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Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790.

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und Jesu nur in denen Verläugnungen ähnlich werden
will, die Gott von mir fordert, die meiner eignen Ge-
müthsruhe nothwendig sind, und die in gar keine
Vergleichung mit denen gestellt werden können, die er
zu meinem Heil auf sich nehmen mußte. -- Und so
soll mir sein Beyspiel, wenn ich mich mit ihm verglei-
che, tiefe Beschämung über die Schwäche, und, wenn
ich überdenke, wie viel der Mensch durch Gott ver-
mag, frohe Erhebung der Seele über die Kräfte der
Natur seyn, die mir zu Theil geworden ist.



Die Hirten.

Nicht viel irdische und stolze Weise, nicht viel
Mächtige -- was gering, einfältiges Sinnes
und gut ist, das, das hat Gott erwählt! -- Das
bestätigt sich durch alle Zeiten so, wie die Geschichte
der Geburt Jesu ein sehr sprechendes Beyspiel davon
ist. Die ersten Personen, die von der wichtigsten aller
Begebenheiten die erste Nachricht bekommen, die er-
sten Zeugen, daß die Hoffnung Israels geboren ist,
die ersten Theilnehmer an der Freude, (wie dunkel
und gemischt sie auch noch seyn mochte,) lauter
Personen aus den geringern Ständen; deren Adel

ihre

und Jeſu nur in denen Verläugnungen ähnlich werden
will, die Gott von mir fordert, die meiner eignen Ge-
müthsruhe nothwendig ſind, und die in gar keine
Vergleichung mit denen geſtellt werden können, die er
zu meinem Heil auf ſich nehmen mußte. — Und ſo
ſoll mir ſein Beyſpiel, wenn ich mich mit ihm verglei-
che, tiefe Beſchämung über die Schwäche, und, wenn
ich überdenke, wie viel der Menſch durch Gott ver-
mag, frohe Erhebung der Seele über die Kräfte der
Natur ſeyn, die mir zu Theil geworden iſt.



Die Hirten.

Nicht viel irdiſche und ſtolze Weiſe, nicht viel
Mächtige — was gering, einfältiges Sinnes
und gut iſt, das, das hat Gott erwählt! — Das
beſtätigt ſich durch alle Zeiten ſo, wie die Geſchichte
der Geburt Jeſu ein ſehr ſprechendes Beyſpiel davon
iſt. Die erſten Perſonen, die von der wichtigſten aller
Begebenheiten die erſte Nachricht bekommen, die er-
ſten Zeugen, daß die Hoffnung Iſraels geboren iſt,
die erſten Theilnehmer an der Freude, (wie dunkel
und gemiſcht ſie auch noch ſeyn mochte,) lauter
Perſonen aus den geringern Ständen; deren Adel

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[90[102]/0106] und Jeſu nur in denen Verläugnungen ähnlich werden will, die Gott von mir fordert, die meiner eignen Ge- müthsruhe nothwendig ſind, und die in gar keine Vergleichung mit denen geſtellt werden können, die er zu meinem Heil auf ſich nehmen mußte. — Und ſo ſoll mir ſein Beyſpiel, wenn ich mich mit ihm verglei- che, tiefe Beſchämung über die Schwäche, und, wenn ich überdenke, wie viel der Menſch durch Gott ver- mag, frohe Erhebung der Seele über die Kräfte der Natur ſeyn, die mir zu Theil geworden iſt. Die Hirten. Nicht viel irdiſche und ſtolze Weiſe, nicht viel Mächtige — was gering, einfältiges Sinnes und gut iſt, das, das hat Gott erwählt! — Das beſtätigt ſich durch alle Zeiten ſo, wie die Geſchichte der Geburt Jeſu ein ſehr ſprechendes Beyſpiel davon iſt. Die erſten Perſonen, die von der wichtigſten aller Begebenheiten die erſte Nachricht bekommen, die er- ſten Zeugen, daß die Hoffnung Iſraels geboren iſt, die erſten Theilnehmer an der Freude, (wie dunkel und gemiſcht ſie auch noch ſeyn mochte,) lauter Perſonen aus den geringern Ständen; deren Adel ihre

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Zitationshilfe: Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790, S. 90[102]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/106>, abgerufen am 28.09.2024.