Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790.darüber gelesen, gedacht und gehört habe, zu- Wirbel A 4
darüber geleſen, gedacht und gehört habe, zu- Wirbel A 4
<TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0011" n="7"/> darüber geleſen, gedacht und gehört habe, zu-<lb/> rückgekommen bin, daß nichts den menſchlichen<lb/> Geiſt mehr erhöht und beſeligt als die wahre<lb/> Religion Jeſu, und daß ſie noch heute allen,<lb/> die ſie mit einem willigen und weisheitbegierigen<lb/> Herzen annehmen, göttliche Kraft und göttliche<lb/> Weisheit iſt: ſo glaub’ ich doch bey einem ge-<lb/> nauern Nachdenken über ſie gefunden zu haben,<lb/> daß ihre wohlthätigen Würkungen nicht wenig<lb/> durch zu wenig berichtigte und überdachte Vor-<lb/> ſtellungen von ihnen gehemmt, und der Einfluß,<lb/> den ſie auf das Herz haben könnten, ſehr da-<lb/> durch gemindert wird, daß man auf den Ver-<lb/> ſtand zu wenig bey ihrem Vortrage Rückſicht<lb/> nimmt. Jch weiß es wohl, ſetzte er hinzu, daß<lb/> eine Menge von Ungläubigen und leichtſinnigen<lb/> Verächtern übrig bleiben würde, wenn ſie auch<lb/> noch ſo verſtändig unterrichtet wären; denn<lb/> wer die Leidenſchaften über ſich herrſchen, und<lb/> die kleinen Sorgen für dies Leben ſich ganz hin-<lb/> nehmen läßt; oder wer mit der beſten Erkennt-<lb/> niß nicht treu umgeht, und keine Liebe zur Wahr-<lb/> heit, und keinen Trieb ſich darinn zu befeſtigen<lb/> fühlt, den rettet auch die beſte Anweiſung nicht.<lb/> Aber doch glaub’ ich, daß eben die, welche nicht<lb/> aus Leichtſinn oder Laſterhaftigkeit Ungläubige<lb/> werden; die umgeben mit Zweiflern, Spöttern,<lb/> ſogenannten Weiſen, deren ganze Weisheit Ver-<lb/> achtung der herrſchenden Religion iſt, wenn ſie<lb/> das Glück gehabt hätten, eine beſſere, feſtere<lb/> Ueberzeugung zu bekommen, nicht ſo leicht von<lb/> jedem Winde der Lehre bewegt, und in jedem<lb/> <fw place="bottom" type="sig">A 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Wirbel</fw><lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [7/0011]
darüber geleſen, gedacht und gehört habe, zu-
rückgekommen bin, daß nichts den menſchlichen
Geiſt mehr erhöht und beſeligt als die wahre
Religion Jeſu, und daß ſie noch heute allen,
die ſie mit einem willigen und weisheitbegierigen
Herzen annehmen, göttliche Kraft und göttliche
Weisheit iſt: ſo glaub’ ich doch bey einem ge-
nauern Nachdenken über ſie gefunden zu haben,
daß ihre wohlthätigen Würkungen nicht wenig
durch zu wenig berichtigte und überdachte Vor-
ſtellungen von ihnen gehemmt, und der Einfluß,
den ſie auf das Herz haben könnten, ſehr da-
durch gemindert wird, daß man auf den Ver-
ſtand zu wenig bey ihrem Vortrage Rückſicht
nimmt. Jch weiß es wohl, ſetzte er hinzu, daß
eine Menge von Ungläubigen und leichtſinnigen
Verächtern übrig bleiben würde, wenn ſie auch
noch ſo verſtändig unterrichtet wären; denn
wer die Leidenſchaften über ſich herrſchen, und
die kleinen Sorgen für dies Leben ſich ganz hin-
nehmen läßt; oder wer mit der beſten Erkennt-
niß nicht treu umgeht, und keine Liebe zur Wahr-
heit, und keinen Trieb ſich darinn zu befeſtigen
fühlt, den rettet auch die beſte Anweiſung nicht.
Aber doch glaub’ ich, daß eben die, welche nicht
aus Leichtſinn oder Laſterhaftigkeit Ungläubige
werden; die umgeben mit Zweiflern, Spöttern,
ſogenannten Weiſen, deren ganze Weisheit Ver-
achtung der herrſchenden Religion iſt, wenn ſie
das Glück gehabt hätten, eine beſſere, feſtere
Ueberzeugung zu bekommen, nicht ſo leicht von
jedem Winde der Lehre bewegt, und in jedem
Wirbel
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