Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790.Seele vergaß, nun mit einem allzuflüchtigen Blick Es wird in sofern eine sehr würdige Beschäf- Wenn man auch eine Zeitlang vergessen könnte, die
Seele vergaß, nun mit einem allzuflüchtigen Blick Es wird in ſofern eine ſehr würdige Beſchäf- Wenn man auch eine Zeitlang vergeſſen könnte, die
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0134" n="118[130]"/> Seele vergaß, nun mit einem allzuflüchtigen Blick<lb/> über die einzelnen Auftritte wegzueilen, die ſüßen<lb/> Thränen des Danks ihrer unwerth zu halten, und<lb/> zu ſehr entwöhnt zu werden, ſich die höchſte Liebe<lb/> in ihrer ganzen Größe zu denken. Ein ſchlimmer<lb/> Tauſch, bey dem leicht mehr verloren als gewonnen<lb/> iſt! Alle unſre Anlagen und Kräfte können und ſol-<lb/> len Beförderungsmittel unſrer wahren Wohlfahrt<lb/> werden! Warum ſollten es nicht auch unſre Em-<lb/> pfindungen? Nur die Empfindung ſelbſt iſt noch<lb/> nicht Tugend; ſie wird es erſt durch ihre Richtung<lb/> und Anwendung.</p><lb/> <p>Es wird in ſofern eine ſehr würdige Beſchäf-<lb/> tigung in dieſen Tagen für uns ſeyn, über die<lb/><hi rendition="#fr">Größe der Leiden</hi> unſers Mittlers mit heiliger<lb/> Andacht nachzudenken, und auch unſre Seele durch<lb/> dieſe Vorſtellungen zu rühren. Wehmuth wird<lb/> gewiß Dank werden, wenn es die wahre, chriſt-<lb/> liche Wehmuth, die Tochter der Religion, nicht<lb/> eines vorübergehenden ſinnlichen Eindrucks, iſt,<lb/> und dieſer Dank wird ſich in freudige Aufopferung<lb/> unſers ganzen Lebens an den, der das ſeine für<lb/> uns aufgeopfert hat, verwandeln.</p><lb/> <p>Wenn man auch eine Zeitlang vergeſſen könnte,<lb/> daß der Leidende ganz ſchuldlos war, ſo würde doch<lb/> <fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [118[130]/0134]
Seele vergaß, nun mit einem allzuflüchtigen Blick
über die einzelnen Auftritte wegzueilen, die ſüßen
Thränen des Danks ihrer unwerth zu halten, und
zu ſehr entwöhnt zu werden, ſich die höchſte Liebe
in ihrer ganzen Größe zu denken. Ein ſchlimmer
Tauſch, bey dem leicht mehr verloren als gewonnen
iſt! Alle unſre Anlagen und Kräfte können und ſol-
len Beförderungsmittel unſrer wahren Wohlfahrt
werden! Warum ſollten es nicht auch unſre Em-
pfindungen? Nur die Empfindung ſelbſt iſt noch
nicht Tugend; ſie wird es erſt durch ihre Richtung
und Anwendung.
Es wird in ſofern eine ſehr würdige Beſchäf-
tigung in dieſen Tagen für uns ſeyn, über die
Größe der Leiden unſers Mittlers mit heiliger
Andacht nachzudenken, und auch unſre Seele durch
dieſe Vorſtellungen zu rühren. Wehmuth wird
gewiß Dank werden, wenn es die wahre, chriſt-
liche Wehmuth, die Tochter der Religion, nicht
eines vorübergehenden ſinnlichen Eindrucks, iſt,
und dieſer Dank wird ſich in freudige Aufopferung
unſers ganzen Lebens an den, der das ſeine für
uns aufgeopfert hat, verwandeln.
Wenn man auch eine Zeitlang vergeſſen könnte,
daß der Leidende ganz ſchuldlos war, ſo würde doch
die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern:
Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |