Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883.Verwandelt ist Zarathustra, zum Kind ward Zara¬ Wie im Meere lebtest du in der Einsamkeit, und Zarathustra antwortete: "Ich liebe die Menschen." Warum, sagte der Heilige, gieng ich doch in den Jetzt liebe ich Gott: die Menschen liebe ich nicht. Zarathustra antwortete: "Was sprach ich von Gieb ihnen Nichts, sagte der Heilige. Nimm Und willst du ihnen geben, so gieb nicht mehr, "Nein, antwortete Zarathustra, ich gebe kein Al¬ Der Heilige lachte über Zarathustra und sprach Unsre Schritte klingen ihnen zu einsam durch Verwandelt ist Zarathustra, zum Kind ward Zara¬ Wie im Meere lebtest du in der Einsamkeit, und Zarathustra antwortete: „Ich liebe die Menschen.“ Warum, sagte der Heilige, gieng ich doch in den Jetzt liebe ich Gott: die Menschen liebe ich nicht. Zarathustra antwortete: „Was sprach ich von Gieb ihnen Nichts, sagte der Heilige. Nimm Und willst du ihnen geben, so gieb nicht mehr, „Nein, antwortete Zarathustra, ich gebe kein Al¬ Der Heilige lachte über Zarathustra und sprach Unsre Schritte klingen ihnen zu einsam durch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0013" n="7"/> <p>Verwandelt ist Zarathustra, zum Kind ward Zara¬<lb/> thustra, ein Erwachter ist Zarathustra: was willst du<lb/> nun bei den Schlafenden?</p><lb/> <p>Wie im Meere lebtest du in der Einsamkeit, und<lb/> das Meer trug dich. Wehe, du willst an's Land steigen?<lb/> Wehe, du willst deinen Leib wieder selber schleppen?</p><lb/> <p>Zarathustra antwortete: „Ich liebe die Menschen.“</p><lb/> <p>Warum, sagte der Heilige, gieng ich doch in den<lb/> Wald und die Einöde? War es nicht, weil ich die<lb/> Menschen allzu sehr liebte?</p><lb/> <p>Jetzt liebe ich Gott: die Menschen liebe ich nicht.<lb/> Der Mensch ist mir eine zu unvollkommene Sache.<lb/> Liebe zum Menschen würde mich umbringen.</p><lb/> <p>Zarathustra antwortete: „Was sprach ich von<lb/> Liebe! Ich bringe den Menschen ein Geschenk.“</p><lb/> <p>Gieb ihnen Nichts, sagte der Heilige. Nimm<lb/> ihnen lieber Etwas ab und trage es mit ihnen — das<lb/> wird ihnen am wohlsten thun: wenn es dir nur wohl¬<lb/> thut!</p><lb/> <p>Und willst du ihnen geben, so gieb nicht mehr,<lb/> als ein Almosen, und lass sie noch darum betteln!</p><lb/> <p>„Nein, antwortete Zarathustra, ich gebe kein Al¬<lb/> mosen. Dazu bin ich nicht arm genug.“</p><lb/> <p>Der Heilige lachte über Zarathustra und sprach<lb/> also: So sieh zu, dass sie deine Schätze annehmen!<lb/> Sie sind misstrauisch gegen die Einsiedler und glauben<lb/> nicht, dass wir kommen, um zu schenken.</p><lb/> <p>Unsre Schritte klingen ihnen zu einsam durch<lb/> die Gassen. Und wie wenn sie Nachts in ihren Betten<lb/> einen Mann gehen hören, lange bevor die Sonne auf¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [7/0013]
Verwandelt ist Zarathustra, zum Kind ward Zara¬
thustra, ein Erwachter ist Zarathustra: was willst du
nun bei den Schlafenden?
Wie im Meere lebtest du in der Einsamkeit, und
das Meer trug dich. Wehe, du willst an's Land steigen?
Wehe, du willst deinen Leib wieder selber schleppen?
Zarathustra antwortete: „Ich liebe die Menschen.“
Warum, sagte der Heilige, gieng ich doch in den
Wald und die Einöde? War es nicht, weil ich die
Menschen allzu sehr liebte?
Jetzt liebe ich Gott: die Menschen liebe ich nicht.
Der Mensch ist mir eine zu unvollkommene Sache.
Liebe zum Menschen würde mich umbringen.
Zarathustra antwortete: „Was sprach ich von
Liebe! Ich bringe den Menschen ein Geschenk.“
Gieb ihnen Nichts, sagte der Heilige. Nimm
ihnen lieber Etwas ab und trage es mit ihnen — das
wird ihnen am wohlsten thun: wenn es dir nur wohl¬
thut!
Und willst du ihnen geben, so gieb nicht mehr,
als ein Almosen, und lass sie noch darum betteln!
„Nein, antwortete Zarathustra, ich gebe kein Al¬
mosen. Dazu bin ich nicht arm genug.“
Der Heilige lachte über Zarathustra und sprach
also: So sieh zu, dass sie deine Schätze annehmen!
Sie sind misstrauisch gegen die Einsiedler und glauben
nicht, dass wir kommen, um zu schenken.
Unsre Schritte klingen ihnen zu einsam durch
die Gassen. Und wie wenn sie Nachts in ihren Betten
einen Mann gehen hören, lange bevor die Sonne auf¬
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Zitationshilfe: | Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra01_1883/13>, abgerufen am 05.07.2024. |