sul nahm sein Lager über Kumä, auf dem über den Lucri- nersee hervorragenden, damals fruchtbaren und waldrei- chen, jetzt, seit der Saracenen Zeit, nackten und wüsten Berge Gaurus 99): eine Stellung die theils durch ihre ausgesuchte Festigkeit auf Vertheidigungskrieg deutet, theils eine erzwungene Wahl verräth, weil sie ein Winkel ist wohin sich nur ein zurückgedrängtes Heer begeben würde; wo, fast umringt von der See, abgeschnitten von Kapua, den tiefen Vulturnus auf der Straße nach Rom, das römische Heer nach einer Niederlage rettungslos ver- lohren war. Die Geschichte der ersten Vorfälle des Feld- zugs, welche Gefechte den Consul zwangen bis in diese gefährliche Lage zu weichen, und den Samnitern das Siegsvertrauen gaben, mit dem sie ungestüm zum Angriff eilten sobald sie das consularische Heer erblickten; diese Geschichte ist, wie fast alles wodurch uns die samnitischen Kriege begreiflicher werden würden, in ewige Nacht gehüllt.
Die Schlacht am Gaurus, wie selten sie auch ge- nannt wird, gehört zu den merkwürdlgsten der Weltge- schichte: sie entschied als Prärogative über den großen Kampf der jetzt zwischen Sabellern und Latinern über der Welt Herrschaft angehoben hatte. An Muth waren die Samniter den Römern gleich: an Bewaffnung noch über-
99) Für diesen, gegen einen andern Berg gleiches Nahmens bey Nuceria (Eckhel Doctr. num. I. p. 114.) entscheiden die Vorfälle nach der Schlacht. Wäre sie in der Gegend von Nuceria vorgefallen, so würden die Samniter nach Suessula vorgerückt, nicht zurückgewichen seyn.
Zweiter Theil. J i
ſul nahm ſein Lager uͤber Kumaͤ, auf dem uͤber den Lucri- nerſee hervorragenden, damals fruchtbaren und waldrei- chen, jetzt, ſeit der Saracenen Zeit, nackten und wuͤſten Berge Gaurus 99): eine Stellung die theils durch ihre ausgeſuchte Feſtigkeit auf Vertheidigungskrieg deutet, theils eine erzwungene Wahl verraͤth, weil ſie ein Winkel iſt wohin ſich nur ein zuruͤckgedraͤngtes Heer begeben wuͤrde; wo, faſt umringt von der See, abgeſchnitten von Kapua, den tiefen Vulturnus auf der Straße nach Rom, das roͤmiſche Heer nach einer Niederlage rettungslos ver- lohren war. Die Geſchichte der erſten Vorfaͤlle des Feld- zugs, welche Gefechte den Conſul zwangen bis in dieſe gefaͤhrliche Lage zu weichen, und den Samnitern das Siegsvertrauen gaben, mit dem ſie ungeſtuͤm zum Angriff eilten ſobald ſie das conſulariſche Heer erblickten; dieſe Geſchichte iſt, wie faſt alles wodurch uns die ſamnitiſchen Kriege begreiflicher werden wuͤrden, in ewige Nacht gehuͤllt.
Die Schlacht am Gaurus, wie ſelten ſie auch ge- nannt wird, gehoͤrt zu den merkwuͤrdlgſten der Weltge- ſchichte: ſie entſchied als Praͤrogative uͤber den großen Kampf der jetzt zwiſchen Sabellern und Latinern uͤber der Welt Herrſchaft angehoben hatte. An Muth waren die Samniter den Roͤmern gleich: an Bewaffnung noch uͤber-
99) Fuͤr dieſen, gegen einen andern Berg gleiches Nahmens bey Nuceria (Eckhel Doctr. num. I. p. 114.) entſcheiden die Vorfaͤlle nach der Schlacht. Waͤre ſie in der Gegend von Nuceria vorgefallen, ſo wuͤrden die Samniter nach Sueſſula vorgeruͤckt, nicht zuruͤckgewichen ſeyn.
Zweiter Theil. J i
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ſul nahm ſein Lager uͤber Kumaͤ, auf dem uͤber den Lucri-
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Berge Gaurus 99): eine Stellung die theils durch ihre
ausgeſuchte Feſtigkeit auf Vertheidigungskrieg deutet,
theils eine erzwungene Wahl verraͤth, weil ſie ein Winkel
iſt wohin ſich nur ein zuruͤckgedraͤngtes Heer begeben
wuͤrde; wo, faſt umringt von der See, abgeſchnitten von
Kapua, den tiefen Vulturnus auf der Straße nach Rom,
das roͤmiſche Heer nach einer Niederlage rettungslos ver-
lohren war. Die Geſchichte der erſten Vorfaͤlle des Feld-
zugs, welche Gefechte den Conſul zwangen bis in dieſe
gefaͤhrliche Lage zu weichen, und den Samnitern das
Siegsvertrauen gaben, mit dem ſie ungeſtuͤm zum Angriff
eilten ſobald ſie das conſulariſche Heer erblickten; dieſe
Geſchichte iſt, wie faſt alles wodurch uns die ſamnitiſchen
Kriege begreiflicher werden wuͤrden, in ewige Nacht
gehuͤllt.
Die Schlacht am Gaurus, wie ſelten ſie auch ge-
nannt wird, gehoͤrt zu den merkwuͤrdlgſten der Weltge-
ſchichte: ſie entſchied als Praͤrogative uͤber den großen
Kampf der jetzt zwiſchen Sabellern und Latinern uͤber der
Welt Herrſchaft angehoben hatte. An Muth waren die
Samniter den Roͤmern gleich: an Bewaffnung noch uͤber-
99) Fuͤr dieſen, gegen einen andern Berg gleiches Nahmens
bey Nuceria (Eckhel Doctr. num. I. p. 114.) entſcheiden
die Vorfaͤlle nach der Schlacht. Waͤre ſie in der Gegend
von Nuceria vorgefallen, ſo wuͤrden die Samniter nach
Sueſſula vorgeruͤckt, nicht zuruͤckgewichen ſeyn.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/513>, abgerufen am 22.11.2024.
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