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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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gesiegt: aber wie das Volk ihm freywillig die verwei-
gerten Kriegskräfte gewährt hatte, so ehrte es auch sei-
nen Mitbürger mit dem Triumph. Nach einigen Feld-
zügen suchten die Etrusker Frieden 49). Rom konnte
die Waffen niederlegen, denn der Frevel an den Gefan-
genen war durch die Hinrichtung von dreyhundert acht
und funfzig Tarquiniensern gerächt worden.

Vier Jahrhunderte sind in den römischen Annalen
verflossen, ohne daß eine einzige Fehde mit Cäre vor-
fiel: obwohl diese Stadt an der Küste unmittelbar an
das römische Gebiet gegränzt haben muß. Dieses Ver-
hältniß, so ganz entgegengesetzt dem worin Rom zu al-
len übrigen Nachbarstaaten lebte, und ohne ganz eigen-
thümliche Veranlassungen widernatürlich für die rastlose
Kriegernation, ist schon früher, unterstützt von andern
eigenthümlichen Umständen, als Begründung einer Hypo-
these, daß beyde Städte ursprünglich durch das innigste
Band verknüpft waren, erwogen worden 50).

Die Cäriter hatten die alte Freundschaft bewährt
als zur Zeit des gallischen Unglücks Roms Priester und
Heiligthümer bey ihnen Aufnahme und Schutz fanden.
Wenige Jahre nachher (369) traf sie ein unvermuthetes
Unglück, welches den Reichthum und die Schwäche ih-
rer Stadt andeutet. Dionysius von Syrakusä überfiel
und eroberte die Hafenstadt Pyrgi, schlug die heran-
eilenden Cäriter in die Flucht, plünderte den Tempel der
Matuta, und kehrte mit einer Beute von fünfhundert

49) Livius VII. c. 22.
50) Th. I. Zusatz zu S. 182.
Zweiter Theil. G g

geſiegt: aber wie das Volk ihm freywillig die verwei-
gerten Kriegskraͤfte gewaͤhrt hatte, ſo ehrte es auch ſei-
nen Mitbuͤrger mit dem Triumph. Nach einigen Feld-
zuͤgen ſuchten die Etrusker Frieden 49). Rom konnte
die Waffen niederlegen, denn der Frevel an den Gefan-
genen war durch die Hinrichtung von dreyhundert acht
und funfzig Tarquinienſern geraͤcht worden.

Vier Jahrhunderte ſind in den roͤmiſchen Annalen
verfloſſen, ohne daß eine einzige Fehde mit Caͤre vor-
fiel: obwohl dieſe Stadt an der Kuͤſte unmittelbar an
das roͤmiſche Gebiet gegraͤnzt haben muß. Dieſes Ver-
haͤltniß, ſo ganz entgegengeſetzt dem worin Rom zu al-
len uͤbrigen Nachbarſtaaten lebte, und ohne ganz eigen-
thuͤmliche Veranlaſſungen widernatuͤrlich fuͤr die raſtloſe
Kriegernation, iſt ſchon fruͤher, unterſtuͤtzt von andern
eigenthuͤmlichen Umſtaͤnden, als Begruͤndung einer Hypo-
theſe, daß beyde Staͤdte urſpruͤnglich durch das innigſte
Band verknuͤpft waren, erwogen worden 50).

Die Caͤriter hatten die alte Freundſchaft bewaͤhrt
als zur Zeit des galliſchen Ungluͤcks Roms Prieſter und
Heiligthuͤmer bey ihnen Aufnahme und Schutz fanden.
Wenige Jahre nachher (369) traf ſie ein unvermuthetes
Ungluͤck, welches den Reichthum und die Schwaͤche ih-
rer Stadt andeutet. Dionyſius von Syrakuſaͤ uͤberfiel
und eroberte die Hafenſtadt Pyrgi, ſchlug die heran-
eilenden Caͤriter in die Flucht, pluͤnderte den Tempel der
Matuta, und kehrte mit einer Beute von fuͤnfhundert

49) Livius VII. c. 22.
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[465/0481] geſiegt: aber wie das Volk ihm freywillig die verwei- gerten Kriegskraͤfte gewaͤhrt hatte, ſo ehrte es auch ſei- nen Mitbuͤrger mit dem Triumph. Nach einigen Feld- zuͤgen ſuchten die Etrusker Frieden 49). Rom konnte die Waffen niederlegen, denn der Frevel an den Gefan- genen war durch die Hinrichtung von dreyhundert acht und funfzig Tarquinienſern geraͤcht worden. Vier Jahrhunderte ſind in den roͤmiſchen Annalen verfloſſen, ohne daß eine einzige Fehde mit Caͤre vor- fiel: obwohl dieſe Stadt an der Kuͤſte unmittelbar an das roͤmiſche Gebiet gegraͤnzt haben muß. Dieſes Ver- haͤltniß, ſo ganz entgegengeſetzt dem worin Rom zu al- len uͤbrigen Nachbarſtaaten lebte, und ohne ganz eigen- thuͤmliche Veranlaſſungen widernatuͤrlich fuͤr die raſtloſe Kriegernation, iſt ſchon fruͤher, unterſtuͤtzt von andern eigenthuͤmlichen Umſtaͤnden, als Begruͤndung einer Hypo- theſe, daß beyde Staͤdte urſpruͤnglich durch das innigſte Band verknuͤpft waren, erwogen worden 50). Die Caͤriter hatten die alte Freundſchaft bewaͤhrt als zur Zeit des galliſchen Ungluͤcks Roms Prieſter und Heiligthuͤmer bey ihnen Aufnahme und Schutz fanden. Wenige Jahre nachher (369) traf ſie ein unvermuthetes Ungluͤck, welches den Reichthum und die Schwaͤche ih- rer Stadt andeutet. Dionyſius von Syrakuſaͤ uͤberfiel und eroberte die Hafenſtadt Pyrgi, ſchlug die heran- eilenden Caͤriter in die Flucht, pluͤnderte den Tempel der Matuta, und kehrte mit einer Beute von fuͤnfhundert 49) Livius VII. c. 22. 50) Th. I. Zuſatz zu S. 182. Zweiter Theil. G g

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/481>, abgerufen am 22.11.2024.