der Naturwelt, wie jener die inneren Gesetze der Gei- steswelt zu fassen und zu entwickeln: und wie jener die ideellen Gegenstände für die Speculation componirt, so hat dieser die materiellen Gegenstände für die Con- templation zu decomponiren, sie in Ideen aufzulösen; (worinn allein die rechte Kunst der Naturforschung sich bewährt.)
Wenn wir also die Geschäfte der Menschen auf Erden auch nur von dieser einen Seite der betrachtenden Geistesthätigkeit in Anschlag bringen, so zeigt sich doch schon, daß sie eine der Art nach verschiedne Uebung erfordern, und folglich auch der Erziehungsunterricht, inwiefern er die Lehr- linge zu ihrer Bestimmung auf Erden vorbereiten soll, nicht auf eine bloße Gradverschiedenheit berech- net werden dürfe.
Noch stärker aber tritt die Forderung einer Art- verschiedenheit in Absicht auf den Erziehungsun- terricht hervor, wenn wir die Geschäfte der Men- schen auf Erden von der andern Seite der hervorbringenden Geistesthätigkeit be- trachten.
Wer operativ die Naturkräfte auf bestimmte technische oder andre willkürliche Zwecke richten, sie zu größeren oder kleineren Absichten anwenden und ge- branchen will, der bedarf nicht nur eine von der con- templativen Ansicht ganz verschiedne Kenntniß der Au-
Anwendung der allgemeinen Grundſaͤtze ꝛc.
der Naturwelt, wie jener die inneren Geſetze der Gei- ſteswelt zu faſſen und zu entwickeln: und wie jener die ideellen Gegenſtaͤnde fuͤr die Speculation componirt, ſo hat dieſer die materiellen Gegenſtaͤnde fuͤr die Con- templation zu decomponiren, ſie in Ideen aufzuloͤſen; (worinn allein die rechte Kunſt der Naturforſchung ſich bewaͤhrt.)
Wenn wir alſo die Geſchaͤfte der Menſchen auf Erden auch nur von dieſer einen Seite der betrachtenden Geiſtesthaͤtigkeit in Anſchlag bringen, ſo zeigt ſich doch ſchon, daß ſie eine der Art nach verſchiedne Uebung erfordern, und folglich auch der Erziehungsunterricht, inwiefern er die Lehr- linge zu ihrer Beſtimmung auf Erden vorbereiten ſoll, nicht auf eine bloße Gradverſchiedenheit berech- net werden duͤrfe.
Noch ſtaͤrker aber tritt die Forderung einer Art- verſchiedenheit in Abſicht auf den Erziehungsun- terricht hervor, wenn wir die Geſchaͤfte der Men- ſchen auf Erden von der andern Seite der hervorbringenden Geiſtesthaͤtigkeit be- trachten.
Wer operativ die Naturkraͤfte auf beſtimmte techniſche oder andre willkuͤrliche Zwecke richten, ſie zu groͤßeren oder kleineren Abſichten anwenden und ge- branchen will, der bedarf nicht nur eine von der con- templativen Anſicht ganz verſchiedne Kenntniß der Au-
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Anwendung der allgemeinen Grundſaͤtze ꝛc.
der Naturwelt, wie jener die inneren Geſetze der Gei-
ſteswelt zu faſſen und zu entwickeln: und wie jener
die ideellen Gegenſtaͤnde fuͤr die Speculation componirt,
ſo hat dieſer die materiellen Gegenſtaͤnde fuͤr die Con-
templation zu decomponiren, ſie in Ideen aufzuloͤſen;
(worinn allein die rechte Kunſt der Naturforſchung ſich
bewaͤhrt.)
Wenn wir alſo die Geſchaͤfte der Menſchen
auf Erden auch nur von dieſer einen Seite der
betrachtenden Geiſtesthaͤtigkeit in Anſchlag
bringen, ſo zeigt ſich doch ſchon, daß ſie eine der
Art nach verſchiedne Uebung erfordern, und folglich
auch der Erziehungsunterricht, inwiefern er die Lehr-
linge zu ihrer Beſtimmung auf Erden vorbereiten ſoll,
nicht auf eine bloße Gradverſchiedenheit berech-
net werden duͤrfe.
Noch ſtaͤrker aber tritt die Forderung einer Art-
verſchiedenheit in Abſicht auf den Erziehungsun-
terricht hervor, wenn wir die Geſchaͤfte der Men-
ſchen auf Erden von der andern Seite der
hervorbringenden Geiſtesthaͤtigkeit be-
trachten.
Wer operativ die Naturkraͤfte auf beſtimmte
techniſche oder andre willkuͤrliche Zwecke richten, ſie zu
groͤßeren oder kleineren Abſichten anwenden und ge-
branchen will, der bedarf nicht nur eine von der con-
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Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niethammer_philantropinismus_1808/329>, abgerufen am 16.02.2025.
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