Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884.Vom Gesicht und Räthsel. I. Als es unter den Schiffsleuten ruchbar wurde, Euch, den kühnen Suchern, Versuchern, und wer euch, den Räthsel-Trunkenen, den Zwielicht- Vom Gesicht und Räthsel. I. Als es unter den Schiffsleuten ruchbar wurde, Euch, den kühnen Suchern, Versuchern, und wer euch, den Räthsel-Trunkenen, den Zwielicht- <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0016" n="6"/> <div n="1"> <head>Vom Gesicht und Räthsel.<lb/></head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head>I.<lb/></head> <p>Als es unter den Schiffsleuten ruchbar wurde,<lb/> dass Zarathustra auf dem Schiffe sei, — denn es war<lb/> ein Mann zugleich mit ihm an Bord gegangen, der<lb/> von den glückseligen Inseln kam — da entstand eine<lb/> grosse Neugierde und Erwartung. Aber Zarathustra<lb/> schwieg zwei Tage und war kalt und taub vor Traurig¬<lb/> keit, also, dass er weder auf Blicke noch auf Fragen<lb/> antwortete. Am Abende aber des zweiten Tages that<lb/> er seine Ohren wieder auf, ob er gleich noch schwieg:<lb/> denn es gab viel Seltsames und Gefährliches auf<lb/> diesem Schiffe anzuhören, welches weither kam und<lb/> noch weiterhin wollte. Zarathustra aber war ein<lb/> Freund aller Solchen, die weite Reisen thun und<lb/> nicht ohne Gefahr leben mögen. Und siehe! zuletzt<lb/> wurde ihm im Zuhören die eigne Zunge gelöst, und<lb/> das Eis seines Herzens brach: — da begann er also<lb/> zu reden:</p><lb/> <space dim="vertical"/> <p>Euch, den kühnen Suchern, Versuchern, und wer<lb/> je sich mit listigen Segeln auf furchtbare Meere<lb/> einschiffte, —</p><lb/> <p>euch, den Räthsel-Trunkenen, den Zwielicht-<lb/> Frohen, deren Seele mit Flöten zu jedem Irr-Schlunde<lb/> gelockt wird:<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [6/0016]
Vom Gesicht und Räthsel.
I.
Als es unter den Schiffsleuten ruchbar wurde,
dass Zarathustra auf dem Schiffe sei, — denn es war
ein Mann zugleich mit ihm an Bord gegangen, der
von den glückseligen Inseln kam — da entstand eine
grosse Neugierde und Erwartung. Aber Zarathustra
schwieg zwei Tage und war kalt und taub vor Traurig¬
keit, also, dass er weder auf Blicke noch auf Fragen
antwortete. Am Abende aber des zweiten Tages that
er seine Ohren wieder auf, ob er gleich noch schwieg:
denn es gab viel Seltsames und Gefährliches auf
diesem Schiffe anzuhören, welches weither kam und
noch weiterhin wollte. Zarathustra aber war ein
Freund aller Solchen, die weite Reisen thun und
nicht ohne Gefahr leben mögen. Und siehe! zuletzt
wurde ihm im Zuhören die eigne Zunge gelöst, und
das Eis seines Herzens brach: — da begann er also
zu reden:
Euch, den kühnen Suchern, Versuchern, und wer
je sich mit listigen Segeln auf furchtbare Meere
einschiffte, —
euch, den Räthsel-Trunkenen, den Zwielicht-
Frohen, deren Seele mit Flöten zu jedem Irr-Schlunde
gelockt wird:
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