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Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790.

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quemer, ruhiger gemacht haben würden. Seine Na-
tur bedurfte nicht minder Erquickung, Stärkung,
aufs wenigste Ruhe. Seine Kräfte litten unter der
Anstrengung, und verzehrten sich, indeß eine Menge
seiner Zeitgenossen im Wohlleben, von keiner Abnah-
me und Beschwerde wußten. Auch wäre es ihm sehr
leicht gewesen, ein solches Leben wie das ihrige zu
führen. Sein Geist war seinen Zeitgenossen so weit
überlegen, daß, sobald er nur die Parthey der
Mächtigen und Großen ergreifen wollte, ihm keine
Freude des Lebens fehlen konnte. -- Aber er ver-
sagte sich das alles selbst; ward Herr seiner natürli-
chen Empfindungen, tauschte Armuth mit Reich-
thum, Unruhe, Unbequemlichkeit und Schmerz mit
Gemächlichkeit und Freude; entsagte den Ergetzungen
der Sinne, und ertrug statt ihrer ohne Unmuth
Hunger und Durst; hatte nicht so viel Eigenthum,
um eine gewisse Ruhestätte zu haben, und entbehrte
der Ruhe selbst auf dem harten Lager oft, in Näch-
ten, die er in Sorgen und Gebeten für das Beste
seiner undankbaren Brüder durchwachte.

Wenn sind solche Aufopferungen von mir ge-
fordert? Wenn hab ich nur etwas entfernt ähn-
liches zur Besiegung meiner sinnlichen, den Schmerz
scheuenden, immer nach Vergnügen verlangenden

und
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quemer, ruhiger gemacht haben würden. Seine Na-
tur bedurfte nicht minder Erquickung, Stärkung,
aufs wenigſte Ruhe. Seine Kräfte litten unter der
Anſtrengung, und verzehrten ſich, indeß eine Menge
ſeiner Zeitgenoſſen im Wohlleben, von keiner Abnah-
me und Beſchwerde wußten. Auch wäre es ihm ſehr
leicht geweſen, ein ſolches Leben wie das ihrige zu
führen. Sein Geiſt war ſeinen Zeitgenoſſen ſo weit
überlegen, daß, ſobald er nur die Parthey der
Mächtigen und Großen ergreifen wollte, ihm keine
Freude des Lebens fehlen konnte. — Aber er ver-
ſagte ſich das alles ſelbſt; ward Herr ſeiner natürli-
chen Empfindungen, tauſchte Armuth mit Reich-
thum, Unruhe, Unbequemlichkeit und Schmerz mit
Gemächlichkeit und Freude; entſagte den Ergetzungen
der Sinne, und ertrug ſtatt ihrer ohne Unmuth
Hunger und Durſt; hatte nicht ſo viel Eigenthum,
um eine gewiſſe Ruheſtätte zu haben, und entbehrte
der Ruhe ſelbſt auf dem harten Lager oft, in Näch-
ten, die er in Sorgen und Gebeten für das Beſte
ſeiner undankbaren Brüder durchwachte.

Wenn ſind ſolche Aufopferungen von mir ge-
fordert? Wenn hab ich nur etwas entfernt ähn-
liches zur Beſiegung meiner ſinnlichen, den Schmerz
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[87[99]/0103] quemer, ruhiger gemacht haben würden. Seine Na- tur bedurfte nicht minder Erquickung, Stärkung, aufs wenigſte Ruhe. Seine Kräfte litten unter der Anſtrengung, und verzehrten ſich, indeß eine Menge ſeiner Zeitgenoſſen im Wohlleben, von keiner Abnah- me und Beſchwerde wußten. Auch wäre es ihm ſehr leicht geweſen, ein ſolches Leben wie das ihrige zu führen. Sein Geiſt war ſeinen Zeitgenoſſen ſo weit überlegen, daß, ſobald er nur die Parthey der Mächtigen und Großen ergreifen wollte, ihm keine Freude des Lebens fehlen konnte. — Aber er ver- ſagte ſich das alles ſelbſt; ward Herr ſeiner natürli- chen Empfindungen, tauſchte Armuth mit Reich- thum, Unruhe, Unbequemlichkeit und Schmerz mit Gemächlichkeit und Freude; entſagte den Ergetzungen der Sinne, und ertrug ſtatt ihrer ohne Unmuth Hunger und Durſt; hatte nicht ſo viel Eigenthum, um eine gewiſſe Ruheſtätte zu haben, und entbehrte der Ruhe ſelbſt auf dem harten Lager oft, in Näch- ten, die er in Sorgen und Gebeten für das Beſte ſeiner undankbaren Brüder durchwachte. Wenn ſind ſolche Aufopferungen von mir ge- fordert? Wenn hab ich nur etwas entfernt ähn- liches zur Beſiegung meiner ſinnlichen, den Schmerz ſcheuenden, immer nach Vergnügen verlangenden und F 4

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Zitationshilfe: Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790, S. 87[99]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/103>, abgerufen am 24.11.2024.