente ihm lange Jahre, mein Wille<lb/> gieng allem seinen Willen nach. Ein guter Diener aber<lb/> weiss Alles, und Mancherlei auch, was sein Herr sich<lb/> selbst verbirgt.</p><lb/> <p>Es war ein verborgener Gott, voller Heimlichkeit.<lb/> Wahrlich zu einem Sohne sogar kam er nicht anders als<lb/> auf Schleichwegen. An der Thür seines Glaubens steht<lb/> der Ehebruch.</p><lb/> <p>Wer ihn als einen Gott der Liebe preist, denkt nicht<lb/> hoch genug von der Liebe selber. Wollte dieser Gott<lb/> nicht auch Richter sein? Aber der Liebende liebt jen¬<lb/> seits von Lohn und Vergeltung.</p><lb/> <p>Als er jung war, dieser Gott aus dem Morgenlande,<lb/> da war er hart und rachsüchtig und erbaute sich eine<lb/> Hölle zum Ergötzen seiner Lieblinge.</p><lb/> <p>Endlich aber wurde er alt und weich und mürbe<lb/> und mitleidig, einem Grossvater ähnlicher als einem<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [38/0045]
Der alte Papst aber antwortete nicht, sondern blickte
scheu und mit einem schmerzlichen und düsteren Aus¬
drucke zur Seite.
„Lass ihn fahren, sagte Zarathustra nach einem
langen Nachdenken, indem er immer noch dem alten
Manne gerade in's Auge blickte.
Lass ihn fahren, er ist dahin. Und ob es dich auch
ehrt, dass du diesem Todten nur Gutes nachredest, so
weisst du so gut als ich, wer er war; und dass er
wunderliche Wege gieng.“
„Unter drei Augen gesprochen, sagte erheitert der
alte Papst (denn er war auf Einem Auge blind), in Dingen
Gottes bin ich aufgeklärter als Zarathustra selber —
und darf es sein.
Meine Liebe diente ihm lange Jahre, mein Wille
gieng allem seinen Willen nach. Ein guter Diener aber
weiss Alles, und Mancherlei auch, was sein Herr sich
selbst verbirgt.
Es war ein verborgener Gott, voller Heimlichkeit.
Wahrlich zu einem Sohne sogar kam er nicht anders als
auf Schleichwegen. An der Thür seines Glaubens steht
der Ehebruch.
Wer ihn als einen Gott der Liebe preist, denkt nicht
hoch genug von der Liebe selber. Wollte dieser Gott
nicht auch Richter sein? Aber der Liebende liebt jen¬
seits von Lohn und Vergeltung.
Als er jung war, dieser Gott aus dem Morgenlande,
da war er hart und rachsüchtig und erbaute sich eine
Hölle zum Ergötzen seiner Lieblinge.
Endlich aber wurde er alt und weich und mürbe
und mitleidig, einem Grossvater ähnlicher als einem
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Zitationshilfe: | Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra04_1891/45>, abgerufen am 16.07.2024. |