Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.5. Die Besitzer des Gemeinlands sollen an die Re- send Assen verurtheilt, weil er tausend Jugern besaß. Nicht daß jene Geldsumme, oder eine bestimmte Zahl für das Jugerum, eine feste Strafe gewesen wäre: Veränderlichkeit nach erschwerenden oder mildernden Umständen ist der noth- wendige Charakter einer irrogirten Mult. Daß aber übri- gens nur der unerlaubte Besitz eingezogen, nicht auch der gesetzmäßige seinetwegen verwirkt ward, scheint durch die Milde der Sempronischen Gesetzgebung bewiesen. Fünfhundert Jugern sind ungefähr 490 Magdeburger Morgen: ein Vorwerk von nicht verächtlichem Umfang, und dadurch noch bedeutender daß es ganz in Ackerland oder Pflanzung bestand; indem die Gemeintrifft zur Weide diente. Dem Athenienser hätte dieser Besitz sehr groß und glänzend geschienen, da Alkibiades Familiengut weniger als dreyhundert Plethren maaß: noch nicht einmahl 120 Ju- gern (Plato, Alcib pr. p. 123. c.). Uebrigens galt die Beschränkung durchaus nur für den Besitz, nicht für den Erwerb von Eigenthum, römischem und fremdem: dem wa- ren keine Schranken gesetzt. 46) Wir müssen annehmen daß diese Verordnung, welche
Appian (de bell. civilib. I. p. 353.) erhalten hat, im lici- nischen Gesetz enthalten war, denn es ist wiederhohlt be- merkt wie bis dahin unter der Aristokratie nichts erlegt ward. Vom Obst scheint allgemein eine höhere Ertrags- steuer gezahlt zu seyn als vom Getreide; so entrichtete Ju- däa den Syrischen Königen von jenem die Hälfte, von die- 5. Die Beſitzer des Gemeinlands ſollen an die Re- ſend Aſſen verurtheilt, weil er tauſend Jugern beſaß. Nicht daß jene Geldſumme, oder eine beſtimmte Zahl fuͤr das Jugerum, eine feſte Strafe geweſen waͤre: Veraͤnderlichkeit nach erſchwerenden oder mildernden Umſtaͤnden iſt der noth- wendige Charakter einer irrogirten Mult. Daß aber uͤbri- gens nur der unerlaubte Beſitz eingezogen, nicht auch der geſetzmaͤßige ſeinetwegen verwirkt ward, ſcheint durch die Milde der Semproniſchen Geſetzgebung bewieſen. Fuͤnfhundert Jugern ſind ungefaͤhr 490 Magdeburger Morgen: ein Vorwerk von nicht veraͤchtlichem Umfang, und dadurch noch bedeutender daß es ganz in Ackerland oder Pflanzung beſtand; indem die Gemeintrifft zur Weide diente. Dem Athenienſer haͤtte dieſer Beſitz ſehr groß und glaͤnzend geſchienen, da Alkibiades Familiengut weniger als dreyhundert Plethren maaß: noch nicht einmahl 120 Ju- gern (Plato, Alcib pr. p. 123. c.). Uebrigens galt die Beſchraͤnkung durchaus nur fuͤr den Beſitz, nicht fuͤr den Erwerb von Eigenthum, roͤmiſchem und fremdem: dem wa- ren keine Schranken geſetzt. 46) Wir muͤſſen annehmen daß dieſe Verordnung, welche
Appian (de bell. civilib. I. p. 353.) erhalten hat, im lici- niſchen Geſetz enthalten war, denn es iſt wiederhohlt be- merkt wie bis dahin unter der Ariſtokratie nichts erlegt ward. Vom Obſt ſcheint allgemein eine hoͤhere Ertrags- ſteuer gezahlt zu ſeyn als vom Getreide; ſo entrichtete Ju- daͤa den Syriſchen Koͤnigen von jenem die Haͤlfte, von die- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0413" n="397"/> <p>5. Die Beſitzer des Gemeinlands ſollen an die Re-<lb/> publik vom Acker den zehnten Scheffel, von Baum-<lb/> pflanzungen und Weinbergen den fuͤnften des Ertrags<lb/> entrichten: von jedem Haupt großes Viehs, welches ſie<lb/> auf der Gemeinweide halten, … Aſſe, von jedem Stuͤck<lb/> kleines Viehs … Aſſe jaͤhrliches Grasgeld zahlen <note xml:id="note-0413a" next="#note-0414" place="foot" n="46)">Wir muͤſſen annehmen daß dieſe Verordnung, welche<lb/> Appian (<hi rendition="#aq">de bell. civilib. I. p.