nisse verborgen, die auf Theorie und Praxis des Un- terrichts einen nachtheiligen Einfluß haben, wenn sie unaufgedeckt umgangen werden.
Selbst in Absicht auf die Realien, deren Be- stimmung keiner großen Vieldeutigkeit oder Unbestimmt- heit zu unterliegen scheint, wenn man sie, im reinen Gegensatz gegen das Geistige, als das Ausge- dehnte, Räumliche, Materielle betrachtet, findet doch eine verkehrte Ansicht und Anwendung im Unter- richt statt, indem (durch den Gegensatz) die Gegen- stände der materiellen Welt bloß atomistisch als eine zertheilte Masse vorgestellt, und weder von dem innern Leben der einzelnen Körper, von ihrem dynamischen Seyn, noch von ihrem vereinigten Seyn durch Wech- selwirkung die rechte Ansicht gefaßt, und noch viel weniger auf die höhere Bedeutung der materiellen Natur Rücksicht genommen wird, daß sie als eine Erscheinungsart der Idee betrachtet werden kann, in welcher eben so, wie in der geistigen Natur, das diesen beiden gemeinschaftliche Dritte Höhere geoffen- bart ist. In dieser letztern Rücksicht gefaßt und behan- delt, wäre auch die materielle Welt ein zur Ver- nunftbildung ganz geeigneter Gegenstand, Aber, nimmt der Philanthropinismus wohl diese Ansicht von den Realien, die er fordert? Und wären sie dann für den Erziehungsunterricht zu gebrauchen?
Bei weitem größer aber ist die Unbestimmtheit in Absicht auf die Idealien im Unterricht, indem sich
Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem.
niſſe verborgen, die auf Theorie und Praxis des Un- terrichts einen nachtheiligen Einfluß haben, wenn ſie unaufgedeckt umgangen werden.
Selbſt in Abſicht auf die Realien, deren Be- ſtimmung keiner großen Vieldeutigkeit oder Unbeſtimmt- heit zu unterliegen ſcheint, wenn man ſie, im reinen Gegenſatz gegen das Geiſtige, als das Ausge- dehnte, Raͤumliche, Materielle betrachtet, findet doch eine verkehrte Anſicht und Anwendung im Unter- richt ſtatt, indem (durch den Gegenſatz) die Gegen- ſtaͤnde der materiellen Welt bloß atomiſtiſch als eine zertheilte Maſſe vorgeſtellt, und weder von dem innern Leben der einzelnen Koͤrper, von ihrem dynamiſchen Seyn, noch von ihrem vereinigten Seyn durch Wech- ſelwirkung die rechte Anſicht gefaßt, und noch viel weniger auf die hoͤhere Bedeutung der materiellen Natur Ruͤckſicht genommen wird, daß ſie als eine Erſcheinungsart der Idee betrachtet werden kann, in welcher eben ſo, wie in der geiſtigen Natur, das dieſen beiden gemeinſchaftliche Dritte Hoͤhere geoffen- bart iſt. In dieſer letztern Ruͤckſicht gefaßt und behan- delt, waͤre auch die materielle Welt ein zur Ver- nunftbildung ganz geeigneter Gegenſtand, Aber, nimmt der Philanthropiniſmus wohl dieſe Anſicht von den Realien, die er fordert? Und waͤren ſie dann fuͤr den Erziehungsunterricht zu gebrauchen?
