Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808.Dritter Abschnitt. sondern in der Frage: welcher von beiden in dem Er-ziehungsunterricht als der primäre behandelt wer- den solle? Nach dieser Ansicht von dem Verhältniß der beiden Dritter Abſchnitt. ſondern in der Frage: welcher von beiden in dem Er-ziehungsunterricht als der primaͤre behandelt wer- den ſolle? Nach dieſer Anſicht von dem Verhaͤltniß der beiden <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0128" n="116"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dritter Abſchnitt</hi>.</fw><lb/> ſondern in der Frage: welcher von beiden in dem Er-<lb/> ziehungsunterricht als <hi rendition="#g">der primaͤre</hi> behandelt wer-<lb/> den ſolle?</p><lb/> <p>Nach dieſer Anſicht von dem Verhaͤltniß der beiden<lb/> Unterrichtszwecke entſteht die in der That verſchiedne<lb/> zweifache Beſtimmung des Erziehungsunterrichts: wird<lb/> die <hi rendition="#g">Bildung des Geiſtes</hi> als der <hi rendition="#g">primaͤre Zweck</hi><lb/> angenommen, ſo ſind die Unterrichtsgegenſtaͤnde nur<lb/> als Mittel zu betrachten; iſt aber die <hi rendition="#g">Erwerbung<lb/> beſtimmter Kenntniſſe</hi> als der <hi rendition="#g">primaͤre Zweck</hi><lb/> anzuſehen, ſo iſt die Uebung des Geiſtes nur Mittel.<lb/> Im erſtern Falle wird <hi rendition="#g">die Wahl der Unterrichts-<lb/> gegenſtaͤnde</hi> lediglich nach der Tauglichkeit derſelben<lb/> zu der beabſichtigten Geiſtesbildung beſtimmt: es wer-<lb/> den aus dem ganzen Umfang der Erkenntnißgegenſtaͤnde<lb/> nur diejenigen und nur ſo viele auserleſen, als den<lb/> Forderungen der bezweckten Geiſtesuͤbung angemeſſen<lb/> ſcheint; ohne alle Ruͤckſicht darauf, ob dieſe Erkennt-<lb/> nißgegenſtaͤnde dem Lehrling auch noch ſonſt zu etwas<lb/> nuͤtz, oder ob ihm nicht zu anderen Zwecken andre<lb/> Erkenntnißgegenſtaͤnde noch weit noͤthiger ſeyn moͤchten.<lb/> Im andern Falle hingegen muß entweder <hi rendition="#g">die Wahl<lb/> der Unterrichtsgegenſtaͤnde</hi> auf <hi rendition="#g">den ganzen<lb/> Umkreis der Erkenntniß</hi> ausgedehnt werden,<lb/> weil Alles wiſſenswuͤrdig iſt; — wie denn auch der<lb/> modernſte Philanthropiniſmus in ſeiner ſyſtematiſchen<lb/> Vollendung in dieſes Labyrinth gerathen iſt, aus dem<lb/> er, da keine ſchuͤtzende Ariadne einen leitenden Faden<lb/> reichen wollte, keine andre Rettung fand, als ſich in<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [116/0128]
Dritter Abſchnitt.
ſondern in der Frage: welcher von beiden in dem Er-
ziehungsunterricht als der primaͤre behandelt wer-
den ſolle?
Nach dieſer Anſicht von dem Verhaͤltniß der beiden
Unterrichtszwecke entſteht die in der That verſchiedne
zweifache Beſtimmung des Erziehungsunterrichts: wird
die Bildung des Geiſtes als der primaͤre Zweck
angenommen, ſo ſind die Unterrichtsgegenſtaͤnde nur
als Mittel zu betrachten; iſt aber die Erwerbung
beſtimmter Kenntniſſe als der primaͤre Zweck
anzuſehen, ſo iſt die Uebung des Geiſtes nur Mittel.
Im erſtern Falle wird die Wahl der Unterrichts-
gegenſtaͤnde lediglich nach der Tauglichkeit derſelben
zu der beabſichtigten Geiſtesbildung beſtimmt: es wer-
den aus dem ganzen Umfang der Erkenntnißgegenſtaͤnde
nur diejenigen und nur ſo viele auserleſen, als den
Forderungen der bezweckten Geiſtesuͤbung angemeſſen
ſcheint; ohne alle Ruͤckſicht darauf, ob dieſe Erkennt-
nißgegenſtaͤnde dem Lehrling auch noch ſonſt zu etwas
nuͤtz, oder ob ihm nicht zu anderen Zwecken andre
Erkenntnißgegenſtaͤnde noch weit noͤthiger ſeyn moͤchten.
Im andern Falle hingegen muß entweder die Wahl
der Unterrichtsgegenſtaͤnde auf den ganzen
Umkreis der Erkenntniß ausgedehnt werden,
weil Alles wiſſenswuͤrdig iſt; — wie denn auch der
modernſte Philanthropiniſmus in ſeiner ſyſtematiſchen
Vollendung in dieſes Labyrinth gerathen iſt, aus dem
er, da keine ſchuͤtzende Ariadne einen leitenden Faden
reichen wollte, keine andre Rettung fand, als ſich in
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