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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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des Zinshandels überhaupt durch die Substitution eines
halben Procents jährlich anstatteines einzigen. Keines von
beyden konnte je im Ernst als gesetzliche Norm bestimmt
werden: eben so wenig aber war auf eine solche Herab-
setzung anwendbar was Livius erzählt 12): auch so hätte
noch ein großer Theil des Volks gelitten, aber man hätte
die Schwierigkeiten mit denen Einzelne kämpfen mußten
geringer geachtet als die Treue welche der Staat dem Ei-
genthum schuldig sey. Dasselbe Gesetz verordnete näm-
lich daß alle Schulden in vier gleichen Terminen innerhalb
drey Jahren abgezahlt werden sollten. Und da hätte es
als Erleichterung gelten können daß man den noch nicht
abgezahlten Rest des Capitals nur mit einem halben an-
statt mit einem ganzen Prozent jährlich verzinsete?

Dies sind innere Unmöglichkeiten welche, bey einer
Sache die zu allen Zeiten gleicher Natur ist, nur einem
strengen Beweise aufgeopfert werden können. Nicht weni-
ger aber darf man fordern daß gezeigt, wenigstens daß an-
gedeutet werde, zu welcher Zeit denn der gesetzliche Zins-
fuß eines halben Procents gesetzlich auf das vier und
zwanzigfache, auf zwölf Procent, erhöht worden sey;
und daß man angebe was denn berechtige diesen letzten
als die alterthümlich herkömmliche Einheit, als das As,
anzusehen? Damit dieses gelten könnte müßten die Cen-
tesimae
der ursprüngliche Zinsfuß seyn; wenigstens durch
die zwölf Tafeln festgesetzt: das wird aber im Ge-
gentheil von der Unze gesagt, also war es diese die
für älter galt. Vielmehr ist es wohl unmöglich eine

12) Livius VII. c. 27.
E e 2

des Zinshandels uͤberhaupt durch die Subſtitution eines
halben Procents jaͤhrlich anſtatteines einzigen. Keines von
beyden konnte je im Ernſt als geſetzliche Norm beſtimmt
werden: eben ſo wenig aber war auf eine ſolche Herab-
ſetzung anwendbar was Livius erzaͤhlt 12): auch ſo haͤtte
noch ein großer Theil des Volks gelitten, aber man haͤtte
die Schwierigkeiten mit denen Einzelne kaͤmpfen mußten
geringer geachtet als die Treue welche der Staat dem Ei-
genthum ſchuldig ſey. Daſſelbe Geſetz verordnete naͤm-
lich daß alle Schulden in vier gleichen Terminen innerhalb
drey Jahren abgezahlt werden ſollten. Und da haͤtte es
als Erleichterung gelten koͤnnen daß man den noch nicht
abgezahlten Reſt des Capitals nur mit einem halben an-
ſtatt mit einem ganzen Prozent jaͤhrlich verzinſete?

Dies ſind innere Unmoͤglichkeiten welche, bey einer
Sache die zu allen Zeiten gleicher Natur iſt, nur einem
ſtrengen Beweiſe aufgeopfert werden koͤnnen. Nicht weni-
ger aber darf man fordern daß gezeigt, wenigſtens daß an-
gedeutet werde, zu welcher Zeit denn der geſetzliche Zins-
fuß eines halben Procents geſetzlich auf das vier und
zwanzigfache, auf zwoͤlf Procent, erhoͤht worden ſey;
und daß man angebe was denn berechtige dieſen letzten
als die alterthuͤmlich herkoͤmmliche Einheit, als das As,
anzuſehen? Damit dieſes gelten koͤnnte muͤßten die Cen-
tesimæ
der urſpruͤngliche Zinsfuß ſeyn; wenigſtens durch
die zwoͤlf Tafeln feſtgeſetzt: das wird aber im Ge-
gentheil von der Unze geſagt, alſo war es dieſe die
fuͤr aͤlter galt. Vielmehr iſt es wohl unmoͤglich eine

12) Livius VII. c. 27.
E e 2
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[435/0451] des Zinshandels uͤberhaupt durch die Subſtitution eines halben Procents jaͤhrlich anſtatteines einzigen. Keines von beyden konnte je im Ernſt als geſetzliche Norm beſtimmt werden: eben ſo wenig aber war auf eine ſolche Herab- ſetzung anwendbar was Livius erzaͤhlt 12): auch ſo haͤtte noch ein großer Theil des Volks gelitten, aber man haͤtte die Schwierigkeiten mit denen Einzelne kaͤmpfen mußten geringer geachtet als die Treue welche der Staat dem Ei- genthum ſchuldig ſey. Daſſelbe Geſetz verordnete naͤm- lich daß alle Schulden in vier gleichen Terminen innerhalb drey Jahren abgezahlt werden ſollten. Und da haͤtte es als Erleichterung gelten koͤnnen daß man den noch nicht abgezahlten Reſt des Capitals nur mit einem halben an- ſtatt mit einem ganzen Prozent jaͤhrlich verzinſete? Dies ſind innere Unmoͤglichkeiten welche, bey einer Sache die zu allen Zeiten gleicher Natur iſt, nur einem ſtrengen Beweiſe aufgeopfert werden koͤnnen. Nicht weni- ger aber darf man fordern daß gezeigt, wenigſtens daß an- gedeutet werde, zu welcher Zeit denn der geſetzliche Zins- fuß eines halben Procents geſetzlich auf das vier und zwanzigfache, auf zwoͤlf Procent, erhoͤht worden ſey; und daß man angebe was denn berechtige dieſen letzten als die alterthuͤmlich herkoͤmmliche Einheit, als das As, anzuſehen? Damit dieſes gelten koͤnnte muͤßten die Cen- tesimæ der urſpruͤngliche Zinsfuß ſeyn; wenigſtens durch die zwoͤlf Tafeln feſtgeſetzt: das wird aber im Ge- gentheil von der Unze geſagt, alſo war es dieſe die fuͤr aͤlter galt. Vielmehr iſt es wohl unmoͤglich eine 12) Livius VII. c. 27. E e 2

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/451>, abgerufen am 25.11.2024.