bung, eine weitläuftige Sammlung gemacht, deren zwölf- tes Buch in der unsrigen angeführt wird (Ueberschrift p. 220. vergl. mit Rigaltius Anm. p. 276. not. Arca- dius p. 259. ed. G.). Diese aber enthielt nun nicht bloß wissenschaftliche Abhandlungen wie die des Frontinus, Hygenus (denn so lesen die Handschriften unveränder- lich), sondern auch die Gesetze welche die Gegenstände der Kunst betrafen, und eine Menge Specialberichte über Assignationen und Limitationen, und Grundrisse aufgenom- mener Landschaften mit ihren begleitenden Berichten. Aus solchen besteht der größte Theil der kleinen Frag- mente. Ein Schriftsteller ihrer Zunft scheint von ihnen vorzugsweise Auctor genannt zu seyn.
Der Sinnesart jenes Zeitalters war es angemessen daß die späteren Agrimensoren, wovon die des zweyten Jahrhunderts noch gar nichts gewußt zu haben scheinen, eine große Künstlichkeit in der Form und Bezeichnung der Gränzsteine erfanden, welche ihre ursprüngliche Stellung bey jeder Verrückung kenntlich machen sollte: so wie sie auch mit wohl noch größerer Mühseligkeit eine Symbolik aussannen, um weitläuftige Charten zu ersparen. Diese letzte wird uns immer ganz unverständlich bleiben. Alles war in ihre Pandecten aufgenommen, und diese waren es ohne Zweifel welche von den Lehrstühlen erklärt wurden: sie würden uns, wenn sie vollständig erhalten wären, gar nicht schwer auszulegen seyn.
Der Barbarey und der Armuth, die sich schon mit dem fünften Jahrhundert über Italien verbreiteten, und bereits vor dem Ende des sechsten die höchste Stufe erreich-
bung, eine weitlaͤuftige Sammlung gemacht, deren zwoͤlf- tes Buch in der unſrigen angefuͤhrt wird (Ueberſchrift p. 220. vergl. mit Rigaltius Anm. p. 276. not. Arca- dius p. 259. ed. G.). Dieſe aber enthielt nun nicht bloß wiſſenſchaftliche Abhandlungen wie die des Frontinus, Hygenus (denn ſo leſen die Handſchriften unveraͤnder- lich), ſondern auch die Geſetze welche die Gegenſtaͤnde der Kunſt betrafen, und eine Menge Specialberichte uͤber Aſſignationen und Limitationen, und Grundriſſe aufgenom- mener Landſchaften mit ihren begleitenden Berichten. Aus ſolchen beſteht der groͤßte Theil der kleinen Frag- mente. Ein Schriftſteller ihrer Zunft ſcheint von ihnen vorzugsweiſe Auctor genannt zu ſeyn.
Der Sinnesart jenes Zeitalters war es angemeſſen daß die ſpaͤteren Agrimenſoren, wovon die des zweyten Jahrhunderts noch gar nichts gewußt zu haben ſcheinen, eine große Kuͤnſtlichkeit in der Form und Bezeichnung der Graͤnzſteine erfanden, welche ihre urſpruͤngliche Stellung bey jeder Verruͤckung kenntlich machen ſollte: ſo wie ſie auch mit wohl noch groͤßerer Muͤhſeligkeit eine Symbolik ausſannen, um weitlaͤuftige Charten zu erſparen. Dieſe letzte wird uns immer ganz unverſtaͤndlich bleiben. Alles war in ihre Pandecten aufgenommen, und dieſe waren es ohne Zweifel welche von den Lehrſtuͤhlen erklaͤrt wurden: ſie wuͤrden uns, wenn ſie vollſtaͤndig erhalten waͤren, gar nicht ſchwer auszulegen ſeyn.
