nun aufhört, von so viel Beschwerden und Lasten, die von unserm Körper unzertrennbar sind, ge- drückt zu werden; aufhört, von Schmerzen und Krankheiten, die dem Geiste selbst seine Heiterkeit und Ruhe nehmen, etwas zu wissen; aufhört, sei- nen thätigen, wißbegierigen Geist jeden Augenblick durch die Schranken dieses irrdischen Leibes einge- schränkt und zurückgehalten zu fühlen: -- wie gern würde er das Andenken hieran, das noch immer auch für die meisten Christen so viel widriges hat, bey sich erneuern lassen, oder auch freywillig selbst erneuern!
An dem ersten Abend des Todestages Jesu hat- te gewiß der Gedanke an sein Grab für die From- men, die um ihn weinten, mehr Tröstendes, als Schreckliches. Da litt er doch nun nicht mehr; dahin verfolgte ihn doch kein Feind, und wenn er ihn verfolgt hätte, so wäre es doch immer nicht Er selbst, es wäre nur seine Hülle gewesen. In jedem Sinn war da Ruhe nach dem schweren Kampf, und ewiger Friede vor Schmerz und Quaal. Laßt uns ihre Nachfolger werden, und die Stätten vielmehr segnen, als fürchten, wo entschlafene Brüder friedlich Staub und Erde deckt.
Oder
nun aufhört, von ſo viel Beſchwerden und Laſten, die von unſerm Körper unzertrennbar ſind, ge- drückt zu werden; aufhört, von Schmerzen und Krankheiten, die dem Geiſte ſelbſt ſeine Heiterkeit und Ruhe nehmen, etwas zu wiſſen; aufhört, ſei- nen thätigen, wißbegierigen Geiſt jeden Augenblick durch die Schranken dieſes irrdiſchen Leibes einge- ſchränkt und zurückgehalten zu fühlen: — wie gern würde er das Andenken hieran, das noch immer auch für die meiſten Chriſten ſo viel widriges hat, bey ſich erneuern laſſen, oder auch freywillig ſelbſt erneuern!
An dem erſten Abend des Todestages Jeſu hat- te gewiß der Gedanke an ſein Grab für die From- men, die um ihn weinten, mehr Tröſtendes, als Schreckliches. Da litt er doch nun nicht mehr; dahin verfolgte ihn doch kein Feind, und wenn er ihn verfolgt hätte, ſo wäre es doch immer nicht Er ſelbſt, es wäre nur ſeine Hülle geweſen. In jedem Sinn war da Ruhe nach dem ſchweren Kampf, und ewiger Friede vor Schmerz und Quaal. Laßt uns ihre Nachfolger werden, und die Stätten vielmehr ſegnen, als fürchten, wo entſchlafene Brüder friedlich Staub und Erde deckt.
Oder
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[159[171]/0175]
nun aufhört, von ſo viel Beſchwerden und Laſten,
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drückt zu werden; aufhört, von Schmerzen und
Krankheiten, die dem Geiſte ſelbſt ſeine Heiterkeit
und Ruhe nehmen, etwas zu wiſſen; aufhört, ſei-
nen thätigen, wißbegierigen Geiſt jeden Augenblick
durch die Schranken dieſes irrdiſchen Leibes einge-
ſchränkt und zurückgehalten zu fühlen: — wie gern
würde er das Andenken hieran, das noch immer
auch für die meiſten Chriſten ſo viel widriges hat,
bey ſich erneuern laſſen, oder auch freywillig ſelbſt
erneuern!
An dem erſten Abend des Todestages Jeſu hat-
te gewiß der Gedanke an ſein Grab für die From-
men, die um ihn weinten, mehr Tröſtendes, als
Schreckliches. Da litt er doch nun nicht mehr;
dahin verfolgte ihn doch kein Feind, und wenn er
ihn verfolgt hätte, ſo wäre es doch immer nicht Er
ſelbſt, es wäre nur ſeine Hülle geweſen. In jedem
Sinn war da Ruhe nach dem ſchweren Kampf, und
ewiger Friede vor Schmerz und Quaal. Laßt uns
ihre Nachfolger werden, und die Stätten vielmehr
ſegnen, als fürchten, wo entſchlafene Brüder friedlich
Staub und Erde deckt.
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Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790, S. 159[171]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/175>, abgerufen am 17.02.2025.
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