Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

wehre dem Unglauben und der Spötterey der heilig-
sten Wahrheiten! Setze den Verführern ihr Ziel,
und, ists möglich, beßre sie, oder laß sie wenigstens
einmal empfinden, daß es das Schrecklichste unter
den Schrecklichen ist, die Seufzer verführter, um
ihre Tugend, um ihren Trost, um ihren Glauben,
um ihren Gott gebrachter Seelen auf sich zu laden!
Gieb den Lehrern der Wahrheit Muth; ihrem Un-
terricht Weisheit; ihren Worten Kraft; laß ihren
Wandel leuchten und ihr Beyspiel gewinnen. --

Wir hätten auch gern -- o unser Vater, daß
der Freuden in der Welt mehr, und der Noth we-
niger würde; daß viele unsrer Brüder, die Armuth
und Mangel drückt, ihres Lebens froher werden;
viele, die unter schweren Lasten harter Herren seuf-
zen, freyer aufathmen könnten; vielen, die die schreck-
lichsten Leiden ihres Körpers Tag und Nacht mar-
tern, wo nicht Genesung, doch Linderung zu Theil
würde. Wir wissen es wohl, daß dies alles weise
Erziehungsmittel in deiner Vaterhand sind, und daß
du besserst, indem du demüthigst, und heilest, in-
dem du nur zu verwunden scheinst. Aber wir wis-
sen auch, daß der schwache Mensch oft von dem Ge-
fühl des Gegenwärtigen so durchdrungen und nieder-
gebeugt wird, daß er darüber die Folgen vergißt, und

vielleicht

wehre dem Unglauben und der Spötterey der heilig-
ſten Wahrheiten! Setze den Verführern ihr Ziel,
und, iſts möglich, beßre ſie, oder laß ſie wenigſtens
einmal empfinden, daß es das Schrecklichſte unter
den Schrecklichen iſt, die Seufzer verführter, um
ihre Tugend, um ihren Troſt, um ihren Glauben,
um ihren Gott gebrachter Seelen auf ſich zu laden!
Gieb den Lehrern der Wahrheit Muth; ihrem Un-
terricht Weisheit; ihren Worten Kraft; laß ihren
Wandel leuchten und ihr Beyſpiel gewinnen. —

Wir hätten auch gern — o unſer Vater, daß
der Freuden in der Welt mehr, und der Noth we-
niger würde; daß viele unſrer Brüder, die Armuth
und Mangel drückt, ihres Lebens froher werden;
viele, die unter ſchweren Laſten harter Herren ſeuf-
zen, freyer aufathmen könnten; vielen, die die ſchreck-
lichſten Leiden ihres Körpers Tag und Nacht mar-
tern, wo nicht Geneſung, doch Linderung zu Theil
würde. Wir wiſſen es wohl, daß dies alles weiſe
Erziehungsmittel in deiner Vaterhand ſind, und daß
du beſſerſt, indem du demüthigſt, und heileſt, in-
dem du nur zu verwunden ſcheinſt. Aber wir wiſ-
ſen auch, daß der ſchwache Menſch oft von dem Ge-
fühl des Gegenwärtigen ſo durchdrungen und nieder-
gebeugt wird, daß er darüber die Folgen vergißt, und

vielleicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0032" n="16[28]"/>
wehre dem Unglauben und der Spötterey der heilig-<lb/>
&#x017F;ten Wahrheiten! Setze den Verführern ihr Ziel,<lb/>
und, i&#x017F;ts möglich, beßre &#x017F;ie, oder laß &#x017F;ie wenig&#x017F;tens<lb/>
einmal empfinden, daß es das Schrecklich&#x017F;te unter<lb/>
den Schrecklichen i&#x017F;t, die Seufzer verführter, um<lb/>
ihre Tugend, um ihren Tro&#x017F;t, um ihren Glauben,<lb/>
um ihren Gott gebrachter Seelen auf &#x017F;ich zu laden!<lb/>
Gieb den Lehrern der Wahrheit Muth; ihrem Un-<lb/>
terricht Weisheit; ihren Worten Kraft; laß ihren<lb/>
Wandel leuchten und ihr Bey&#x017F;piel gewinnen. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Wir hätten auch gern &#x2014; o <hi rendition="#fr">un&#x017F;er Vater,</hi> daß<lb/>
der Freuden in der Welt mehr, und der Noth we-<lb/>
niger würde; daß viele un&#x017F;rer Brüder, die Armuth<lb/>
und Mangel drückt, ihres Lebens froher werden;<lb/>
viele, die unter &#x017F;chweren La&#x017F;ten harter Herren &#x017F;euf-<lb/>
zen, freyer aufathmen könnten; vielen, die die &#x017F;chreck-<lb/>
lich&#x017F;ten Leiden ihres Körpers Tag und Nacht mar-<lb/>
tern, wo nicht Gene&#x017F;ung, doch Linderung zu Theil<lb/>
würde. Wir wi&#x017F;&#x017F;en es wohl, daß dies alles wei&#x017F;e<lb/>
Erziehungsmittel in deiner Vaterhand &#x017F;ind, und daß<lb/>
du be&#x017F;&#x017F;er&#x017F;t, indem du demüthig&#x017F;t, und heile&#x017F;t, in-<lb/>
dem du <hi rendition="#fr">nur</hi> zu verwunden &#x017F;chein&#x017F;t. Aber wir wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en auch, daß der &#x017F;chwache Men&#x017F;ch oft von dem Ge-<lb/>
fühl des Gegenwärtigen &#x017F;o durchdrungen und nieder-<lb/>
gebeugt wird, daß er darüber die Folgen vergißt, und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">vielleicht</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[16[28]/0032] wehre dem Unglauben und der Spötterey der heilig- ſten Wahrheiten! Setze den Verführern ihr Ziel, und, iſts möglich, beßre ſie, oder laß ſie wenigſtens einmal empfinden, daß es das Schrecklichſte unter den Schrecklichen iſt, die Seufzer verführter, um ihre Tugend, um ihren Troſt, um ihren Glauben, um ihren Gott gebrachter Seelen auf ſich zu laden! Gieb den Lehrern der Wahrheit Muth; ihrem Un- terricht Weisheit; ihren Worten Kraft; laß ihren Wandel leuchten und ihr Beyſpiel gewinnen. — Wir hätten auch gern — o unſer Vater, daß der Freuden in der Welt mehr, und der Noth we- niger würde; daß viele unſrer Brüder, die Armuth und Mangel drückt, ihres Lebens froher werden; viele, die unter ſchweren Laſten harter Herren ſeuf- zen, freyer aufathmen könnten; vielen, die die ſchreck- lichſten Leiden ihres Körpers Tag und Nacht mar- tern, wo nicht Geneſung, doch Linderung zu Theil würde. Wir wiſſen es wohl, daß dies alles weiſe Erziehungsmittel in deiner Vaterhand ſind, und daß du beſſerſt, indem du demüthigſt, und heileſt, in- dem du nur zu verwunden ſcheinſt. Aber wir wiſ- ſen auch, daß der ſchwache Menſch oft von dem Ge- fühl des Gegenwärtigen ſo durchdrungen und nieder- gebeugt wird, daß er darüber die Folgen vergißt, und vielleicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/32
Zitationshilfe: Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790, S. 16[28]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/32>, abgerufen am 24.11.2024.