Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884.fürbitten muss. Aber auch diese Kunst muss man Abermals trügt über Manches am Menschen, dass Die Frauen wissen das, die köstlichsten: ein Wenig Der Mensch ist schwer zu entdecken und sich Der aber hat sich selber entdeckt, welcher spricht: Wahrlich, ich mag auch Solche nicht, denen jeg¬ Allgenügsamkeit, die Alles zu schmecken weiss: Alles aber kauen und verdauen -- das ist eine Das tiefe Gelb und das heisse Roth: so will es fürbitten muss. Aber auch diese Kunst muss man Abermals trügt über Manches am Menschen, dass Die Frauen wissen das, die köstlichsten: ein Wenig Der Mensch ist schwer zu entdecken und sich Der aber hat sich selber entdeckt, welcher spricht: Wahrlich, ich mag auch Solche nicht, denen jeg¬ Allgenügsamkeit, die Alles zu schmecken weiss: Alles aber kauen und verdauen — das ist eine Das tiefe Gelb und das heisse Roth: so will es <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0072" n="62"/> fürbitten muss. Aber auch diese Kunst muss man<lb/> lernen: Schale <hi rendition="#g">haben</hi> und schönen Schein und kluge<lb/> Blindheit!</p><lb/> <p>Abermals trügt über Manches am Menschen, dass<lb/> manche Schale gering und traurig und zu sehr Schale<lb/> ist. Viel verborgene Güte und Kraft wird nie errathen;<lb/> die köstlichsten Leckerbissen finden keine Schmecker!</p><lb/> <p>Die Frauen wissen das, die köstlichsten: ein Wenig<lb/> fetter, ein Wenig magerer — oh wie viel Schicksal<lb/> liegt in so Wenigem!</p><lb/> <p>Der Mensch ist schwer zu entdecken und sich<lb/> selber noch am schwersten; oft lügt der Geist über<lb/> die Seele. Also schafft es der Geist der Schwere.</p><lb/> <p>Der aber hat sich selber entdeckt, welcher spricht:<lb/> Das ist <hi rendition="#g">mein</hi> Gutes und Böses: damit hat er den<lb/> Maulwurf und Zwerg stumm gemacht, welcher spricht<lb/> „Allen gut, Allen bös.“</p><lb/> <p>Wahrlich, ich mag auch Solche nicht, denen jeg¬<lb/> liches Ding gut und diese Welt gar die beste heisst.<lb/> Solche nenne ich die Allgenügsamen.</p><lb/> <p>Allgenügsamkeit, die Alles zu schmecken weiss:<lb/> das ist nicht der beste Geschmack! Ich ehre die wider¬<lb/> spänstigen wählerischen Zungen und Mägen, welche<lb/> „Ich“ und „Ja“ und „Nein“ sagen lernten.</p><lb/> <p>Alles aber kauen und verdauen — das ist eine<lb/> rechte Schweine-Art! Immer I-a sagen — das lernte<lb/> allein der Esel, und wer seines Geistes ist! —</p><lb/> <p>Das tiefe Gelb und das heisse Roth: so will es<lb/><hi rendition="#g">mein</hi> Geschmack, — der mischt Blut zu allen Farben.<lb/> Wer aber sein Haus weiss tüncht, der verräth mir<lb/> eine weissgetünchte Seele.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [62/0072]
fürbitten muss. Aber auch diese Kunst muss man
lernen: Schale haben und schönen Schein und kluge
Blindheit!
Abermals trügt über Manches am Menschen, dass
manche Schale gering und traurig und zu sehr Schale
ist. Viel verborgene Güte und Kraft wird nie errathen;
die köstlichsten Leckerbissen finden keine Schmecker!
Die Frauen wissen das, die köstlichsten: ein Wenig
fetter, ein Wenig magerer — oh wie viel Schicksal
liegt in so Wenigem!
Der Mensch ist schwer zu entdecken und sich
selber noch am schwersten; oft lügt der Geist über
die Seele. Also schafft es der Geist der Schwere.
Der aber hat sich selber entdeckt, welcher spricht:
Das ist mein Gutes und Böses: damit hat er den
Maulwurf und Zwerg stumm gemacht, welcher spricht
„Allen gut, Allen bös.“
Wahrlich, ich mag auch Solche nicht, denen jeg¬
liches Ding gut und diese Welt gar die beste heisst.
Solche nenne ich die Allgenügsamen.
Allgenügsamkeit, die Alles zu schmecken weiss:
das ist nicht der beste Geschmack! Ich ehre die wider¬
spänstigen wählerischen Zungen und Mägen, welche
„Ich“ und „Ja“ und „Nein“ sagen lernten.
Alles aber kauen und verdauen — das ist eine
rechte Schweine-Art! Immer I-a sagen — das lernte
allein der Esel, und wer seines Geistes ist! —
Das tiefe Gelb und das heisse Roth: so will es
mein Geschmack, — der mischt Blut zu allen Farben.
Wer aber sein Haus weiss tüncht, der verräth mir
eine weissgetünchte Seele.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |