Noch ein anderer Unterschied aber in Rücksicht der Quantität der Unterrichtsgegenstände kömmt zum Vor- schein, wenn man auf die zweite Differenz über den Zweck des Erziehungsunterrichts sein Augenmerk richtet; wiefern entweder bloß auf formelle oder bloß auf mate- rielle Bildung des Geistes gesehen wird.
Kömmt es auch bloß auf formelle Bildung des Geistes an, so scheint doch die Zahl der Unterrichtsge- genstände, selbst wenn man dabei bloß die Bildung des Menschen als Menschen im Auge hat, nicht ge- ring seyn zu können, wenn nicht abermals der Vor- wurf statt finden soll, daß der Erziehungsunterricht zur Einseitigkeit führe; denn vielseitig kann die Bil- dung an einförmigem Uebungsstoff und einartigen Lehrgegenständen doch nicht wohl werden. Fürs erste aber scheint es in der That nur so; denn warum sollte nicht vielseitige Betrachtung Eines Gegenstandes ebenfalls zu einer vielseitigen Bildung führen? und umgekehrt, wie sollte die Betrachtung vieler Gegenstände, die aus Mangel an Zeit einseitig werden muß, eine vielseitige Bildung begründen können? Fürs zweite, wenn gleichwohl zugestanden werden muß, daß die Bildung des Geistes durch Un- terricht einen größeren Umfang von Gegenständen erfor- dere, so folgt daraus noch lange nicht die Nothwen- digkeit einer ungemessenen Vermehrung derselben; viel- mehr kann es vollkommen hinreichend seyn, nur einige der verschiedensten Arten von Gegenständen zu wählen, um durch deren Diversität den Geist in den am meisten
Dritter Abſchnitt.
Noch ein anderer Unterſchied aber in Ruͤckſicht der Quantitaͤt der Unterrichtsgegenſtaͤnde koͤmmt zum Vor- ſchein, wenn man auf die zweite Differenz uͤber den Zweck des Erziehungsunterrichts ſein Augenmerk richtet; wiefern entweder bloß auf formelle oder bloß auf mate- rielle Bildung des Geiſtes geſehen wird.
Koͤmmt es auch bloß auf formelle Bildung des Geiſtes an, ſo ſcheint doch die Zahl der Unterrichtsge- genſtaͤnde, ſelbſt wenn man dabei bloß die Bildung des Menſchen als Menſchen im Auge hat, nicht ge- ring ſeyn zu koͤnnen, wenn nicht abermals der Vor- wurf ſtatt finden ſoll, daß der Erziehungsunterricht zur Einſeitigkeit fuͤhre; denn vielſeitig kann die Bil- dung an einfoͤrmigem Uebungsſtoff und einartigen Lehrgegenſtaͤnden doch nicht wohl werden. Fuͤrs erſte aber ſcheint es in der That nur ſo; denn warum ſollte nicht vielſeitige Betrachtung Eines Gegenſtandes ebenfalls zu einer vielſeitigen Bildung fuͤhren? und umgekehrt, wie ſollte die Betrachtung vieler Gegenſtaͤnde, die aus Mangel an Zeit einſeitig werden muß, eine vielſeitige Bildung begruͤnden koͤnnen? Fuͤrs zweite, wenn gleichwohl zugeſtanden werden muß, daß die Bildung des Geiſtes durch Un- terricht einen groͤßeren Umfang von Gegenſtaͤnden erfor- dere, ſo folgt daraus noch lange nicht die Nothwen- digkeit einer ungemeſſenen Vermehrung derſelben; viel- mehr kann es vollkommen hinreichend ſeyn, nur einige der verſchiedenſten Arten von Gegenſtaͤnden zu waͤhlen, um durch deren Diverſitaͤt den Geiſt in den am meiſten
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Dritter Abſchnitt.
Noch ein anderer Unterſchied aber in Ruͤckſicht der
Quantitaͤt der Unterrichtsgegenſtaͤnde koͤmmt zum Vor-
ſchein, wenn man auf die zweite Differenz uͤber den
Zweck des Erziehungsunterrichts ſein Augenmerk richtet;
wiefern entweder bloß auf formelle oder bloß auf mate-
rielle Bildung des Geiſtes geſehen wird.
Koͤmmt es auch bloß auf formelle Bildung des
Geiſtes an, ſo ſcheint doch die Zahl der Unterrichtsge-
genſtaͤnde, ſelbſt wenn man dabei bloß die Bildung
des Menſchen als Menſchen im Auge hat, nicht ge-
ring ſeyn zu koͤnnen, wenn nicht abermals der Vor-
wurf ſtatt finden ſoll, daß der Erziehungsunterricht zur
Einſeitigkeit fuͤhre; denn vielſeitig kann die Bil-
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Lehrgegenſtaͤnden doch nicht wohl werden. Fuͤrs erſte aber
ſcheint es in der That nur ſo; denn warum ſollte
nicht vielſeitige Betrachtung Eines Gegenſtandes
ebenfalls zu einer vielſeitigen Bildung fuͤhren?
und umgekehrt, wie ſollte die Betrachtung vieler
Gegenſtaͤnde, die aus Mangel an Zeit einſeitig
werden muß, eine vielſeitige Bildung begruͤnden
koͤnnen? Fuͤrs zweite, wenn gleichwohl zugeſtanden
werden muß, daß die Bildung des Geiſtes durch Un-
terricht einen groͤßeren Umfang von Gegenſtaͤnden erfor-
dere, ſo folgt daraus noch lange nicht die Nothwen-
digkeit einer ungemeſſenen Vermehrung derſelben; viel-
mehr kann es vollkommen hinreichend ſeyn, nur einige
der verſchiedenſten Arten von Gegenſtaͤnden zu waͤhlen,
um durch deren Diverſitaͤt den Geiſt in den am meiſten
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Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niethammer_philantropinismus_1808/172>, abgerufen am 24.11.2024.
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