zerstören, dieses sie fördern und wiederherstellen; jenes verwunden und tödten, dieses heilen und le- bendig machen kann, -- was müssen tausend und wieder tausend Worte vermögen! Laßt uns das Bild dessen, dem diese ernsthafte Betrachtung vor- schwebt, mit dem, dem es vielleicht nie einfällt, daß wir auch von unsern Worten Rechenschaft ge- ben sollen, vergleichen! Jener redet immer mit Ueberlegung und guten Absichten; ergreift alle schickliche Gelegenheiten, itzt einen Unwissenden oder Jrrenden zu belehren; dann einen andern, der böse Gewohnheiten und Fehler an sich hat, zu warnen; itzt einem Traurigen Trost, nun einem Verzagten Muth einzusprechen; itzt die Sache der Unschuld, die Sache des Nothleidenden, der Witwen und Waisen, dann die Sache der Religion und Tugend zu empfehlen und zu vertheidigen; itzt seine guten Einsichten von den Geschäfften und Angelegenheiten dieses Lebens, dann seine Erkenntniß von diesen Lehren und Pflichten des Christenthums andern freundschaftlich mitzutheilen. Dieser, der kaum glaubt, daß sich die Pflichten des rechtschaffnen Mannes und des wahren Christen auch bis auf Worte erstrecken können, thut von dem allen das Gegentheil. Er läßt seiner Zunge freyen Lauf;
rechnet
zerſtören, dieſes ſie fördern und wiederherſtellen; jenes verwunden und tödten, dieſes heilen und le- bendig machen kann, — was müſſen tauſend und wieder tauſend Worte vermögen! Laßt uns das Bild deſſen, dem dieſe ernſthafte Betrachtung vor- ſchwebt, mit dem, dem es vielleicht nie einfällt, daß wir auch von unſern Worten Rechenſchaft ge- ben ſollen, vergleichen! Jener redet immer mit Ueberlegung und guten Abſichten; ergreift alle ſchickliche Gelegenheiten, itzt einen Unwiſſenden oder Jrrenden zu belehren; dann einen andern, der böſe Gewohnheiten und Fehler an ſich hat, zu warnen; itzt einem Traurigen Troſt, nun einem Verzagten Muth einzuſprechen; itzt die Sache der Unſchuld, die Sache des Nothleidenden, der Witwen und Waiſen, dann die Sache der Religion und Tugend zu empfehlen und zu vertheidigen; itzt ſeine guten Einſichten von den Geſchäfften und Angelegenheiten dieſes Lebens, dann ſeine Erkenntniß von dieſen Lehren und Pflichten des Chriſtenthums andern freundſchaftlich mitzutheilen. Dieſer, der kaum glaubt, daß ſich die Pflichten des rechtſchaffnen Mannes und des wahren Chriſten auch bis auf Worte erſtrecken können, thut von dem allen das Gegentheil. Er läßt ſeiner Zunge freyen Lauf;
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[68[80]/0084]
zerſtören, dieſes ſie fördern und wiederherſtellen;
jenes verwunden und tödten, dieſes heilen und le-
bendig machen kann, — was müſſen tauſend und
wieder tauſend Worte vermögen! Laßt uns das
Bild deſſen, dem dieſe ernſthafte Betrachtung vor-
ſchwebt, mit dem, dem es vielleicht nie einfällt,
daß wir auch von unſern Worten Rechenſchaft ge-
ben ſollen, vergleichen! Jener redet immer mit
Ueberlegung und guten Abſichten; ergreift alle
ſchickliche Gelegenheiten, itzt einen Unwiſſenden oder
Jrrenden zu belehren; dann einen andern, der böſe
Gewohnheiten und Fehler an ſich hat, zu warnen;
itzt einem Traurigen Troſt, nun einem Verzagten
Muth einzuſprechen; itzt die Sache der Unſchuld,
die Sache des Nothleidenden, der Witwen und
Waiſen, dann die Sache der Religion und Tugend
zu empfehlen und zu vertheidigen; itzt ſeine guten
Einſichten von den Geſchäfften und Angelegenheiten
dieſes Lebens, dann ſeine Erkenntniß von dieſen
Lehren und Pflichten des Chriſtenthums andern
freundſchaftlich mitzutheilen. Dieſer, der kaum
glaubt, daß ſich die Pflichten des rechtſchaffnen
Mannes und des wahren Chriſten auch bis auf
Worte erſtrecken können, thut von dem allen das
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Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790, S. 68[80]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/84>, abgerufen am 26.06.2024.
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