Bei weitem groͤßer aber iſt die Unbeſtimmtheit in Abſicht auf die Idealien im Unterricht, indem ſich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><p><pbfacs="#f0179"n="167"/><fwplace="top"type="header">Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem.</fw><lb/>
niſſe verborgen, die auf Theorie und Praxis des Un-<lb/>
terrichts einen nachtheiligen Einfluß haben, wenn ſie<lb/>
unaufgedeckt umgangen werden.</p><lb/><p>Selbſt in Abſicht auf die <hirendition="#g">Realien</hi>, deren Be-<lb/>ſtimmung keiner großen Vieldeutigkeit oder Unbeſtimmt-<lb/>
heit zu unterliegen ſcheint, wenn man ſie, im reinen<lb/>
Gegenſatz gegen das <hirendition="#g">Geiſtige</hi>, als das <hirendition="#g">Ausge-<lb/>
dehnte, Raͤumliche, Materielle</hi> betrachtet, findet<lb/>
doch eine verkehrte Anſicht und Anwendung im Unter-<lb/>
richt ſtatt, indem (durch den Gegenſatz) die Gegen-<lb/>ſtaͤnde der materiellen Welt bloß atomiſtiſch als eine<lb/>
zertheilte Maſſe vorgeſtellt, und weder von dem innern<lb/>
Leben der einzelnen Koͤrper, von ihrem dynamiſchen<lb/>
Seyn, noch von ihrem vereinigten Seyn durch Wech-<lb/>ſelwirkung die rechte Anſicht gefaßt, und noch viel<lb/>
weniger auf die hoͤhere Bedeutung der <hirendition="#g">materiellen<lb/>
Natur</hi> Ruͤckſicht genommen wird, daß ſie als eine<lb/>
Erſcheinungsart der Idee betrachtet werden kann, in<lb/>
welcher eben ſo, wie in der <hirendition="#g">geiſtigen Natur</hi>, das<lb/>
dieſen beiden gemeinſchaftliche Dritte Hoͤhere geoffen-<lb/>
bart iſt. In dieſer letztern Ruͤckſicht gefaßt und behan-<lb/>
delt, waͤre auch die <hirendition="#g">materielle Welt</hi> ein zur <hirendition="#g">Ver-<lb/>
nunftbildung</hi> ganz geeigneter Gegenſtand, Aber,<lb/>
nimmt der Philanthropiniſmus wohl dieſe Anſicht von<lb/>
den <hirendition="#g">Realien</hi>, die er fordert? Und waͤren ſie dann<lb/>
fuͤr den Erziehungsunterricht zu gebrauchen?</p><lb/><p>Bei weitem groͤßer aber iſt die Unbeſtimmtheit in<lb/>
Abſicht auf die <hirendition="#g">Idealien</hi> im Unterricht, indem ſich<lb/></p></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[167/0179]
Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem.
niſſe verborgen, die auf Theorie und Praxis des Un-
terrichts einen nachtheiligen Einfluß haben, wenn ſie
unaufgedeckt umgangen werden.
Selbſt in Abſicht auf die Realien, deren Be-
ſtimmung keiner großen Vieldeutigkeit oder Unbeſtimmt-
heit zu unterliegen ſcheint, wenn man ſie, im reinen
Gegenſatz gegen das Geiſtige, als das Ausge-
dehnte, Raͤumliche, Materielle betrachtet, findet
doch eine verkehrte Anſicht und Anwendung im Unter-
richt ſtatt, indem (durch den Gegenſatz) die Gegen-
ſtaͤnde der materiellen Welt bloß atomiſtiſch als eine
zertheilte Maſſe vorgeſtellt, und weder von dem innern
Leben der einzelnen Koͤrper, von ihrem dynamiſchen
Seyn, noch von ihrem vereinigten Seyn durch Wech-
ſelwirkung die rechte Anſicht gefaßt, und noch viel
weniger auf die hoͤhere Bedeutung der materiellen
Natur Ruͤckſicht genommen wird, daß ſie als eine
Erſcheinungsart der Idee betrachtet werden kann, in
welcher eben ſo, wie in der geiſtigen Natur, das
dieſen beiden gemeinſchaftliche Dritte Hoͤhere geoffen-
bart iſt. In dieſer letztern Ruͤckſicht gefaßt und behan-
delt, waͤre auch die materielle Welt ein zur Ver-
nunftbildung ganz geeigneter Gegenſtand, Aber,
nimmt der Philanthropiniſmus wohl dieſe Anſicht von
den Realien, die er fordert? Und waͤren ſie dann
fuͤr den Erziehungsunterricht zu gebrauchen?
Bei weitem groͤßer aber iſt die Unbeſtimmtheit in
Abſicht auf die Idealien im Unterricht, indem ſich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niethammer_philantropinismus_1808/179>, abgerufen am 29.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.