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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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sie irrogirten die Mult, das ist sie schlugen sie dem Volk
zur Entscheidung vor.

Der consularischen Würde hingegen blieb das könig-
liche Vorrecht eine Mult auszusprechen (multam di-
cendi
). Ursprünglich wohl in dem ganzen Umfang der
nachher den Tribus eingeräumt war, und vielleicht in
einem noch viel weiteren: die zwölf Tafeln mögen in vie-
len Fällen zuerst unveränderliche Strafen festgesetzt haben.
Dieses Recht war durch die Appellation an das Volk
schon fast aufgehoben. Noch aber blieb den Consuln das
Recht, und es mußte ihnen bleiben, ihrer höchsten Ge-
walt durch Strafen Kraft zu verleihen: nur daß diese
nicht, unter solchem Vorwand, unerschwinglich und zu
Grunde richtend bestimmt würden.

Das Herkommen hatte das Maaß der Mult in Häup-
tern kleines oder großes Viehs ausgedrückt. Dieses ward
zuerst auf einen festen Geldpreis geschätzt (J. 300) und
dann (J. 302) das höchste Ziel festgesetzt welches nicht
überschritten werden durfte 72). Beyde Gesetze waren
von der Zahl der langsam reifenden Früchte der sich kräf-
tig entwickelnden Freyheit. Die höchste Mult welche der
Consul bestimmen konnte waren dreyßig Rinder und zwey
Schaafe, jene zu hundert, diese zu zehn Assen geschätzt.
Es ist eine thörichte Auslegung bey Gellius dies sey so an-
geordnet weil die Rinder im Ueberfluß, die Schaafe sel-
ten gewesen wären: galt ein Rind zehn Schaafen gleich
so wäre es eine Tautologie gewesen, diese statt jenes zu

72) Festus s. v. Peculatus. Gellius XI. c. 1. Der Irrthum
des Dionysius über das Haterische Gesetz ist unstreitig.

ſie irrogirten die Mult, das iſt ſie ſchlugen ſie dem Volk
zur Entſcheidung vor.

Der conſulariſchen Wuͤrde hingegen blieb das koͤnig-
liche Vorrecht eine Mult auszuſprechen (multam di-
cendi
). Urſpruͤnglich wohl in dem ganzen Umfang der
nachher den Tribus eingeraͤumt war, und vielleicht in
einem noch viel weiteren: die zwoͤlf Tafeln moͤgen in vie-
len Faͤllen zuerſt unveraͤnderliche Strafen feſtgeſetzt haben.
Dieſes Recht war durch die Appellation an das Volk
ſchon faſt aufgehoben. Noch aber blieb den Conſuln das
Recht, und es mußte ihnen bleiben, ihrer hoͤchſten Ge-
walt durch Strafen Kraft zu verleihen: nur daß dieſe
nicht, unter ſolchem Vorwand, unerſchwinglich und zu
Grunde richtend beſtimmt wuͤrden.

Das Herkommen hatte das Maaß der Mult in Haͤup-
tern kleines oder großes Viehs ausgedruͤckt. Dieſes ward
zuerſt auf einen feſten Geldpreis geſchaͤtzt (J. 300) und
dann (J. 302) das hoͤchſte Ziel feſtgeſetzt welches nicht
uͤberſchritten werden durfte 72). Beyde Geſetze waren
von der Zahl der langſam reifenden Fruͤchte der ſich kraͤf-
tig entwickelnden Freyheit. Die hoͤchſte Mult welche der
Conſul beſtimmen konnte waren dreyßig Rinder und zwey
Schaafe, jene zu hundert, dieſe zu zehn Aſſen geſchaͤtzt.
Es iſt eine thoͤrichte Auslegung bey Gellius dies ſey ſo an-
geordnet weil die Rinder im Ueberfluß, die Schaafe ſel-
ten geweſen waͤren: galt ein Rind zehn Schaafen gleich
ſo waͤre es eine Tautologie geweſen, dieſe ſtatt jenes zu

72) Feſtus s. v. Peculatus. Gellius XI. c. 1. Der Irrthum
des Dionyſius uͤber das Hateriſche Geſetz iſt unſtreitig.
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[70/0086] ſie irrogirten die Mult, das iſt ſie ſchlugen ſie dem Volk zur Entſcheidung vor. Der conſulariſchen Wuͤrde hingegen blieb das koͤnig- liche Vorrecht eine Mult auszuſprechen (multam di- cendi). Urſpruͤnglich wohl in dem ganzen Umfang der nachher den Tribus eingeraͤumt war, und vielleicht in einem noch viel weiteren: die zwoͤlf Tafeln moͤgen in vie- len Faͤllen zuerſt unveraͤnderliche Strafen feſtgeſetzt haben. Dieſes Recht war durch die Appellation an das Volk ſchon faſt aufgehoben. Noch aber blieb den Conſuln das Recht, und es mußte ihnen bleiben, ihrer hoͤchſten Ge- walt durch Strafen Kraft zu verleihen: nur daß dieſe nicht, unter ſolchem Vorwand, unerſchwinglich und zu Grunde richtend beſtimmt wuͤrden. Das Herkommen hatte das Maaß der Mult in Haͤup- tern kleines oder großes Viehs ausgedruͤckt. Dieſes ward zuerſt auf einen feſten Geldpreis geſchaͤtzt (J. 300) und dann (J. 302) das hoͤchſte Ziel feſtgeſetzt welches nicht uͤberſchritten werden durfte 72). Beyde Geſetze waren von der Zahl der langſam reifenden Fruͤchte der ſich kraͤf- tig entwickelnden Freyheit. Die hoͤchſte Mult welche der Conſul beſtimmen konnte waren dreyßig Rinder und zwey Schaafe, jene zu hundert, dieſe zu zehn Aſſen geſchaͤtzt. Es iſt eine thoͤrichte Auslegung bey Gellius dies ſey ſo an- geordnet weil die Rinder im Ueberfluß, die Schaafe ſel- ten geweſen waͤren: galt ein Rind zehn Schaafen gleich ſo waͤre es eine Tautologie geweſen, dieſe ſtatt jenes zu 72) Feſtus s. v. Peculatus. Gellius XI. c. 1. Der Irrthum des Dionyſius uͤber das Hateriſche Geſetz iſt unſtreitig.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/86>, abgerufen am 23.11.2024.