Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884.Erkennen: das ist Lust dem Löwen-willigen! Aber Und so ist es immer schwacher Menschen Art: Denen klingt es lieblich zu Ohren, dass ge¬ Oh meine Brüder, ein frischer Brause-Wind kommt Auch durch Mauern bläst mein freier Athem, und Wollen befreit: denn Wollen ist Schaffen: so lehre Und auch das Lernen sollt ihr erst von mir 17. Da steht der Nachen, -- dort hinüber geht es Niemand von euch will in den Todes-Nachen ein¬ Weltmüde! Und noch nicht einmal Erd-Entrückte Erkennen: das ist Lust dem Löwen-willigen! Aber Und so ist es immer schwacher Menschen Art: Denen klingt es lieblich zu Ohren, dass ge¬ Oh meine Brüder, ein frischer Brause-Wind kommt Auch durch Mauern bläst mein freier Athem, und Wollen befreit: denn Wollen ist Schaffen: so lehre Und auch das Lernen sollt ihr erst von mir 17. Da steht der Nachen, — dort hinüber geht es Niemand von euch will in den Todes-Nachen ein¬ Weltmüde! Und noch nicht einmal Erd-Entrückte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0089" n="79"/> <p>Erkennen: das ist <hi rendition="#g">Lust</hi> dem Löwen-willigen! Aber<lb/> wer müde wurde, der wird selber nur „gewollt“, mit<lb/> dem spielen alle Wellen.</p><lb/> <p>Und so ist es immer schwacher Menschen Art:<lb/> sie verlieren sich auf ihren Wegen. Und zuletzt fragt<lb/> noch ihre Müdigkeit: „wozu giengen wir jemals Wege!<lb/> Es ist Alles gleich!“</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Denen</hi> klingt es lieblich zu Ohren, dass ge¬<lb/> predigt wird: „Es verlohnt sich Nichts! Ihr sollt nicht<lb/> wollen!“ Diess aber ist eine Predigt zur Knechtschaft.</p><lb/> <p>Oh meine Brüder, ein frischer Brause-Wind kommt<lb/> Zarathustra allen Weg-Müden; viele Nasen wird er<lb/> noch niesen machen!</p><lb/> <p>Auch durch Mauern bläst mein freier Athem, und<lb/> hinein in Gefängnisse und eingefangne Geister!</p><lb/> <p>Wollen befreit: denn Wollen ist Schaffen: so lehre<lb/> ich. Und <hi rendition="#g">nur</hi> zum Schaffen sollt ihr lernen!</p><lb/> <p>Und auch das Lernen sollt ihr erst von mir<lb/><hi rendition="#g">lernen</hi>, das Gut-Lernen! — Wer Ohren hat, der höre!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> <div n="2"> <head>17.<lb/></head> <p>Da steht der Nachen, — dort hinüber geht es<lb/> vielleicht in's grosse Nichts. — Aber wer will in diess<lb/> „Vielleicht“ einsteigen?</p><lb/> <p>Niemand von euch will in den Todes-Nachen ein¬<lb/> steigen! Wie so wollt ihr dann <hi rendition="#g">Welt-Müde</hi> sein!</p><lb/> <p>Weltmüde! Und noch nicht einmal Erd-Entrückte<lb/> wurdet ihr! Lüstern fand ich euch immer noch nach<lb/> Erde, verliebt noch in die eigne Erd-Müdigkeit!</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [79/0089]
Erkennen: das ist Lust dem Löwen-willigen! Aber
wer müde wurde, der wird selber nur „gewollt“, mit
dem spielen alle Wellen.
Und so ist es immer schwacher Menschen Art:
sie verlieren sich auf ihren Wegen. Und zuletzt fragt
noch ihre Müdigkeit: „wozu giengen wir jemals Wege!
Es ist Alles gleich!“
Denen klingt es lieblich zu Ohren, dass ge¬
predigt wird: „Es verlohnt sich Nichts! Ihr sollt nicht
wollen!“ Diess aber ist eine Predigt zur Knechtschaft.
Oh meine Brüder, ein frischer Brause-Wind kommt
Zarathustra allen Weg-Müden; viele Nasen wird er
noch niesen machen!
Auch durch Mauern bläst mein freier Athem, und
hinein in Gefängnisse und eingefangne Geister!
Wollen befreit: denn Wollen ist Schaffen: so lehre
ich. Und nur zum Schaffen sollt ihr lernen!
Und auch das Lernen sollt ihr erst von mir
lernen, das Gut-Lernen! — Wer Ohren hat, der höre!
17.
Da steht der Nachen, — dort hinüber geht es
vielleicht in's grosse Nichts. — Aber wer will in diess
„Vielleicht“ einsteigen?
Niemand von euch will in den Todes-Nachen ein¬
steigen! Wie so wollt ihr dann Welt-Müde sein!
Weltmüde! Und noch nicht einmal Erd-Entrückte
wurdet ihr! Lüstern fand ich euch immer noch nach
Erde, verliebt noch in die eigne Erd-Müdigkeit!
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