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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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brauchte: in der das Volk so schamlos aller Achtung ge-
gen die Regierung vergaß, aus Gefühllosigkeit gegen ihre
Würde, nicht aus Unwillen über ihre Entweihung durch
Unwürdige: eine solche Stadt ist in der Geschichte gerich-
tet. Aber wir müssen nicht verschweigen daß die bilden-
den Künste in Kampanien die Höhe griechischer Vortreff-
lichkeit erlangt hatten: weder die Gemählde noch Münzen
stehen griechischer Kunst nach: die Künstler hatten das
Idealische gefaßt, dem die Etrusker stets fremd blieben:
sie arbeiteten groß und leicht; die mechanische Ausführung
ist so vortrefflich als das gedachte Bild, welches der Künst-
ler aus seiner Seele darzustellen strebte. Der Gebrauch
der griechischen Sprache auf den Münzen beweißt eine
ganz allgemeine Kenntniß, und die griechische Mytholo-
gie der Kunstwerke läßt auf Vertraulichkeit mit der Poesie
Griechenlands unfehlbar schließen: aber diese Litteratur
war nur eingeimpft, und es hat sich auch nicht das
leiseste Andenken irgend eines kampanischen Dichters
oder Schriftstellers in griechischer Sprache erhalten, ob-
gleich es gewiß daran nicht fehlte. An eigenthümlicher
Litteratur hatten sie burleske Komödien, die Atellanen,
welche gewöhnlich improvisirt geworden zu seyn schei-
nen, und an deren Darstellungen, Nachahmungen oder
Uebersetzungen, das römische Publicum lebhaftes Wohl-
gefallen hatte.

Allerdings bedeutet der Nahme Kampaner, Bürger
von Kapua: aber auf die Stadt ist er nicht eingeschränkt.
Eine Landschaft Kampanien hatte schon das damalige Ita-
lien, freylich in weit engeren Gränzen als die zu denen

brauchte: in der das Volk ſo ſchamlos aller Achtung ge-
gen die Regierung vergaß, aus Gefuͤhlloſigkeit gegen ihre
Wuͤrde, nicht aus Unwillen uͤber ihre Entweihung durch
Unwuͤrdige: eine ſolche Stadt iſt in der Geſchichte gerich-
tet. Aber wir muͤſſen nicht verſchweigen daß die bilden-
den Kuͤnſte in Kampanien die Hoͤhe griechiſcher Vortreff-
lichkeit erlangt hatten: weder die Gemaͤhlde noch Muͤnzen
ſtehen griechiſcher Kunſt nach: die Kuͤnſtler hatten das
Idealiſche gefaßt, dem die Etrusker ſtets fremd blieben:
ſie arbeiteten groß und leicht; die mechaniſche Ausfuͤhrung
iſt ſo vortrefflich als das gedachte Bild, welches der Kuͤnſt-
ler aus ſeiner Seele darzuſtellen ſtrebte. Der Gebrauch
der griechiſchen Sprache auf den Muͤnzen beweißt eine
ganz allgemeine Kenntniß, und die griechiſche Mytholo-
gie der Kunſtwerke laͤßt auf Vertraulichkeit mit der Poeſie
Griechenlands unfehlbar ſchließen: aber dieſe Litteratur
war nur eingeimpft, und es hat ſich auch nicht das
leiſeſte Andenken irgend eines kampaniſchen Dichters
oder Schriftſtellers in griechiſcher Sprache erhalten, ob-
gleich es gewiß daran nicht fehlte. An eigenthuͤmlicher
Litteratur hatten ſie burleske Komoͤdien, die Atellanen,
welche gewoͤhnlich improviſirt geworden zu ſeyn ſchei-
nen, und an deren Darſtellungen, Nachahmungen oder
Ueberſetzungen, das roͤmiſche Publicum lebhaftes Wohl-
gefallen hatte.

Allerdings bedeutet der Nahme Kampaner, Buͤrger
von Kapua: aber auf die Stadt iſt er nicht eingeſchraͤnkt.
Eine Landſchaft Kampanien hatte ſchon das damalige Ita-
lien, freylich in weit engeren Graͤnzen als die zu denen

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[486/0502] brauchte: in der das Volk ſo ſchamlos aller Achtung ge- gen die Regierung vergaß, aus Gefuͤhlloſigkeit gegen ihre Wuͤrde, nicht aus Unwillen uͤber ihre Entweihung durch Unwuͤrdige: eine ſolche Stadt iſt in der Geſchichte gerich- tet. Aber wir muͤſſen nicht verſchweigen daß die bilden- den Kuͤnſte in Kampanien die Hoͤhe griechiſcher Vortreff- lichkeit erlangt hatten: weder die Gemaͤhlde noch Muͤnzen ſtehen griechiſcher Kunſt nach: die Kuͤnſtler hatten das Idealiſche gefaßt, dem die Etrusker ſtets fremd blieben: ſie arbeiteten groß und leicht; die mechaniſche Ausfuͤhrung iſt ſo vortrefflich als das gedachte Bild, welches der Kuͤnſt- ler aus ſeiner Seele darzuſtellen ſtrebte. Der Gebrauch der griechiſchen Sprache auf den Muͤnzen beweißt eine ganz allgemeine Kenntniß, und die griechiſche Mytholo- gie der Kunſtwerke laͤßt auf Vertraulichkeit mit der Poeſie Griechenlands unfehlbar ſchließen: aber dieſe Litteratur war nur eingeimpft, und es hat ſich auch nicht das leiſeſte Andenken irgend eines kampaniſchen Dichters oder Schriftſtellers in griechiſcher Sprache erhalten, ob- gleich es gewiß daran nicht fehlte. An eigenthuͤmlicher Litteratur hatten ſie burleske Komoͤdien, die Atellanen, welche gewoͤhnlich improviſirt geworden zu ſeyn ſchei- nen, und an deren Darſtellungen, Nachahmungen oder Ueberſetzungen, das roͤmiſche Publicum lebhaftes Wohl- gefallen hatte. Allerdings bedeutet der Nahme Kampaner, Buͤrger von Kapua: aber auf die Stadt iſt er nicht eingeſchraͤnkt. Eine Landſchaft Kampanien hatte ſchon das damalige Ita- lien, freylich in weit engeren Graͤnzen als die zu denen

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/502>, abgerufen am 22.11.2024.