herabstieg, seitwärts im Walde der das ganze Gebürg und seine Söhne deckte 2). Es war ein ganzes Heer, und schon bewegte sich dieses um den Nachzug anzugrei- fen: der Weg über die gegenüberstehenden Berge war gesperrt. Es gab keine Rettung als nur auf seinen Schrit- ten zurückzukehren: aber ehe dies gelang, konnte schon der Rückweg abgeschnitten seyn. In dieser entsetzlichen Gefahr erbot sich der Tribun P. Decius mit den Hastaten und den Principes seiner Legion, achtzehnhundert Mann, eine Berghöhe einzunehmen, die auf dem Wege woher die Samniter andrangen hervorragte. Es gelang ihm sie vor den Feinden zu erreichen. Von diesem kleinen Corps aus der Höhe mit jeglichem Geschoß angegriffen, machten sie Halt, um es zu vertreiben. Der heftigste Widerstand, und freywillige Angriffe der Römer hielten das ganze Heer auf, bis der unwiederbringliche Augenblick verlohren war, und die römische Armee den Berg wieder gewonnen hatte, von dem sie in sicherer Ordnung in eine bessere Stel- lung zurückkehrte.
Indessen behauptete sich Decius mit den Seinigen in unaufhörlichem Gefecht, bis die Nacht einbrach und die Samniter sich um den Hügel herlagerten. Hier über- ließen sie sich dem Schlaf: um die zweite Nachtwache stie- gen die Römer herab, um sich einen Weg durch die Feinde zum Heer des Consuls zu bahnen. Sie waren schon in der Samniter Mitte als sie entdeckt wurden: ihr Muth
2) Ich gebe die einzige Darstellung der von Livius erzählten Begebenheit welche für mich nach vielfacher Ueberlegung denkbar ist.
herabſtieg, ſeitwaͤrts im Walde der das ganze Gebuͤrg und ſeine Soͤhne deckte 2). Es war ein ganzes Heer, und ſchon bewegte ſich dieſes um den Nachzug anzugrei- fen: der Weg uͤber die gegenuͤberſtehenden Berge war geſperrt. Es gab keine Rettung als nur auf ſeinen Schrit- ten zuruͤckzukehren: aber ehe dies gelang, konnte ſchon der Ruͤckweg abgeſchnitten ſeyn. In dieſer entſetzlichen Gefahr erbot ſich der Tribun P. Decius mit den Haſtaten und den Principes ſeiner Legion, achtzehnhundert Mann, eine Berghoͤhe einzunehmen, die auf dem Wege woher die Samniter andrangen hervorragte. Es gelang ihm ſie vor den Feinden zu erreichen. Von dieſem kleinen Corps aus der Hoͤhe mit jeglichem Geſchoß angegriffen, machten ſie Halt, um es zu vertreiben. Der heftigſte Widerſtand, und freywillige Angriffe der Roͤmer hielten das ganze Heer auf, bis der unwiederbringliche Augenblick verlohren war, und die roͤmiſche Armee den Berg wieder gewonnen hatte, von dem ſie in ſicherer Ordnung in eine beſſere Stel- lung zuruͤckkehrte.
Indeſſen behauptete ſich Decius mit den Seinigen in unaufhoͤrlichem Gefecht, bis die Nacht einbrach und die Samniter ſich um den Huͤgel herlagerten. Hier uͤber- ließen ſie ſich dem Schlaf: um die zweite Nachtwache ſtie- gen die Roͤmer herab, um ſich einen Weg durch die Feinde zum Heer des Conſuls zu bahnen. Sie waren ſchon in der Samniter Mitte als ſie entdeckt wurden: ihr Muth
2) Ich gebe die einzige Darſtellung der von Livius erzaͤhlten Begebenheit welche fuͤr mich nach vielfacher Ueberlegung denkbar iſt.
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herabſtieg, ſeitwaͤrts im Walde der das ganze Gebuͤrg
und ſeine Soͤhne deckte 2). Es war ein ganzes Heer,
und ſchon bewegte ſich dieſes um den Nachzug anzugrei-
fen: der Weg uͤber die gegenuͤberſtehenden Berge war
geſperrt. Es gab keine Rettung als nur auf ſeinen Schrit-
ten zuruͤckzukehren: aber ehe dies gelang, konnte ſchon
der Ruͤckweg abgeſchnitten ſeyn. In dieſer entſetzlichen
Gefahr erbot ſich der Tribun P. Decius mit den Haſtaten
und den Principes ſeiner Legion, achtzehnhundert Mann,
eine Berghoͤhe einzunehmen, die auf dem Wege woher die
Samniter andrangen hervorragte. Es gelang ihm ſie vor
den Feinden zu erreichen. Von dieſem kleinen Corps aus
der Hoͤhe mit jeglichem Geſchoß angegriffen, machten ſie
Halt, um es zu vertreiben. Der heftigſte Widerſtand,
und freywillige Angriffe der Roͤmer hielten das ganze Heer
auf, bis der unwiederbringliche Augenblick verlohren war,
und die roͤmiſche Armee den Berg wieder gewonnen hatte,
von dem ſie in ſicherer Ordnung in eine beſſere Stel-
lung zuruͤckkehrte.
Indeſſen behauptete ſich Decius mit den Seinigen
in unaufhoͤrlichem Gefecht, bis die Nacht einbrach und
die Samniter ſich um den Huͤgel herlagerten. Hier uͤber-
ließen ſie ſich dem Schlaf: um die zweite Nachtwache ſtie-
gen die Roͤmer herab, um ſich einen Weg durch die Feinde
zum Heer des Conſuls zu bahnen. Sie waren ſchon in
der Samniter Mitte als ſie entdeckt wurden: ihr Muth
2) Ich gebe die einzige Darſtellung der von Livius erzaͤhlten
Begebenheit welche fuͤr mich nach vielfacher Ueberlegung
denkbar iſt.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/516>, abgerufen am 22.11.2024.
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