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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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hier unmöglich Gegenstand der Verpachtung seyn, der
war ja zurückgegeben. Also nur der Antheil des Staats
am Ertrag 66): und agrum Campanum fruendum
locare
ist so gleichbedeutend mit fructus agri Campani
locare
oder vendere. Dies erläutert sich auch aus der
Erzählung von Einführung der Accise zu Capua, und
ihrer Verpachtung 67). Die Habsucht der Einzelnen
hatte im campanischen Gefilde der Republik während
dreyßig Jahren nicht eine Pacht sondern den Zehenten
entzogen.

Der Sprachgebrauch begünstigte hier Zweydeutig-
keit: aber wenn er von der Location redet, daß ein Schein
entsteht als hätte sie den Boden betroffen, so gestattet
er dagegen nie entsprechend von einer Conduction zu
reden. Hier vielmehr wird er selbst zum sichersten Be-
weis des wahren Verhältnisses. Vom Pachter kann nie
gesagt werden daß er ein Grundstück besitze: Pachtung
und Besitz einer Sache sind widersprechende Begriffe 68).
Besitz aber und Besitzer sind in allen Erwähnungen der

sunt bello a majoribus nostris subactae: quarum ager cum
esset publicus P. R. factus, tamen illis est redditus. Is
ager
a censoribus locari solet.
66) So Festus s. v. Venditiones olim dicebantur censoriae
locationes quod velut fructus publicorum locorum veni-
bant.
So ist dieser Ausdruck auch im Edict zu verstehen.
Ulpian l. 1. D. de loco publico fruendo.
67) Livius XXXII. c. 7. Censores portoria venalium Ca-
puae -- fruenda locarunt.
68) Marcellus l. 19. D. de adquir. v. amitt. possess. Ja-
volenus l. 21. eod.

hier unmoͤglich Gegenſtand der Verpachtung ſeyn, der
war ja zuruͤckgegeben. Alſo nur der Antheil des Staats
am Ertrag 66): und agrum Campanum fruendum
locare
iſt ſo gleichbedeutend mit fructus agri Campani
locare
oder vendere. Dies erlaͤutert ſich auch aus der
Erzaͤhlung von Einfuͤhrung der Acciſe zu Capua, und
ihrer Verpachtung 67). Die Habſucht der Einzelnen
hatte im campaniſchen Gefilde der Republik waͤhrend
dreyßig Jahren nicht eine Pacht ſondern den Zehenten
entzogen.

Der Sprachgebrauch beguͤnſtigte hier Zweydeutig-
keit: aber wenn er von der Location redet, daß ein Schein
entſteht als haͤtte ſie den Boden betroffen, ſo geſtattet
er dagegen nie entſprechend von einer Conduction zu
reden. Hier vielmehr wird er ſelbſt zum ſicherſten Be-
weis des wahren Verhaͤltniſſes. Vom Pachter kann nie
geſagt werden daß er ein Grundſtuͤck beſitze: Pachtung
und Beſitz einer Sache ſind widerſprechende Begriffe 68).
Beſitz aber und Beſitzer ſind in allen Erwaͤhnungen der

sunt bello a majoribus nostris subactæ: quarum ager cum
esset publicus P. R. factus, tamen illis est redditus. Is
ager
a censoribus locari solet.
66) So Feſtus s. v. Venditiones olim dicebantur censoriæ
locationes quod velut fructus publicorum locorum veni-
bant.
So iſt dieſer Ausdruck auch im Edict zu verſtehen.
Ulpian l. 1. D. de loco publico fruendo.
67) Livius XXXII. c. 7. Censores portoria venalium Ca-
puæ — fruenda locarunt.
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[358/0374] hier unmoͤglich Gegenſtand der Verpachtung ſeyn, der war ja zuruͤckgegeben. Alſo nur der Antheil des Staats am Ertrag 66): und agrum Campanum fruendum locare iſt ſo gleichbedeutend mit fructus agri Campani locare oder vendere. Dies erlaͤutert ſich auch aus der Erzaͤhlung von Einfuͤhrung der Acciſe zu Capua, und ihrer Verpachtung 67). Die Habſucht der Einzelnen hatte im campaniſchen Gefilde der Republik waͤhrend dreyßig Jahren nicht eine Pacht ſondern den Zehenten entzogen. Der Sprachgebrauch beguͤnſtigte hier Zweydeutig- keit: aber wenn er von der Location redet, daß ein Schein entſteht als haͤtte ſie den Boden betroffen, ſo geſtattet er dagegen nie entſprechend von einer Conduction zu reden. Hier vielmehr wird er ſelbſt zum ſicherſten Be- weis des wahren Verhaͤltniſſes. Vom Pachter kann nie geſagt werden daß er ein Grundſtuͤck beſitze: Pachtung und Beſitz einer Sache ſind widerſprechende Begriffe 68). Beſitz aber und Beſitzer ſind in allen Erwaͤhnungen der 65) 66) So Feſtus s. v. Venditiones olim dicebantur censoriæ locationes quod velut fructus publicorum locorum veni- bant. So iſt dieſer Ausdruck auch im Edict zu verſtehen. Ulpian l. 1. D. de loco publico fruendo. 67) Livius XXXII. c. 7. Censores portoria venalium Ca- puæ — fruenda locarunt. 68) Marcellus l. 19. D. de adquir. v. amitt. possess. Ja- volenus l. 21. eod. 65) sunt bello a majoribus nostris subactæ: quarum ager cum esset publicus P. R. factus, tamen illis est redditus. Is ager a censoribus locari solet.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/374>, abgerufen am 22.11.2024.