er Rom besuchen kann, so thue er endlich was noch Niemand that, weil fast jeder, den nicht die Kunst dort- hin führt, eben so wenig weiß was er dort zu thun hat als die Meisten es für ihr ganzes Leben wissen, wenn ihnen nicht, wohlthätig, ein nothwendiger Beruf vorge- schrieben ist worin sie einförmig fortgehen müssen bis ihre Zeit um ist. Er gehe auf das Land: er verschmähe es nicht auch die kleinste Eigenthümlichkeit zu beobachten und zu fassen: alles ist Reliquie auf dem heiligen Boden: irgendwo werden ihm die Räthsel gelöst werden an de- nen wir an die nordische Barbarey Geketteten unsern Scharfsinn vergebens versuchen würden.
Es ermuntere ihn daß er eine Arbeit behandele welche die etruskische Zeit, freylich durch tausend Ab- stufungen und Entstellungen, an das spätere Mittelal- ter knüpft.
Dort ist es auch, in Italien selbst, in Archiven und Bibliotheken, wo allein die Frage beantwortet wer- den kann, wann das eigenthümliche alte Acker- und Gränzscheidenrecht ganz verschwand. Ich kann darüber, zum Schluß dieser schon zu sehr erweiterten Abhandlung, nur wenige Data geben; meine Untersuchungen sind nicht unfleißig, aber in ihren Hülfsmitteln leider sehr be- schränkt gewesen.
Es läßt sich erwarten, und man erhält bald davon vollkommene Gewißheit, daß in allen lombardischen Staaten diese alten Rechte mit der Eroberung unterge- hen mußten, und daß sie sich nur im römischen Gebiet, und in den drey neapolitanischen Republiken, erhalten
er Rom beſuchen kann, ſo thue er endlich was noch Niemand that, weil faſt jeder, den nicht die Kunſt dort- hin fuͤhrt, eben ſo wenig weiß was er dort zu thun hat als die Meiſten es fuͤr ihr ganzes Leben wiſſen, wenn ihnen nicht, wohlthaͤtig, ein nothwendiger Beruf vorge- ſchrieben iſt worin ſie einfoͤrmig fortgehen muͤſſen bis ihre Zeit um iſt. Er gehe auf das Land: er verſchmaͤhe es nicht auch die kleinſte Eigenthuͤmlichkeit zu beobachten und zu faſſen: alles iſt Reliquie auf dem heiligen Boden: irgendwo werden ihm die Raͤthſel geloͤſt werden an de- nen wir an die nordiſche Barbarey Geketteten unſern Scharfſinn vergebens verſuchen wuͤrden.
Es ermuntere ihn daß er eine Arbeit behandele welche die etruſkiſche Zeit, freylich durch tauſend Ab- ſtufungen und Entſtellungen, an das ſpaͤtere Mittelal- ter knuͤpft.
Dort iſt es auch, in Italien ſelbſt, in Archiven und Bibliotheken, wo allein die Frage beantwortet wer- den kann, wann das eigenthuͤmliche alte Acker- und Graͤnzſcheidenrecht ganz verſchwand. Ich kann daruͤber, zum Schluß dieſer ſchon zu ſehr erweiterten Abhandlung, nur wenige Data geben; meine Unterſuchungen ſind nicht unfleißig, aber in ihren Huͤlfsmitteln leider ſehr be- ſchraͤnkt geweſen.
