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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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nach der Volkszahl, dem Muth und der Kriegslust allein
gemessen, sondern auch nach der inneren Form welche
die Kräfte alle beleben und anwenden sollte, hätten sie,
wie die Italiker des siebenten Jahrhunderts ihre Souve-
rainetät in einer Hauptstadt zusammengezogen, als die
einzige vollständige Art fester Vereinigung eines Volks
durch einen Mittelpunkt deren die Völker Italiens fähig
waren, so gehörte die Oberherrschaft Italiens ihrer Na-
tion. Davon zeugt die verfälschte und unredlich verklei-
nernde Geschichte ihrer römischen Kriege, ihrer felsenfe-
sten Ausdauer, ihrer Leiden, und ihres Untergangs. Es
läßt sich nicht verkennen daß sie und alle größere Völker
Italiens durch die Thorheit fielen, um Sieg und Erhal-
tung nur mit den Mitteln und Einrichtungen zu ringen
welche, noch unversehrt und unerschöpft, im ersten
Kampf den Sieg versagten, während die Römer, unabläs-
sig den Zwecken nachdenkend, und ihnen angemessen rü-
stend, sich unter den feindlichen Siegen wie der kräftige
Jüngling unter einem harten Lehrer bildeten.

Seit dem Jahr 310 war Kapua samnitisch: aber die
Trennung welche sogar zwischen den Gebürgsvölkern
herrschte, äußerte sich noch ungleich stärker zwischen ihnen
und ihren Stammgenossen die im Reichthum der üppig-
sten Stadt Italiens ihren alten Sitten fremd geworden
waren. Schon nach einem Jahrhundert war zwischen
den glänzenden Städtern, und den Hirten des Gebürgs
Verachtung und Haß eingewurzelt, so bitter wie einst
zwischen den verweichlichten Etruskern von Vulturnum
und den alten Sabellern, als diese von den Bergen her-

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nach der Volkszahl, dem Muth und der Kriegsluſt allein
gemeſſen, ſondern auch nach der inneren Form welche
die Kraͤfte alle beleben und anwenden ſollte, haͤtten ſie,
wie die Italiker des ſiebenten Jahrhunderts ihre Souve-
rainetaͤt in einer Hauptſtadt zuſammengezogen, als die
einzige vollſtaͤndige Art feſter Vereinigung eines Volks
durch einen Mittelpunkt deren die Voͤlker Italiens faͤhig
waren, ſo gehoͤrte die Oberherrſchaft Italiens ihrer Na-
tion. Davon zeugt die verfaͤlſchte und unredlich verklei-
nernde Geſchichte ihrer roͤmiſchen Kriege, ihrer felſenfe-
ſten Ausdauer, ihrer Leiden, und ihres Untergangs. Es
laͤßt ſich nicht verkennen daß ſie und alle groͤßere Voͤlker
Italiens durch die Thorheit fielen, um Sieg und Erhal-
tung nur mit den Mitteln und Einrichtungen zu ringen
welche, noch unverſehrt und unerſchoͤpft, im erſten
Kampf den Sieg verſagten, waͤhrend die Roͤmer, unablaͤſ-
ſig den Zwecken nachdenkend, und ihnen angemeſſen ruͤ-
ſtend, ſich unter den feindlichen Siegen wie der kraͤftige
Juͤngling unter einem harten Lehrer bildeten.

Seit dem Jahr 310 war Kapua ſamnitiſch: aber die
Trennung welche ſogar zwiſchen den Gebuͤrgsvoͤlkern
herrſchte, aͤußerte ſich noch ungleich ſtaͤrker zwiſchen ihnen
und ihren Stammgenoſſen die im Reichthum der uͤppig-
ſten Stadt Italiens ihren alten Sitten fremd geworden
waren. Schon nach einem Jahrhundert war zwiſchen
den glaͤnzenden Staͤdtern, und den Hirten des Gebuͤrgs
Verachtung und Haß eingewurzelt, ſo bitter wie einſt
zwiſchen den verweichlichten Etruskern von Vulturnum
und den alten Sabellern, als dieſe von den Bergen her-

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[483/0499] nach der Volkszahl, dem Muth und der Kriegsluſt allein gemeſſen, ſondern auch nach der inneren Form welche die Kraͤfte alle beleben und anwenden ſollte, haͤtten ſie, wie die Italiker des ſiebenten Jahrhunderts ihre Souve- rainetaͤt in einer Hauptſtadt zuſammengezogen, als die einzige vollſtaͤndige Art feſter Vereinigung eines Volks durch einen Mittelpunkt deren die Voͤlker Italiens faͤhig waren, ſo gehoͤrte die Oberherrſchaft Italiens ihrer Na- tion. Davon zeugt die verfaͤlſchte und unredlich verklei- nernde Geſchichte ihrer roͤmiſchen Kriege, ihrer felſenfe- ſten Ausdauer, ihrer Leiden, und ihres Untergangs. Es laͤßt ſich nicht verkennen daß ſie und alle groͤßere Voͤlker Italiens durch die Thorheit fielen, um Sieg und Erhal- tung nur mit den Mitteln und Einrichtungen zu ringen welche, noch unverſehrt und unerſchoͤpft, im erſten Kampf den Sieg verſagten, waͤhrend die Roͤmer, unablaͤſ- ſig den Zwecken nachdenkend, und ihnen angemeſſen ruͤ- ſtend, ſich unter den feindlichen Siegen wie der kraͤftige Juͤngling unter einem harten Lehrer bildeten. Seit dem Jahr 310 war Kapua ſamnitiſch: aber die Trennung welche ſogar zwiſchen den Gebuͤrgsvoͤlkern herrſchte, aͤußerte ſich noch ungleich ſtaͤrker zwiſchen ihnen und ihren Stammgenoſſen die im Reichthum der uͤppig- ſten Stadt Italiens ihren alten Sitten fremd geworden waren. Schon nach einem Jahrhundert war zwiſchen den glaͤnzenden Staͤdtern, und den Hirten des Gebuͤrgs Verachtung und Haß eingewurzelt, ſo bitter wie einſt zwiſchen den verweichlichten Etruskern von Vulturnum und den alten Sabellern, als dieſe von den Bergen her- H h 2

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/499>, abgerufen am 22.11.2024.