Der Barbarey und der Armuth, die ſich ſchon mit dem fuͤnften Jahrhundert uͤber Italien verbreiteten, und bereits vor dem Ende des ſechſten die hoͤchſte Stufe erreich-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0552"n="536"/>
bung, eine weitlaͤuftige Sammlung gemacht, deren zwoͤlf-<lb/>
tes Buch in der unſrigen angefuͤhrt wird (Ueberſchrift<lb/><hirendition="#aq">p.</hi> 220. vergl. mit Rigaltius Anm. <hirendition="#aq">p. 276. not.</hi> Arca-<lb/>
dius <hirendition="#aq">p. 259. ed. G.</hi>). Dieſe aber enthielt nun nicht bloß<lb/>
wiſſenſchaftliche Abhandlungen wie die des Frontinus,<lb/>
Hygenus (denn ſo leſen die Handſchriften unveraͤnder-<lb/>
lich), ſondern auch die Geſetze welche die Gegenſtaͤnde<lb/>
der Kunſt betrafen, und eine Menge Specialberichte uͤber<lb/>
Aſſignationen und Limitationen, und Grundriſſe aufgenom-<lb/>
mener Landſchaften mit ihren begleitenden Berichten.<lb/>
Aus ſolchen beſteht der groͤßte Theil der kleinen Frag-<lb/>
mente. Ein Schriftſteller ihrer Zunft ſcheint von ihnen<lb/>
vorzugsweiſe Auctor genannt zu ſeyn.</p><lb/><p>Der Sinnesart jenes Zeitalters war es angemeſſen<lb/>
daß die ſpaͤteren Agrimenſoren, wovon die des zweyten<lb/>
Jahrhunderts noch gar nichts gewußt zu haben ſcheinen,<lb/>
eine große Kuͤnſtlichkeit in der Form und Bezeichnung der<lb/>
Graͤnzſteine erfanden, welche ihre urſpruͤngliche Stellung<lb/>
bey jeder Verruͤckung kenntlich machen ſollte: ſo wie ſie<lb/>
auch mit wohl noch groͤßerer Muͤhſeligkeit eine Symbolik<lb/>
ausſannen, um weitlaͤuftige Charten zu erſparen. Dieſe<lb/>
letzte wird uns immer ganz unverſtaͤndlich bleiben. Alles<lb/>
war in ihre Pandecten aufgenommen, und dieſe waren es<lb/>
ohne Zweifel welche von den Lehrſtuͤhlen erklaͤrt wurden:<lb/>ſie wuͤrden uns, wenn ſie vollſtaͤndig erhalten waͤren, gar<lb/>
nicht ſchwer auszulegen ſeyn.</p><lb/><p>Der Barbarey und der Armuth, die ſich ſchon mit<lb/>
dem fuͤnften Jahrhundert uͤber Italien verbreiteten, und<lb/>
bereits vor dem Ende des ſechſten die hoͤchſte Stufe erreich-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[536/0552]
bung, eine weitlaͤuftige Sammlung gemacht, deren zwoͤlf-
tes Buch in der unſrigen angefuͤhrt wird (Ueberſchrift
p. 220. vergl. mit Rigaltius Anm. p. 276. not. Arca-
dius p. 259. ed. G.). Dieſe aber enthielt nun nicht bloß
wiſſenſchaftliche Abhandlungen wie die des Frontinus,
Hygenus (denn ſo leſen die Handſchriften unveraͤnder-
lich), ſondern auch die Geſetze welche die Gegenſtaͤnde
der Kunſt betrafen, und eine Menge Specialberichte uͤber
Aſſignationen und Limitationen, und Grundriſſe aufgenom-
mener Landſchaften mit ihren begleitenden Berichten.
Aus ſolchen beſteht der groͤßte Theil der kleinen Frag-
mente. Ein Schriftſteller ihrer Zunft ſcheint von ihnen
vorzugsweiſe Auctor genannt zu ſeyn.
Der Sinnesart jenes Zeitalters war es angemeſſen
daß die ſpaͤteren Agrimenſoren, wovon die des zweyten
Jahrhunderts noch gar nichts gewußt zu haben ſcheinen,
eine große Kuͤnſtlichkeit in der Form und Bezeichnung der
Graͤnzſteine erfanden, welche ihre urſpruͤngliche Stellung
bey jeder Verruͤckung kenntlich machen ſollte: ſo wie ſie
auch mit wohl noch groͤßerer Muͤhſeligkeit eine Symbolik
ausſannen, um weitlaͤuftige Charten zu erſparen. Dieſe
letzte wird uns immer ganz unverſtaͤndlich bleiben. Alles
war in ihre Pandecten aufgenommen, und dieſe waren es
ohne Zweifel welche von den Lehrſtuͤhlen erklaͤrt wurden:
ſie wuͤrden uns, wenn ſie vollſtaͤndig erhalten waͤren, gar
nicht ſchwer auszulegen ſeyn.
Der Barbarey und der Armuth, die ſich ſchon mit
dem fuͤnften Jahrhundert uͤber Italien verbreiteten, und
bereits vor dem Ende des ſechſten die hoͤchſte Stufe erreich-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 536. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/552>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.