</hi> 353.) erhalten hat, im lici-<lb/> niſchen Geſetz enthalten war, denn es iſt wiederhohlt be-<lb/> merkt wie bis dahin unter der Ariſtokratie nichts erlegt<lb/> ward. Vom Obſt ſcheint allgemein eine hoͤhere Ertrags-<lb/> ſteuer gezahlt zu ſeyn als vom Getreide; ſo entrichtete Ju-<lb/> daͤa den Syriſchen Koͤnigen von jenem die Haͤlfte, von die-</note>.</p><lb/> <note xml:id="note-0413" prev="#note-0412" place="foot" n="45)">ſend Aſſen verurtheilt, weil er tauſend Jugern beſaß. Nicht<lb/> daß jene Geldſumme, oder eine beſtimmte Zahl fuͤr das<lb/> Jugerum, eine feſte Strafe geweſen waͤre: Veraͤnderlichkeit<lb/> nach erſchwerenden oder mildernden Umſtaͤnden iſt der noth-<lb/> wendige Charakter einer irrogirten Mult. Daß aber uͤbri-<lb/> gens nur der unerlaubte Beſitz eingezogen, nicht auch der<lb/> geſetzmaͤßige ſeinetwegen verwirkt ward, ſcheint durch die<lb/> Milde der Semproniſchen Geſetzgebung bewieſen.<lb/> Fuͤnfhundert Jugern ſind ungefaͤhr 490 Magdeburger<lb/> Morgen: ein Vorwerk von nicht veraͤchtlichem Umfang,<lb/> und dadurch noch bedeutender daß es ganz in Ackerland<lb/> oder Pflanzung beſtand; indem die Gemeintrifft zur Weide<lb/> diente. Dem Athenienſer haͤtte dieſer Beſitz ſehr groß und<lb/> glaͤnzend geſchienen, da Alkibiades Familiengut weniger als<lb/> dreyhundert Plethren maaß: noch nicht <choice><sic>eiumahl</sic><corr>einmahl</corr></choice> 120 Ju-<lb/> gern (Plato, <hi rendition="#aq">Alcib pr. p. 123. c.</hi>). Uebrigens galt die<lb/> Beſchraͤnkung durchaus nur fuͤr den Beſitz, nicht fuͤr den<lb/> Erwerb von Eigenthum, roͤmiſchem und fremdem: dem wa-<lb/> ren keine Schranken geſetzt.</note><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [397/0413]
5. Die Beſitzer des Gemeinlands ſollen an die Re-
publik vom Acker den zehnten Scheffel, von Baum-
pflanzungen und Weinbergen den fuͤnften des Ertrags
entrichten: von jedem Haupt großes Viehs, welches ſie
auf der Gemeinweide halten, … Aſſe, von jedem Stuͤck
kleines Viehs … Aſſe jaͤhrliches Grasgeld zahlen 46).
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46) Wir muͤſſen annehmen daß dieſe Verordnung, welche
Appian (de bell. civilib. I. p. 353.) erhalten hat, im lici-
niſchen Geſetz enthalten war, denn es iſt wiederhohlt be-
merkt wie bis dahin unter der Ariſtokratie nichts erlegt
ward. Vom Obſt ſcheint allgemein eine hoͤhere Ertrags-
ſteuer gezahlt zu ſeyn als vom Getreide; ſo entrichtete Ju-
daͤa den Syriſchen Koͤnigen von jenem die Haͤlfte, von die-
45) ſend Aſſen verurtheilt, weil er tauſend Jugern beſaß. Nicht
daß jene Geldſumme, oder eine beſtimmte Zahl fuͤr das
Jugerum, eine feſte Strafe geweſen waͤre: Veraͤnderlichkeit
nach erſchwerenden oder mildernden Umſtaͤnden iſt der noth-
wendige Charakter einer irrogirten Mult. Daß aber uͤbri-
gens nur der unerlaubte Beſitz eingezogen, nicht auch der
geſetzmaͤßige ſeinetwegen verwirkt ward, ſcheint durch die
Milde der Semproniſchen Geſetzgebung bewieſen.
Fuͤnfhundert Jugern ſind ungefaͤhr 490 Magdeburger
Morgen: ein Vorwerk von nicht veraͤchtlichem Umfang,
und dadurch noch bedeutender daß es ganz in Ackerland
oder Pflanzung beſtand; indem die Gemeintrifft zur Weide
diente. Dem Athenienſer haͤtte dieſer Beſitz ſehr groß und
glaͤnzend geſchienen, da Alkibiades Familiengut weniger als
dreyhundert Plethren maaß: noch nicht einmahl 120 Ju-
gern (Plato, Alcib pr. p. 123. c.). Uebrigens galt die
Beſchraͤnkung durchaus nur fuͤr den Beſitz, nicht fuͤr den
Erwerb von Eigenthum, roͤmiſchem und fremdem: dem wa-
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Zitationshilfe: | Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/413>, abgerufen am 16.02.2025. |