Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite
Von d. Grunds. d. Erziehungsunterr. im Allgem.
a.
Von den Unterrichtsgegenständen.
1.

Die erste Hauptdifferenz zwischen Humanismus und
Philanthropinismus in Absicht auf die Gegenstände des
Unterrichts betrifft die Zahl derselben.

Nach der althergebrachten Weise des Humanismus
war der Erziehungsunterricht auf sehr wenige Gegen-
stände beschränkt. Nicht nur für die Volksbil-
dung
begnügte man sich mit Lesen, Schreiben,
Rechnen und Religion
, sondern auch selbst für
die Gelehrtenbildung
forderte man kaum etwas
mehr als eine vertrautere Bekanntschaft mit den Spra-
chen und der Geschichte Latiums und Grä-
ciens
. Diese Beschränkung des Umfangs der Unter-
richtsgegenstände mag wohl zum Theil von der Be-
schränktheit hergekommen seyn, in welcher der ganze
Zustand des Wissens und der Gelehrsamkeit überhaupt
noch bei unsern Vorältern sich befand, und von dem
beschränkten Ideale, nach welchem man die Vollen-
dung der Bildung in jenen früheren Zeiten maß; so
wie späterhin die Bequemlichkeit des Schlendrians das
Ihrige beigetragen haben mag, jene Beschränkung zu
erhalten. Allein es ist doch auf der anderen Seite
nicht zu mißkennen, daß sich dieselbe Beschränkung des
Umfangs der Unterrichtsgegenstände auch als eine frei-
willige, auf den ganz verständigen Grund gebaut,
denken läßt, der in der Maxime ausgedrückt ist:

Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem.
a.
Von den Unterrichtsgegenſtaͤnden.
1.

Die erſte Hauptdifferenz zwiſchen Humaniſmus und
Philanthropiniſmus in Abſicht auf die Gegenſtaͤnde des
Unterrichts betrifft die Zahl derſelben.

Nach der althergebrachten Weiſe des Humaniſmus
war der Erziehungsunterricht auf ſehr wenige Gegen-
ſtaͤnde beſchraͤnkt. Nicht nur fuͤr die Volksbil-
dung
begnuͤgte man ſich mit Leſen, Schreiben,
Rechnen und Religion
, ſondern auch ſelbſt fuͤr
die Gelehrtenbildung
forderte man kaum etwas
mehr als eine vertrautere Bekanntſchaft mit den Spra-
chen und der Geſchichte Latiums und Graͤ-
ciens
. Dieſe Beſchraͤnkung des Umfangs der Unter-
richtsgegenſtaͤnde mag wohl zum Theil von der Be-
ſchraͤnktheit hergekommen ſeyn, in welcher der ganze
Zuſtand des Wiſſens und der Gelehrſamkeit uͤberhaupt
noch bei unſern Voraͤltern ſich befand, und von dem
beſchraͤnkten Ideale, nach welchem man die Vollen-
dung der Bildung in jenen fruͤheren Zeiten maß; ſo
wie ſpaͤterhin die Bequemlichkeit des Schlendrians das
Ihrige beigetragen haben mag, jene Beſchraͤnkung zu
erhalten. Allein es iſt doch auf der anderen Seite
nicht zu mißkennen, daß ſich dieſelbe Beſchraͤnkung des
Umfangs der Unterrichtsgegenſtaͤnde auch als eine frei-
willige, auf den ganz verſtaͤndigen Grund gebaut,
denken laͤßt, der in der Maxime ausgedruͤckt iſt:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0149" n="137"/>
              <fw place="top" type="header">Von d. Grund&#x017F;. d. Erziehungsunterr. im Allgem.</fw><lb/>
              <div n="5">
                <head><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a.</hi></hi><lb/><hi rendition="#g">Von den Unterrichtsgegen&#x017F;ta&#x0364;nden</hi>.</head><lb/>
                <div n="6">
                  <head>1.</head><lb/>
                  <p>Die er&#x017F;te Hauptdifferenz zwi&#x017F;chen Humani&#x017F;mus und<lb/>
Philanthropini&#x017F;mus in Ab&#x017F;icht auf die Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde des<lb/>
Unterrichts betrifft <hi rendition="#g">die Zahl</hi> der&#x017F;elben.</p><lb/>
                  <p>Nach der althergebrachten Wei&#x017F;e des Humani&#x017F;mus<lb/>
war der Erziehungsunterricht auf &#x017F;ehr wenige Gegen-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nde be&#x017F;chra&#x0364;nkt. Nicht nur <hi rendition="#g">fu&#x0364;r die Volksbil-<lb/>
dung</hi> begnu&#x0364;gte man &#x017F;ich mit <hi rendition="#g">Le&#x017F;en, Schreiben,<lb/>
Rechnen und Religion</hi>, &#x017F;ondern auch &#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#g">fu&#x0364;r<lb/>
die Gelehrtenbildung</hi> forderte man kaum etwas<lb/>
mehr als eine vertrautere Bekannt&#x017F;chaft mit den <hi rendition="#g">Spra-<lb/>
chen und der Ge&#x017F;chichte Latiums und Gra&#x0364;-<lb/>
ciens</hi>. Die&#x017F;e Be&#x017F;chra&#x0364;nkung des Umfangs der Unter-<lb/>
richtsgegen&#x017F;ta&#x0364;nde mag wohl zum Theil von der Be-<lb/>
&#x017F;chra&#x0364;nktheit hergekommen &#x017F;eyn, in welcher der ganze<lb/>
Zu&#x017F;tand des Wi&#x017F;&#x017F;ens und der Gelehr&#x017F;amkeit u&#x0364;berhaupt<lb/>
noch bei un&#x017F;ern Vora&#x0364;ltern &#x017F;ich befand, und von dem<lb/>
be&#x017F;chra&#x0364;nkten Ideale, nach welchem man die Vollen-<lb/>
dung der Bildung in jenen fru&#x0364;heren Zeiten maß; &#x017F;o<lb/>
wie &#x017F;pa&#x0364;terhin die Bequemlichkeit des Schlendrians das<lb/>
Ihrige beigetragen haben mag, jene Be&#x017F;chra&#x0364;nkung zu<lb/>
erhalten. Allein es i&#x017F;t doch auf der anderen Seite<lb/>
nicht zu mißkennen, daß &#x017F;ich die&#x017F;elbe Be&#x017F;chra&#x0364;nkung des<lb/>
Umfangs der Unterrichtsgegen&#x017F;ta&#x0364;nde auch als eine frei-<lb/>
willige, auf den ganz ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen Grund gebaut,<lb/>
denken la&#x0364;ßt, der in der Maxime ausgedru&#x0364;ckt i&#x017F;t:<lb/></p>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0149] Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem. a. Von den Unterrichtsgegenſtaͤnden. 1. Die erſte Hauptdifferenz zwiſchen Humaniſmus und Philanthropiniſmus in Abſicht auf die Gegenſtaͤnde des Unterrichts betrifft die Zahl derſelben. Nach der althergebrachten Weiſe des Humaniſmus war der Erziehungsunterricht auf ſehr wenige Gegen- ſtaͤnde beſchraͤnkt. Nicht nur fuͤr die Volksbil- dung begnuͤgte man ſich mit Leſen, Schreiben, Rechnen und Religion, ſondern auch ſelbſt fuͤr die Gelehrtenbildung forderte man kaum etwas mehr als eine vertrautere Bekanntſchaft mit den Spra- chen und der Geſchichte Latiums und Graͤ- ciens. Dieſe Beſchraͤnkung des Umfangs der Unter- richtsgegenſtaͤnde mag wohl zum Theil von der Be- ſchraͤnktheit hergekommen ſeyn, in welcher der ganze Zuſtand des Wiſſens und der Gelehrſamkeit uͤberhaupt noch bei unſern Voraͤltern ſich befand, und von dem beſchraͤnkten Ideale, nach welchem man die Vollen- dung der Bildung in jenen fruͤheren Zeiten maß; ſo wie ſpaͤterhin die Bequemlichkeit des Schlendrians das Ihrige beigetragen haben mag, jene Beſchraͤnkung zu erhalten. Allein es iſt doch auf der anderen Seite nicht zu mißkennen, daß ſich dieſelbe Beſchraͤnkung des Umfangs der Unterrichtsgegenſtaͤnde auch als eine frei- willige, auf den ganz verſtaͤndigen Grund gebaut, denken laͤßt, der in der Maxime ausgedruͤckt iſt:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niethammer_philantropinismus_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niethammer_philantropinismus_1808/149
Zitationshilfe: Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niethammer_philantropinismus_1808/149>, abgerufen am 22.12.2024.