sein Amt gehindert ist, auch ein geistreicher Gesellschaf- ter zu seyn.
Der eigentliche Erziehungsunterricht für das weib- liche wie der für das männliche Geschlecht bleibt ohne- hin, wie schon erklärt worden, von jeder unmittelbaren Beziehung auf den bezeichneten Beruf des Weibes gänz- lich frei, und lediglich auf allgemeine freie Bildung zu beziehen. Dieselbe Forderung an die weibliche Bil- dung hat man auch in der neueren Zeit mehr unter uns geltend gemacht. Aber man hat leider die Mittel oft sehr unglücklich gewählt. Schon daß man als Zweck behandelte, was nur als Mittel hätte angewendet werden sollen, war höchst fehlerhaft. Daß man Uebung in den freien Künsten zu einem Hauptgegenstand des weiblichen Erziehungsunterrichts erhob, verdient an sich zwar keinen Tadel: daß man aber einen Haupt- zweck dieser Uebung darein setzte, daß die Weiber Künstlerinnen und Virtuosinnen seyn sollten, während man verständigerweise nur Erweckung des Kunstsinnes und Belebung des Kunstgeschmackes dabei hätte bezwe- cken sollen, hat zu den Ausartungen weiblicher Bildung geführt, die allerdings Tadel verdienen. Noch fehler- hafter aber hat man den weiblichen Erziehungsunterricht theils durch die Einführung der Schülerinnen in das wissenschaftliche Gebiet, theils durch die, dem weibli- chen Geiste widersprechende, Behandlung der wissenschaft- lichen Gegenstände gemacht. Man hat die Mädchen, nachdem man sie des Studiums der Hauswirthschaft, nicht nur (mit Recht) im Erziehungsunterricht, sondern
Anwendung der allgemeinen Grundſaͤtze ꝛc.
ſein Amt gehindert iſt, auch ein geiſtreicher Geſellſchaf- ter zu ſeyn.
Der eigentliche Erziehungsunterricht fuͤr das weib- liche wie der fuͤr das maͤnnliche Geſchlecht bleibt ohne- hin, wie ſchon erklaͤrt worden, von jeder unmittelbaren Beziehung auf den bezeichneten Beruf des Weibes gaͤnz- lich frei, und lediglich auf allgemeine freie Bildung zu beziehen. Dieſelbe Forderung an die weibliche Bil- dung hat man auch in der neueren Zeit mehr unter uns geltend gemacht. Aber man hat leider die Mittel oft ſehr ungluͤcklich gewaͤhlt. Schon daß man als Zweck behandelte, was nur als Mittel haͤtte angewendet werden ſollen, war hoͤchſt fehlerhaft. Daß man Uebung in den freien Kuͤnſten zu einem Hauptgegenſtand des weiblichen Erziehungsunterrichts erhob, verdient an ſich zwar keinen Tadel: daß man aber einen Haupt- zweck dieſer Uebung darein ſetzte, daß die Weiber Kuͤnſtlerinnen und Virtuoſinnen ſeyn ſollten, waͤhrend man verſtaͤndigerweiſe nur Erweckung des Kunſtſinnes und Belebung des Kunſtgeſchmackes dabei haͤtte bezwe- cken ſollen, hat zu den Ausartungen weiblicher Bildung gefuͤhrt, die allerdings Tadel verdienen. Noch fehler- hafter aber hat man den weiblichen Erziehungsunterricht theils durch die Einfuͤhrung der Schuͤlerinnen in das wiſſenſchaftliche Gebiet, theils durch die, dem weibli- chen Geiſte widerſprechende, Behandlung der wiſſenſchaft- lichen Gegenſtaͤnde gemacht. Man hat die Maͤdchen, nachdem man ſie des Studiums der Hauswirthſchaft, nicht nur (mit Recht) im Erziehungsunterricht, ſondern
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Anwendung der allgemeinen Grundſaͤtze ꝛc.
ſein Amt gehindert iſt, auch ein geiſtreicher Geſellſchaf-
ter zu ſeyn.
Der eigentliche Erziehungsunterricht fuͤr das weib-
liche wie der fuͤr das maͤnnliche Geſchlecht bleibt ohne-
hin, wie ſchon erklaͤrt worden, von jeder unmittelbaren
Beziehung auf den bezeichneten Beruf des Weibes gaͤnz-
lich frei, und lediglich auf allgemeine freie Bildung
zu beziehen. Dieſelbe Forderung an die weibliche Bil-
dung hat man auch in der neueren Zeit mehr unter uns
geltend gemacht. Aber man hat leider die Mittel oft
ſehr ungluͤcklich gewaͤhlt. Schon daß man als Zweck
behandelte, was nur als Mittel haͤtte angewendet
werden ſollen, war hoͤchſt fehlerhaft. Daß man Uebung
in den freien Kuͤnſten zu einem Hauptgegenſtand des
weiblichen Erziehungsunterrichts erhob, verdient an
ſich zwar keinen Tadel: daß man aber einen Haupt-
zweck dieſer Uebung darein ſetzte, daß die Weiber
Kuͤnſtlerinnen und Virtuoſinnen ſeyn ſollten, waͤhrend
man verſtaͤndigerweiſe nur Erweckung des Kunſtſinnes
und Belebung des Kunſtgeſchmackes dabei haͤtte bezwe-
cken ſollen, hat zu den Ausartungen weiblicher Bildung
gefuͤhrt, die allerdings Tadel verdienen. Noch fehler-
hafter aber hat man den weiblichen Erziehungsunterricht
theils durch die Einfuͤhrung der Schuͤlerinnen in das
wiſſenſchaftliche Gebiet, theils durch die, dem weibli-
chen Geiſte widerſprechende, Behandlung der wiſſenſchaft-
lichen Gegenſtaͤnde gemacht. Man hat die Maͤdchen,
nachdem man ſie des Studiums der Hauswirthſchaft,
nicht nur (mit Recht) im Erziehungsunterricht, ſondern
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Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niethammer_philantropinismus_1808/363>, abgerufen am 05.12.2024.
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