Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884.Von sich weg bannt sie alles Feige; sie spricht: Sie verachtet auch alle wehselige Weisheit: denn, Das scheue Misstrauen gilt ihr gering, und Jeder, Geringer noch gilt ihr der Schnell-Gefällige, der Verhasst ist ihr gar und ein Ekel, wer nie sich Ob Einer vor Göttern und göttlichen Fusstritten Schlecht: so heisst sie Alles, was geknickt und Und After-Weisheit: so heisst sie Alles, was Knechte Von sich weg bannt sie alles Feige; sie spricht: Sie verachtet auch alle wehselige Weisheit: denn, Das scheue Misstrauen gilt ihr gering, und Jeder, Geringer noch gilt ihr der Schnell-Gefällige, der Verhasst ist ihr gar und ein Ekel, wer nie sich Ob Einer vor Göttern und göttlichen Fusstritten Schlecht: so heisst sie Alles, was geknickt und Und After-Weisheit: so heisst sie Alles, was Knechte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0067" n="57"/> <p>Von sich weg bannt sie alles Feige; sie spricht:<lb/> Schlecht — <hi rendition="#g">das ist</hi> feige! Verächtlich dünkt ihr der<lb/> immer Sorgende, Seufzende, Klägliche und wer auch<lb/> die kleinsten Vortheile aufliest.</p><lb/> <p>Sie verachtet auch alle wehselige Weisheit: denn,<lb/> wahrlich, es giebt auch Weisheit, die im Dunklen<lb/> blüht, eine Nachtschatten-Weisheit: als welche immer<lb/> seufzt: „Alles ist eitel!“</p><lb/> <p>Das scheue Misstrauen gilt ihr gering, und Jeder,<lb/> wer Schwüre statt Blicke und Hände will: auch alle<lb/> allzu misstrauische Weisheit, — denn solche ist feiger<lb/> Seelen Art.</p><lb/> <p>Geringer noch gilt ihr der Schnell-Gefällige, der<lb/> Hündische, der gleich auf dem Rücken liegt, der De¬<lb/> müthige; und auch Weisheit giebt es, die demüthig<lb/> und hündisch und fromm und schnell-gefällig ist.</p><lb/> <p>Verhasst ist ihr gar und ein Ekel, wer nie sich<lb/> wehren will, wer giftigen Speichel und böse Blicke<lb/> hinunterschluckt, der Allzu-Geduldige, Alles-Dulder,<lb/> Allgenügsame: das nämlich ist die knechtische Art.</p><lb/> <p>Ob Einer vor Göttern und göttlichen Fusstritten<lb/> knechtisch ist, ob vor Menschen und blöden Menschen-<lb/> Meinungen: <hi rendition="#g">alle</hi> Knechts-Art speit sie an, diese<lb/> selige Selbstsucht!</p><lb/> <p>Schlecht: so heisst sie Alles, was geknickt und<lb/> knickerisch-knechtisch ist, unfreie Zwinker-Augen, ge¬<lb/> drückte Herzen, und jene falsche nachgebende Art,<lb/> welche mit breiten feigen Lippen küsst.</p><lb/> <p>Und After-Weisheit: so heisst sie Alles, was Knechte<lb/> und Greise und Müde witzeln; und sonderlich die ganze<lb/> schlimme aberwitzige, überwitzige Priester-Narrheit!</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [57/0067]
Von sich weg bannt sie alles Feige; sie spricht:
Schlecht — das ist feige! Verächtlich dünkt ihr der
immer Sorgende, Seufzende, Klägliche und wer auch
die kleinsten Vortheile aufliest.
Sie verachtet auch alle wehselige Weisheit: denn,
wahrlich, es giebt auch Weisheit, die im Dunklen
blüht, eine Nachtschatten-Weisheit: als welche immer
seufzt: „Alles ist eitel!“
Das scheue Misstrauen gilt ihr gering, und Jeder,
wer Schwüre statt Blicke und Hände will: auch alle
allzu misstrauische Weisheit, — denn solche ist feiger
Seelen Art.
Geringer noch gilt ihr der Schnell-Gefällige, der
Hündische, der gleich auf dem Rücken liegt, der De¬
müthige; und auch Weisheit giebt es, die demüthig
und hündisch und fromm und schnell-gefällig ist.
Verhasst ist ihr gar und ein Ekel, wer nie sich
wehren will, wer giftigen Speichel und böse Blicke
hinunterschluckt, der Allzu-Geduldige, Alles-Dulder,
Allgenügsame: das nämlich ist die knechtische Art.
Ob Einer vor Göttern und göttlichen Fusstritten
knechtisch ist, ob vor Menschen und blöden Menschen-
Meinungen: alle Knechts-Art speit sie an, diese
selige Selbstsucht!
Schlecht: so heisst sie Alles, was geknickt und
knickerisch-knechtisch ist, unfreie Zwinker-Augen, ge¬
drückte Herzen, und jene falsche nachgebende Art,
welche mit breiten feigen Lippen küsst.
Und After-Weisheit: so heisst sie Alles, was Knechte
und Greise und Müde witzeln; und sonderlich die ganze
schlimme aberwitzige, überwitzige Priester-Narrheit!
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Zitationshilfe: | Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra03_1884/67>, abgerufen am 16.02.2025. |