Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808.Von d. Grunds. d. Erziehungsunterr. im Allgem. unterricht schlechthin ausgeschlossen bleiben. Wirkönnen zwar eine Lehranstalt anlegen, in der wir alle Kenntnisse, die z. B. dem künftigen Handelsmann, Forstmann, Architekten, Chirurgen und jeder andern Art von Profession oder Gewerb nöthig oder nützlich seyn mögen, lehren lassen; und diese Anstalt kann eine sehr zweckmäßige, heilsame, dringenden Bedürfnissen angemessene seyn. Aber, was sie auch seyn mag, eine Erziehungsschule ist sie nicht. Es giebt nur zwei Arten von Schulen: Erziehungsschulen und Berufsschulen; und das unterscheidende Merkmal der erstern ist, daß sie sich ausschließend mit Men- schenbildung beschäftigen. Ist denn aber nicht schon durch die obige Erör- Vergessen wir nur nicht, daß in dem Obigen die Von dem Begriff der Menschenbildung Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem. unterricht ſchlechthin ausgeſchloſſen bleiben. Wirkoͤnnen zwar eine Lehranſtalt anlegen, in der wir alle Kenntniſſe, die z. B. dem kuͤnftigen Handelsmann, Forſtmann, Architekten, Chirurgen und jeder andern Art von Profeſſion oder Gewerb noͤthig oder nuͤtzlich ſeyn moͤgen, lehren laſſen; und dieſe Anſtalt kann eine ſehr zweckmaͤßige, heilſame, dringenden Beduͤrfniſſen angemeſſene ſeyn. Aber, was ſie auch ſeyn mag, eine Erziehungsſchule iſt ſie nicht. Es giebt nur zwei Arten von Schulen: Erziehungsſchulen und Berufsſchulen; und das unterſcheidende Merkmal der erſtern iſt, daß ſie ſich ausſchließend mit Men- ſchenbildung beſchaͤftigen. Iſt denn aber nicht ſchon durch die obige Eroͤr- Vergeſſen wir nur nicht, daß in dem Obigen die Von dem Begriff der Menſchenbildung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0201" n="189"/><fw place="top" type="header">Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem.</fw><lb/><hi rendition="#g">unterricht</hi> ſchlechthin ausgeſchloſſen bleiben. Wir<lb/> koͤnnen zwar eine Lehranſtalt anlegen, in der wir alle<lb/> Kenntniſſe, die z. B. dem kuͤnftigen Handelsmann,<lb/> Forſtmann, Architekten, Chirurgen und jeder andern<lb/> Art von Profeſſion oder Gewerb noͤthig oder nuͤtzlich<lb/> ſeyn moͤgen, lehren laſſen; und dieſe Anſtalt kann eine<lb/> ſehr zweckmaͤßige, heilſame, dringenden Beduͤrfniſſen<lb/> angemeſſene ſeyn. Aber, was ſie auch ſeyn mag, eine<lb/><hi rendition="#g">Erziehungsſchule</hi> iſt ſie nicht. Es giebt nur zwei<lb/> Arten von Schulen: <hi rendition="#g">Erziehungsſchulen</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Berufsſchulen</hi>; und das unterſcheidende Merkmal<lb/> der erſtern iſt, daß ſie ſich ausſchließend mit <hi rendition="#g">Men-<lb/> ſchenbildung</hi> beſchaͤftigen.</p><lb/> <p>Iſt denn aber nicht ſchon durch die obige Eroͤr-<lb/> terung ſelbſt beſtaͤtiget, daß die <hi rendition="#g">Menſchenbildung</hi><lb/> zu wenig Stoff zu Beſchaͤftigung der Lehrlinge auf eine<lb/> laͤngere Dauer der Erziehungsperiode anbiete?</p><lb/> <p>Vergeſſen wir nur nicht, daß in dem Obigen die<lb/> Rede allein von <hi rendition="#g">Vernunftbildung</hi> war, welche<lb/> nicht <hi rendition="#g">die ganze Menſchenbildung</hi>, obgleich das<lb/> erſte weſentliche Erforderniß und ein Haupttheil der-<lb/> ſelben iſt. Darinn eben liegt die Taͤuſchung, die durch<lb/> eine ſchaͤrfere Unterſcheidung des Begriffs von <hi rendition="#g">Men-<lb/> ſchenbildung</hi> gehoben werden muß.</p><lb/> <p>Von dem Begriff der <hi rendition="#g">Menſchenbildung</hi><lb/> finden zwei Hauptanſichten ſtatt, jenachdem man dabei<lb/> entweder nur das <hi rendition="#g">Grundmerkmal</hi> oder das<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [189/0201]
Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem.
unterricht ſchlechthin ausgeſchloſſen bleiben. Wir
koͤnnen zwar eine Lehranſtalt anlegen, in der wir alle
Kenntniſſe, die z. B. dem kuͤnftigen Handelsmann,
Forſtmann, Architekten, Chirurgen und jeder andern
Art von Profeſſion oder Gewerb noͤthig oder nuͤtzlich
ſeyn moͤgen, lehren laſſen; und dieſe Anſtalt kann eine
ſehr zweckmaͤßige, heilſame, dringenden Beduͤrfniſſen
angemeſſene ſeyn. Aber, was ſie auch ſeyn mag, eine
Erziehungsſchule iſt ſie nicht. Es giebt nur zwei
Arten von Schulen: Erziehungsſchulen und
Berufsſchulen; und das unterſcheidende Merkmal
der erſtern iſt, daß ſie ſich ausſchließend mit Men-
ſchenbildung beſchaͤftigen.
Iſt denn aber nicht ſchon durch die obige Eroͤr-
terung ſelbſt beſtaͤtiget, daß die Menſchenbildung
zu wenig Stoff zu Beſchaͤftigung der Lehrlinge auf eine
laͤngere Dauer der Erziehungsperiode anbiete?
Vergeſſen wir nur nicht, daß in dem Obigen die
Rede allein von Vernunftbildung war, welche
nicht die ganze Menſchenbildung, obgleich das
erſte weſentliche Erforderniß und ein Haupttheil der-
ſelben iſt. Darinn eben liegt die Taͤuſchung, die durch
eine ſchaͤrfere Unterſcheidung des Begriffs von Men-
ſchenbildung gehoben werden muß.
Von dem Begriff der Menſchenbildung
finden zwei Hauptanſichten ſtatt, jenachdem man dabei
entweder nur das Grundmerkmal oder das
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |