tung gewürdiget, so werden doch selbst die Anhänger dieses Systems das große Gewicht, das die Gegen- gründe des Humanismus haben, nicht abläugnen kön- nen, und anerkennen müssen, daß auf die Forderungen des letzteren nothwendig Rücksicht zu nehmen sey.
Aber, eben indem man die Extreme verläßt und eine als nothwendig anerkannte Vereinigung derselben versucht, erhebt sich der Streit über das Princip der Vereinigung von neuem. Wie soll die Vereinigung der entgegengesetzten Forderungen in dem Erziehungs- unterricht geschehen? Wie viel von jedem der bei- den Extreme soll aufgenommen werden? von beiden gleich viel? oder von welchem mehr, von welchem weniger?
Eine Auflösung dieses Problems, die in der obigen Darstellung des Gegensatzes angedeutet ist, kann hier wenigstens berührt werden. Wenn wir das Menschen- geschlecht nach der zweifachen Hauptverschiedenheit der Berufsbestimmung auf Erden getheilt betrachten, so scheint die natürlichste Auflösung des Streites, daß man dem Humanismus die Gelehrten, dem Philanthropinismus die Gewerbsleute zu- weise, indem jenen das geistige Gebiet der Innenwelt zur Contemplation, diesen hingegen das materielle Ge- biet der Außenwelt zur Praxis ohnehin angehöre. Da diese Abtheilung durch den gesellschaftlichen Verein der Menschen selbst nothwendig gemacht und in den bür- gerlichen Verhältnissen unsrer Staaten durchaus einge-
Dritter Abſchnitt.
tung gewuͤrdiget, ſo werden doch ſelbſt die Anhaͤnger dieſes Syſtems das große Gewicht, das die Gegen- gruͤnde des Humaniſmus haben, nicht ablaͤugnen koͤn- nen, und anerkennen muͤſſen, daß auf die Forderungen des letzteren nothwendig Ruͤckſicht zu nehmen ſey.
Aber, eben indem man die Extreme verlaͤßt und eine als nothwendig anerkannte Vereinigung derſelben verſucht, erhebt ſich der Streit uͤber das Princip der Vereinigung von neuem. Wie ſoll die Vereinigung der entgegengeſetzten Forderungen in dem Erziehungs- unterricht geſchehen? Wie viel von jedem der bei- den Extreme ſoll aufgenommen werden? von beiden gleich viel? oder von welchem mehr, von welchem weniger?
Eine Aufloͤſung dieſes Problems, die in der obigen Darſtellung des Gegenſatzes angedeutet iſt, kann hier wenigſtens beruͤhrt werden. Wenn wir das Menſchen- geſchlecht nach der zweifachen Hauptverſchiedenheit der Berufsbeſtimmung auf Erden getheilt betrachten, ſo ſcheint die natuͤrlichſte Aufloͤſung des Streites, daß man dem Humaniſmus die Gelehrten, dem Philanthropiniſmus die Gewerbsleute zu- weiſe, indem jenen das geiſtige Gebiet der Innenwelt zur Contemplation, dieſen hingegen das materielle Ge- biet der Außenwelt zur Praxis ohnehin angehoͤre. Da dieſe Abtheilung durch den geſellſchaftlichen Verein der Menſchen ſelbſt nothwendig gemacht und in den buͤr- gerlichen Verhaͤltniſſen unſrer Staaten durchaus einge-
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Dritter Abſchnitt.
tung gewuͤrdiget, ſo werden doch ſelbſt die Anhaͤnger
dieſes Syſtems das große Gewicht, das die Gegen-
gruͤnde des Humaniſmus haben, nicht ablaͤugnen koͤn-
nen, und anerkennen muͤſſen, daß auf die Forderungen
des letzteren nothwendig Ruͤckſicht zu nehmen ſey.
Aber, eben indem man die Extreme verlaͤßt und
eine als nothwendig anerkannte Vereinigung derſelben
verſucht, erhebt ſich der Streit uͤber das Princip der
Vereinigung von neuem. Wie ſoll die Vereinigung
der entgegengeſetzten Forderungen in dem Erziehungs-
unterricht geſchehen? Wie viel von jedem der bei-
den Extreme ſoll aufgenommen werden? von beiden
gleich viel? oder von welchem mehr, von welchem
weniger?
Eine Aufloͤſung dieſes Problems, die in der obigen
Darſtellung des Gegenſatzes angedeutet iſt, kann hier
wenigſtens beruͤhrt werden. Wenn wir das Menſchen-
geſchlecht nach der zweifachen Hauptverſchiedenheit der
Berufsbeſtimmung auf Erden getheilt betrachten, ſo
ſcheint die natuͤrlichſte Aufloͤſung des Streites, daß
man dem Humaniſmus die Gelehrten, dem
Philanthropiniſmus die Gewerbsleute zu-
weiſe, indem jenen das geiſtige Gebiet der Innenwelt
zur Contemplation, dieſen hingegen das materielle Ge-
biet der Außenwelt zur Praxis ohnehin angehoͤre. Da
dieſe Abtheilung durch den geſellſchaftlichen Verein der
Menſchen ſelbſt nothwendig gemacht und in den buͤr-
gerlichen Verhaͤltniſſen unſrer Staaten durchaus einge-
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Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niethammer_philantropinismus_1808/138>, abgerufen am 16.07.2024.
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