Auch für Latium, das Land der dreyßig Städte, ent- springt die Bildung der Centurien von dreyßig Mann, einem aus jeder Stadt, aus seiner ursprünglichen Verfas- sung; auch hier blieb die alte Form erhalten als sie durch die Veränderungen der Zeit uneigentlich und unbequem geworden war: da sich der Bund auf sieben und vierzig Städte erweitert hatte, wie zu der Zeit seiner größten Verengung. Aber was so dieselbe Form trägt muß gleichartig seyn, und so deuten die Centurien auf Klassen, und auf die Verfassung des Servius als eine allgemeine latinische Constitution.
Es zeigte sich bald daß Latiums neugewonnene Größe die römische Herrschaft zu gründen diente, obwohl da- mals eine Gleichheit bestand, welche gemeinsamen Ge- nuß der zusammen errungenen Vortheile verhieß. Rom hatte den Herrschergeist, und Rom hatte sich durch seine inneren Bewegungen und ihre Frucht, die Verfassung der Freyheit, verjüngt. Es stand einer Föderation mit dem ganzen Vortheil der Einheit gegenüber. Gegen das Aus- land erhob sich die noch ungestört verbundene Kraft bey-
83) Legionen von 4200 Mann (Livius VII. c. 25.) oder von 5000 (derselbe VIII. c. 8.) sind im Widerspruch mit dieser Heeresordnung, also im fünften Jahrhundert auch unmög- lich. Es ist bezweifelt worden daß die Ritter einer Legion, der älteren Einrichtung nach, 300 gewesen wären (Schweig- häuser zu Polybius VI. c. 20.); diese Zahl folgt aber un- mittelbar aus der ältesten Nationaleintheilung.
Auch fuͤr Latium, das Land der dreyßig Staͤdte, ent- ſpringt die Bildung der Centurien von dreyßig Mann, einem aus jeder Stadt, aus ſeiner urſpruͤnglichen Verfaſ- ſung; auch hier blieb die alte Form erhalten als ſie durch die Veraͤnderungen der Zeit uneigentlich und unbequem geworden war: da ſich der Bund auf ſieben und vierzig Staͤdte erweitert hatte, wie zu der Zeit ſeiner groͤßten Verengung. Aber was ſo dieſelbe Form traͤgt muß gleichartig ſeyn, und ſo deuten die Centurien auf Klaſſen, und auf die Verfaſſung des Servius als eine allgemeine latiniſche Conſtitution.
Es zeigte ſich bald daß Latiums neugewonnene Groͤße die roͤmiſche Herrſchaft zu gruͤnden diente, obwohl da- mals eine Gleichheit beſtand, welche gemeinſamen Ge- nuß der zuſammen errungenen Vortheile verhieß. Rom hatte den Herrſchergeiſt, und Rom hatte ſich durch ſeine inneren Bewegungen und ihre Frucht, die Verfaſſung der Freyheit, verjuͤngt. Es ſtand einer Foͤderation mit dem ganzen Vortheil der Einheit gegenuͤber. Gegen das Aus- land erhob ſich die noch ungeſtoͤrt verbundene Kraft bey-
83) Legionen von 4200 Mann (Livius VII. c. 25.) oder von 5000 (derſelbe VIII. c. 8.) ſind im Widerſpruch mit dieſer Heeresordnung, alſo im fuͤnften Jahrhundert auch unmoͤg- lich. Es iſt bezweifelt worden daß die Ritter einer Legion, der aͤlteren Einrichtung nach, 300 geweſen waͤren (Schweig- haͤuſer zu Polybius VI. c. 20.); dieſe Zahl folgt aber un- mittelbar aus der aͤlteſten Nationaleintheilung.
Zweiter Theil. H h
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roͤmiſchen Einrichtungen wiederkehrenden Grundzahlen
12, 30 und 10 entſteht, naͤmlich 3600 83).
Auch fuͤr Latium, das Land der dreyßig Staͤdte, ent-
ſpringt die Bildung der Centurien von dreyßig Mann,
einem aus jeder Stadt, aus ſeiner urſpruͤnglichen Verfaſ-
ſung; auch hier blieb die alte Form erhalten als ſie durch
die Veraͤnderungen der Zeit uneigentlich und unbequem
geworden war: da ſich der Bund auf ſieben und vierzig
Staͤdte erweitert hatte, wie zu der Zeit ſeiner groͤßten
Verengung. Aber was ſo dieſelbe Form traͤgt muß
gleichartig ſeyn, und ſo deuten die Centurien auf Klaſſen,
und auf die Verfaſſung des Servius als eine allgemeine
latiniſche Conſtitution.
Es zeigte ſich bald daß Latiums neugewonnene Groͤße
die roͤmiſche Herrſchaft zu gruͤnden diente, obwohl da-
mals eine Gleichheit beſtand, welche gemeinſamen Ge-
nuß der zuſammen errungenen Vortheile verhieß. Rom
hatte den Herrſchergeiſt, und Rom hatte ſich durch ſeine
inneren Bewegungen und ihre Frucht, die Verfaſſung der
Freyheit, verjuͤngt. Es ſtand einer Foͤderation mit dem
ganzen Vortheil der Einheit gegenuͤber. Gegen das Aus-
land erhob ſich die noch ungeſtoͤrt verbundene Kraft bey-
83) Legionen von 4200 Mann (Livius VII. c. 25.) oder von
5000 (derſelbe VIII. c. 8.) ſind im Widerſpruch mit dieſer
Heeresordnung, alſo im fuͤnften Jahrhundert auch unmoͤg-
lich. Es iſt bezweifelt worden daß die Ritter einer Legion,
der aͤlteren Einrichtung nach, 300 geweſen waͤren (Schweig-
haͤuſer zu Polybius VI. c. 20.); dieſe Zahl folgt aber un-
mittelbar aus der aͤlteſten Nationaleintheilung.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/497>, abgerufen am 22.11.2024.
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