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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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num hieß, selbst unter den weitläuftigen Städten Ita-
liens, groß 86), und ihr Gebiet erstreckte sich einst bis
Fregellä87). Doch als die Samniter sie überzogen, ver-
zagten sie an ihrer eigenen Kraft, und suchten Hülfe
bey den Kampanern.

Es ist sonderbar daß, während Italiens kriegerische
Völker auf die kampanischen Legionen mit Verachtung sa-
hen, diese im vierten und fünften Jahrhundert unter den
fremden Corps welche in Sicilien ihre Dienste verkauften,
so sehr bedeutend sind 88), ohne daß ihr Muth oder ihre
Kriegszucht getadelt würde, wohl aber ihre Treue. Denn
kein andrer barbarischer Haufe folgte so frevelhaft dem
Meistbietenden, ohne den mindesten Sinn für Kriegsehre.
Furchtbar waren sie den Städten wo sie in Quartieren la-
gen; unaufhörlich versuchten sie sich ihrer zu bemeistern,
und wenn es ihnen gelang so verfuhren sie nicht als Ero-
berer sondern als Räuber: sie ermordeten die Männer,
und theilten sich Weiber und Kinder. So anlockend war

86) Strabo V. c. 3. §. 9.
87) Livius VIII. c. 22.
88) Unter den kampanischen Regimentern sind übrigens im
Verlauf der Zeit andre Nationen (Samniter und Luca-
ner) wohl so vorherrschend an Zahl geworden, wie Fremde
aller Völker unter den Wallonischen Regimentern Spa-
niens. Die Römer litten keine fremde Werbungen, und
werden sie auch in Kampanien verboten haben sobald sie
dort herrschten. Daher ist nach Agathokles Tode nicht mehr
von Kampanern die Rede sondern von Mamertinern, als
dem allgemeinen Nahmen der sabellischen Miethsoldaten.
Im fünften Jahrhundert finden sich auch tyrrhenische Trup-
pen auf Sicilien in verdungenem Dienst, nicht früher.

num hieß, ſelbſt unter den weitlaͤuftigen Staͤdten Ita-
liens, groß 86), und ihr Gebiet erſtreckte ſich einſt bis
Fregellaͤ87). Doch als die Samniter ſie uͤberzogen, ver-
zagten ſie an ihrer eigenen Kraft, und ſuchten Huͤlfe
bey den Kampanern.

Es iſt ſonderbar daß, waͤhrend Italiens kriegeriſche
Voͤlker auf die kampaniſchen Legionen mit Verachtung ſa-
hen, dieſe im vierten und fuͤnften Jahrhundert unter den
fremden Corps welche in Sicilien ihre Dienſte verkauften,
ſo ſehr bedeutend ſind 88), ohne daß ihr Muth oder ihre
Kriegszucht getadelt wuͤrde, wohl aber ihre Treue. Denn
kein andrer barbariſcher Haufe folgte ſo frevelhaft dem
Meiſtbietenden, ohne den mindeſten Sinn fuͤr Kriegsehre.
Furchtbar waren ſie den Staͤdten wo ſie in Quartieren la-
gen; unaufhoͤrlich verſuchten ſie ſich ihrer zu bemeiſtern,
und wenn es ihnen gelang ſo verfuhren ſie nicht als Ero-
berer ſondern als Raͤuber: ſie ermordeten die Maͤnner,
und theilten ſich Weiber und Kinder. So anlockend war

86) Strabo V. c. 3. §. 9.
87) Livius VIII. c. 22.
88) Unter den kampaniſchen Regimentern ſind uͤbrigens im
Verlauf der Zeit andre Nationen (Samniter und Luca-
ner) wohl ſo vorherrſchend an Zahl geworden, wie Fremde
aller Voͤlker unter den Walloniſchen Regimentern Spa-
niens. Die Roͤmer litten keine fremde Werbungen, und
werden ſie auch in Kampanien verboten haben ſobald ſie
dort herrſchten. Daher iſt nach Agathokles Tode nicht mehr
von Kampanern die Rede ſondern von Mamertinern, als
dem allgemeinen Nahmen der ſabelliſchen Miethſoldaten.
Im fuͤnften Jahrhundert finden ſich auch tyrrheniſche Trup-
pen auf Sicilien in verdungenem Dienſt, nicht fruͤher.
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[488/0504] num hieß, ſelbſt unter den weitlaͤuftigen Staͤdten Ita- liens, groß 86), und ihr Gebiet erſtreckte ſich einſt bis Fregellaͤ 87). Doch als die Samniter ſie uͤberzogen, ver- zagten ſie an ihrer eigenen Kraft, und ſuchten Huͤlfe bey den Kampanern. Es iſt ſonderbar daß, waͤhrend Italiens kriegeriſche Voͤlker auf die kampaniſchen Legionen mit Verachtung ſa- hen, dieſe im vierten und fuͤnften Jahrhundert unter den fremden Corps welche in Sicilien ihre Dienſte verkauften, ſo ſehr bedeutend ſind 88), ohne daß ihr Muth oder ihre Kriegszucht getadelt wuͤrde, wohl aber ihre Treue. Denn kein andrer barbariſcher Haufe folgte ſo frevelhaft dem Meiſtbietenden, ohne den mindeſten Sinn fuͤr Kriegsehre. Furchtbar waren ſie den Staͤdten wo ſie in Quartieren la- gen; unaufhoͤrlich verſuchten ſie ſich ihrer zu bemeiſtern, und wenn es ihnen gelang ſo verfuhren ſie nicht als Ero- berer ſondern als Raͤuber: ſie ermordeten die Maͤnner, und theilten ſich Weiber und Kinder. So anlockend war 86) Strabo V. c. 3. §. 9. 87) Livius VIII. c. 22. 88) Unter den kampaniſchen Regimentern ſind uͤbrigens im Verlauf der Zeit andre Nationen (Samniter und Luca- ner) wohl ſo vorherrſchend an Zahl geworden, wie Fremde aller Voͤlker unter den Walloniſchen Regimentern Spa- niens. Die Roͤmer litten keine fremde Werbungen, und werden ſie auch in Kampanien verboten haben ſobald ſie dort herrſchten. Daher iſt nach Agathokles Tode nicht mehr von Kampanern die Rede ſondern von Mamertinern, als dem allgemeinen Nahmen der ſabelliſchen Miethſoldaten. Im fuͤnften Jahrhundert finden ſich auch tyrrheniſche Trup- pen auf Sicilien in verdungenem Dienſt, nicht fruͤher.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/504>, abgerufen am 22.11.2024.