Wir wollen würken, weil es Tag ist, -- wollen, so lange uns noch keine zu großen Hinder- nisse, keine zu unüberwindlichen Jrrthümer, die Ue- berzeugung von dem, was Recht und Gut ist, ver- dunkelt haben, dem Guten nachtrachten, recht thun, und niemand scheuen. Viele Dinge kommen uns itzt noch als höchst wichtig, unentbehrlich und innigst verbunden mit dem Wohl unsers Geistes vor; wir würden vielleicht itzt kaum glauben, daß es möglich sey, daß uns einmal diese Dinge anders vorkommen, gleichgültig, vielleicht verächtlich werden könnten. Denn noch ists Tag darüber in unsrer Seele; noch wandeln wir im Licht der Wahrheit, der Vernunft und des Christenthums. Und doch -- könnte die Nacht kommen; wir könnten durch Versuchungen, Reizungen, Beyspiele, Umstände nach und nach von diesem richtigen Urtheil abgebracht werden, und es könnten Leidenschaften, die wir itzt noch nicht ken- nen, unsern Verstand so verdunkeln, daß wir mit offnen Augen in unser Verderben eilten. Darum itzt, itzt laßt uns durch viel Fleiß und Uebung im Guten solche Grundsätze erwerben, und sie so tief in unsre Seele drücken, daß keine Zeit, und keine Versuchung von außen, sie wieder verlöschen könne.
Wir
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Wir wollen würken, weil es Tag iſt, — wollen, ſo lange uns noch keine zu großen Hinder- niſſe, keine zu unüberwindlichen Jrrthümer, die Ue- berzeugung von dem, was Recht und Gut iſt, ver- dunkelt haben, dem Guten nachtrachten, recht thun, und niemand ſcheuen. Viele Dinge kommen uns itzt noch als höchſt wichtig, unentbehrlich und innigſt verbunden mit dem Wohl unſers Geiſtes vor; wir würden vielleicht itzt kaum glauben, daß es möglich ſey, daß uns einmal dieſe Dinge anders vorkommen, gleichgültig, vielleicht verächtlich werden könnten. Denn noch iſts Tag darüber in unſrer Seele; noch wandeln wir im Licht der Wahrheit, der Vernunft und des Chriſtenthums. Und doch — könnte die Nacht kommen; wir könnten durch Verſuchungen, Reizungen, Beyſpiele, Umſtände nach und nach von dieſem richtigen Urtheil abgebracht werden, und es könnten Leidenſchaften, die wir itzt noch nicht ken- nen, unſern Verſtand ſo verdunkeln, daß wir mit offnen Augen in unſer Verderben eilten. Darum itzt, itzt laßt uns durch viel Fleiß und Uebung im Guten ſolche Grundſätze erwerben, und ſie ſo tief in unſre Seele drücken, daß keine Zeit, und keine Verſuchung von außen, ſie wieder verlöſchen könne.
Wir
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Wir wollen würken, weil es Tag iſt, —
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niſſe, keine zu unüberwindlichen Jrrthümer, die Ue-
berzeugung von dem, was Recht und Gut iſt, ver-
dunkelt haben, dem Guten nachtrachten, recht thun,
und niemand ſcheuen. Viele Dinge kommen uns
itzt noch als höchſt wichtig, unentbehrlich und innigſt
verbunden mit dem Wohl unſers Geiſtes vor; wir
würden vielleicht itzt kaum glauben, daß es möglich
ſey, daß uns einmal dieſe Dinge anders vorkommen,
gleichgültig, vielleicht verächtlich werden könnten.
Denn noch iſts Tag darüber in unſrer Seele; noch
wandeln wir im Licht der Wahrheit, der Vernunft
und des Chriſtenthums. Und doch — könnte die
Nacht kommen; wir könnten durch Verſuchungen,
Reizungen, Beyſpiele, Umſtände nach und nach von
dieſem richtigen Urtheil abgebracht werden, und es
könnten Leidenſchaften, die wir itzt noch nicht ken-
nen, unſern Verſtand ſo verdunkeln, daß wir mit
offnen Augen in unſer Verderben eilten. Darum itzt,
itzt laßt uns durch viel Fleiß und Uebung im Guten
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Seele drücken, daß keine Zeit, und keine Verſuchung
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Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790, S. 37[49]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/53>, abgerufen am 16.02.2025.
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