Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790.jenem sein Schreckliches zu nehmen und ihm -- er Noch einen Gedanken will ich in Rücksicht auf deren
jenem ſein Schreckliches zu nehmen und ihm — er Noch einen Gedanken will ich in Rückſicht auf deren
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0068" n="52[64]"/> jenem ſein Schreckliches zu nehmen und ihm — er<lb/> komme ſpät oder früh — mit ruhigem Herzen entge-<lb/> gegen gehn zu können, iſt vernüftig und iſt chriſt-<lb/> lich.</p><lb/> <p>Noch einen Gedanken will ich in Rückſicht auf<lb/> die verlebte Zeit hinzuſetzen, ich meyne den, daß<lb/> wir am Ende eines Zeitabſchnitts, und bey der<lb/> ruhigen Ueberſicht der vergangnen Tage, ſo ſehr im<lb/> Stande ſind, die <hi rendition="#fr">ungleichen Eindrücke</hi> gut und<lb/> übel angewendeter Stunden zu bemerken. Dieſe<lb/> Bemerkung macht der nicht, der nie ſtill ſteht; der<lb/> in einer ſteten Betäubung oder Berauſchung lebt,<lb/> und das Andenken an das, was vorüber iſt, ſchon<lb/> deswegen vermeidet, weil es ihm ſagt, daß er älter<lb/> wird. Wer im Gegentheil gern eine Muſterung<lb/> ſeiner durchlebten Zeit anſtellt, der wird ohnfehlbar<lb/> itzt auf Tage ſtoßen, bey denen er gern lang ver-<lb/> weilt und vielleicht auf Monate, in denen er nichts<lb/> findet, deſſen Wiedererinerung ihn erquicken, oder<lb/> auch nur befriedigen könnte, die wie ein Nichts in<lb/> ſeinem Leben daſtehn, und von denen bloß die Tage-<lb/> regiſter aber keine einzige Handlung, die des An-<lb/> merkens werth wäre, ihm ſagt, daß ſie dazu gehört<lb/> haben; vielleicht auch umgekehrt, auf Monate, auf<lb/> Jahre, deren Andenken unvertilgbar, und auf Tage,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">deren</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [52[64]/0068]
jenem ſein Schreckliches zu nehmen und ihm — er
komme ſpät oder früh — mit ruhigem Herzen entge-
gegen gehn zu können, iſt vernüftig und iſt chriſt-
lich.
Noch einen Gedanken will ich in Rückſicht auf
die verlebte Zeit hinzuſetzen, ich meyne den, daß
wir am Ende eines Zeitabſchnitts, und bey der
ruhigen Ueberſicht der vergangnen Tage, ſo ſehr im
Stande ſind, die ungleichen Eindrücke gut und
übel angewendeter Stunden zu bemerken. Dieſe
Bemerkung macht der nicht, der nie ſtill ſteht; der
in einer ſteten Betäubung oder Berauſchung lebt,
und das Andenken an das, was vorüber iſt, ſchon
deswegen vermeidet, weil es ihm ſagt, daß er älter
wird. Wer im Gegentheil gern eine Muſterung
ſeiner durchlebten Zeit anſtellt, der wird ohnfehlbar
itzt auf Tage ſtoßen, bey denen er gern lang ver-
weilt und vielleicht auf Monate, in denen er nichts
findet, deſſen Wiedererinerung ihn erquicken, oder
auch nur befriedigen könnte, die wie ein Nichts in
ſeinem Leben daſtehn, und von denen bloß die Tage-
regiſter aber keine einzige Handlung, die des An-
merkens werth wäre, ihm ſagt, daß ſie dazu gehört
haben; vielleicht auch umgekehrt, auf Monate, auf
Jahre, deren Andenken unvertilgbar, und auf Tage,
deren
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