Es laͤßt ſich erwarten, und man erhaͤlt bald davon vollkommene Gewißheit, daß in allen lombardiſchen Staaten dieſe alten Rechte mit der Eroberung unterge- hen mußten, und daß ſie ſich nur im roͤmiſchen Gebiet, und in den drey neapolitaniſchen Republiken, erhalten
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0573"n="557"/>
er Rom beſuchen kann, ſo thue er endlich was noch<lb/>
Niemand that, weil faſt jeder, den nicht die Kunſt dort-<lb/>
hin fuͤhrt, eben ſo wenig weiß was er dort zu thun hat<lb/>
als die Meiſten es fuͤr ihr ganzes Leben wiſſen, wenn<lb/>
ihnen nicht, wohlthaͤtig, ein nothwendiger Beruf vorge-<lb/>ſchrieben iſt worin ſie einfoͤrmig fortgehen muͤſſen bis<lb/>
ihre Zeit um iſt. Er gehe auf das Land: er verſchmaͤhe<lb/>
es nicht auch die kleinſte Eigenthuͤmlichkeit zu beobachten<lb/>
und zu faſſen: alles iſt Reliquie auf dem heiligen Boden:<lb/>
irgendwo werden ihm die Raͤthſel geloͤſt werden an de-<lb/>
nen wir an die nordiſche Barbarey Geketteten unſern<lb/>
Scharfſinn vergebens verſuchen wuͤrden.</p><lb/><p>Es ermuntere ihn daß er eine Arbeit behandele<lb/>
welche die etruſkiſche Zeit, freylich durch tauſend Ab-<lb/>ſtufungen und Entſtellungen, an das ſpaͤtere Mittelal-<lb/>
ter knuͤpft.</p><lb/><p>Dort iſt es auch, in Italien ſelbſt, in Archiven<lb/>
und Bibliotheken, wo allein die Frage beantwortet wer-<lb/>
den kann, wann das eigenthuͤmliche alte Acker- und<lb/>
Graͤnzſcheidenrecht ganz verſchwand. Ich kann daruͤber,<lb/>
zum Schluß dieſer ſchon zu ſehr erweiterten Abhandlung,<lb/>
nur wenige Data geben; meine Unterſuchungen ſind nicht<lb/>
unfleißig, aber in ihren Huͤlfsmitteln leider ſehr be-<lb/>ſchraͤnkt geweſen.</p><lb/><p>Es laͤßt ſich erwarten, und man erhaͤlt bald davon<lb/>
vollkommene Gewißheit, daß in allen lombardiſchen<lb/>
Staaten dieſe alten Rechte mit der Eroberung unterge-<lb/>
hen mußten, und daß ſie ſich nur im roͤmiſchen Gebiet,<lb/>
und in den drey neapolitaniſchen Republiken, erhalten<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[557/0573]
er Rom beſuchen kann, ſo thue er endlich was noch
Niemand that, weil faſt jeder, den nicht die Kunſt dort-
hin fuͤhrt, eben ſo wenig weiß was er dort zu thun hat
als die Meiſten es fuͤr ihr ganzes Leben wiſſen, wenn
ihnen nicht, wohlthaͤtig, ein nothwendiger Beruf vorge-
ſchrieben iſt worin ſie einfoͤrmig fortgehen muͤſſen bis
ihre Zeit um iſt. Er gehe auf das Land: er verſchmaͤhe
es nicht auch die kleinſte Eigenthuͤmlichkeit zu beobachten
und zu faſſen: alles iſt Reliquie auf dem heiligen Boden:
irgendwo werden ihm die Raͤthſel geloͤſt werden an de-
nen wir an die nordiſche Barbarey Geketteten unſern
Scharfſinn vergebens verſuchen wuͤrden.
Es ermuntere ihn daß er eine Arbeit behandele
welche die etruſkiſche Zeit, freylich durch tauſend Ab-
ſtufungen und Entſtellungen, an das ſpaͤtere Mittelal-
ter knuͤpft.
Dort iſt es auch, in Italien ſelbſt, in Archiven
und Bibliotheken, wo allein die Frage beantwortet wer-
den kann, wann das eigenthuͤmliche alte Acker- und
Graͤnzſcheidenrecht ganz verſchwand. Ich kann daruͤber,
zum Schluß dieſer ſchon zu ſehr erweiterten Abhandlung,
nur wenige Data geben; meine Unterſuchungen ſind nicht
unfleißig, aber in ihren Huͤlfsmitteln leider ſehr be-
ſchraͤnkt geweſen.
Es laͤßt ſich erwarten, und man erhaͤlt bald davon
vollkommene Gewißheit, daß in allen lombardiſchen
Staaten dieſe alten Rechte mit der Eroberung unterge-
hen mußten, und daß ſie ſich nur im roͤmiſchen Gebiet,
und in den drey neapolitaniſchen Republiken, erhalten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 557. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/573>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.