waltsamen L. Manlius zur Dictatur (392) 91). Die- ser, obwohl nur für eine Cäremonie ernannt, begann ein Heer gegen die Herniker auszuheben: aber die Tri- bunen, den Zweck durchschauend, zwangen ihn seinem Unternehmen und seiner Würde zu entsagen.
Als im folgenden Jahr dieser Krieg ausbrach; als der plebejische Consul L. Genucius von den Hernikern überrascht ward, und, wie die Legionen, von Schrecken ergriffen, flohen, im Gefecht fiel, da, sagt Livius 92), grämte die Patricier das Unglück des Heers wenig: sie frohlockten über die Schmach des plebejischen Heerfüh- rers. Ein Dictator ward ernannt, und eben so in den beyden folgenden Jahren; so daß, was bisher unerhört gewesen war, vier Jahre von Dictaturen sich folgten. Den Vorwand wenigstens daß die plebejische Unfähig- keit der Auspicien der Republik mit einem Unheil drohe welches nur so abgewandt werden könne, vernichtete schon jetzt des Consuls Pötelius Verdienst und Glück. Aber die Gelegenheit darzuthun daß plebejische Auspi- cien weder täuschend noch verächtlich wären, verdankte er einem außerordentlichen Beschluß des Volks welches ihm den tiburtischen Krieg übertrug; also wollte der Senat, -- von dem die Vertheilung der Armeen so aus- schließend abhing daß Einmischung des Volks Verwen- dung der Tribunen wegen Mißbrauch andeutet, -- dem patricischen Consul oder dem Dictator alles zuwenden, den Plebejer übergehen. Auch findet sich im nächsten Jahr (395) Erwähnung einer gefährlichen Zwietracht
91) Livius VII. c. 3.
92) Derselbe VII. c. 6.
waltſamen L. Manlius zur Dictatur (392) 91). Die- ſer, obwohl nur fuͤr eine Caͤremonie ernannt, begann ein Heer gegen die Herniker auszuheben: aber die Tri- bunen, den Zweck durchſchauend, zwangen ihn ſeinem Unternehmen und ſeiner Wuͤrde zu entſagen.
Als im folgenden Jahr dieſer Krieg ausbrach; als der plebejiſche Conſul L. Genucius von den Hernikern uͤberraſcht ward, und, wie die Legionen, von Schrecken ergriffen, flohen, im Gefecht fiel, da, ſagt Livius 92), graͤmte die Patricier das Ungluͤck des Heers wenig: ſie frohlockten uͤber die Schmach des plebejiſchen Heerfuͤh- rers. Ein Dictator ward ernannt, und eben ſo in den beyden folgenden Jahren; ſo daß, was bisher unerhoͤrt geweſen war, vier Jahre von Dictaturen ſich folgten. Den Vorwand wenigſtens daß die plebejiſche Unfaͤhig- keit der Auſpicien der Republik mit einem Unheil drohe welches nur ſo abgewandt werden koͤnne, vernichtete ſchon jetzt des Conſuls Poͤtelius Verdienſt und Gluͤck. Aber die Gelegenheit darzuthun daß plebejiſche Auſpi- cien weder taͤuſchend noch veraͤchtlich waͤren, verdankte er einem außerordentlichen Beſchluß des Volks welches ihm den tiburtiſchen Krieg uͤbertrug; alſo wollte der Senat, — von dem die Vertheilung der Armeen ſo aus- ſchließend abhing daß Einmiſchung des Volks Verwen- dung der Tribunen wegen Mißbrauch andeutet, — dem patriciſchen Conſul oder dem Dictator alles zuwenden, den Plebejer uͤbergehen. Auch findet ſich im naͤchſten Jahr (395) Erwaͤhnung einer gefaͤhrlichen Zwietracht
91) Livius VII. c. 3.
92) Derſelbe VII. c. 6.
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waltſamen L. Manlius zur Dictatur (392) 91). Die-
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bunen, den Zweck durchſchauend, zwangen ihn ſeinem
Unternehmen und ſeiner Wuͤrde zu entſagen.
Als im folgenden Jahr dieſer Krieg ausbrach; als
der plebejiſche Conſul L. Genucius von den Hernikern
uͤberraſcht ward, und, wie die Legionen, von Schrecken
ergriffen, flohen, im Gefecht fiel, da, ſagt Livius 92),
graͤmte die Patricier das Ungluͤck des Heers wenig: ſie
frohlockten uͤber die Schmach des plebejiſchen Heerfuͤh-
rers. Ein Dictator ward ernannt, und eben ſo in den
beyden folgenden Jahren; ſo daß, was bisher unerhoͤrt
geweſen war, vier Jahre von Dictaturen ſich folgten.
Den Vorwand wenigſtens daß die plebejiſche Unfaͤhig-
keit der Auſpicien der Republik mit einem Unheil drohe
welches nur ſo abgewandt werden koͤnne, vernichtete
ſchon jetzt des Conſuls Poͤtelius Verdienſt und Gluͤck.
Aber die Gelegenheit darzuthun daß plebejiſche Auſpi-
cien weder taͤuſchend noch veraͤchtlich waͤren, verdankte
er einem außerordentlichen Beſchluß des Volks welches
ihm den tiburtiſchen Krieg uͤbertrug; alſo wollte der
Senat, — von dem die Vertheilung der Armeen ſo aus-
ſchließend abhing daß Einmiſchung des Volks Verwen-
dung der Tribunen wegen Mißbrauch andeutet, — dem
patriciſchen Conſul oder dem Dictator alles zuwenden,
den Plebejer uͤbergehen. Auch findet ſich im naͤchſten
Jahr (395) Erwaͤhnung einer gefaͤhrlichen Zwietracht
91) Livius VII. c. 3.
92) Derſelbe VII. c. 6.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/440>, abgerufen am 25.11.2024.
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