Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

sich daß, nach Abschaffung der Monarchie, von ihnen
das Gesetz über die Beybehaltung dieser Magistratur
beschlossen ward 12).

Daß die Polizey über den plebejischen Stand den
Aedilen ursprünglich beygelegt, daß ihr Amt gleich alt
mit der Anordnung der Plebs als geschlossener Stand ge
wesen, scheint nicht zu bezweifeln, weil die Aedilität in
allen latinischen Städten eine einheimische Magistratur,
und der wichtigsten eine war, in den Municipien blieb,
und auch die plebejische Gemeinde Roms nicht ohne
Municipalverfassung gewesen seyn kann.

Aber sehr beschränkt war noch die Zahl der Fälle wo
fremde richterliche Gewalt zur Entscheidung aufgefordert
wurde, durch die Selbstständigkeit der kleineren Vereine
aus denen der gesammte Staat bestand. Der Vater
war Richter des Sohns, der Patron des Clienten: er
ahndete an ihm sein eignes Mißfallen, sogar mit To-
desstrafe 13): unter sich konnten die Clienten keinen

12) Durch eine lex curiata. Tacitus Annal. XI. c. 22.
13) Es ist ein Fall bey Valerius Maximus VI. c. 1. n. 4.
von P. Mänius, der einen Freygelassenen, weil er die sei-
nem Hause schuldige Ehrerbietung verletzt, hinrichten ließ
(in eum animadvertit). Wir werden uns nicht irren in-
dem wir diesen Vorfall in das fünfte Jahrhundert setzen,
welches die Zeit der Größe der Mänischen Familie war:
und obwohl hier nur von einem Freygelassenen die Rede ist,
so dü[ - 3 Zeichen fehlen]n wir das Halsrecht des Patrons wohl aus dem all-
gemeinen Recht des Patronats ableiten. Die Regel wird
nie irre führen daß ursprünglich alle Bande weit fester und

ſich daß, nach Abſchaffung der Monarchie, von ihnen
das Geſetz uͤber die Beybehaltung dieſer Magiſtratur
beſchloſſen ward 12).

Daß die Polizey uͤber den plebejiſchen Stand den
Aedilen urſpruͤnglich beygelegt, daß ihr Amt gleich alt
mit der Anordnung der Plebs als geſchloſſener Stand ge
weſen, ſcheint nicht zu bezweifeln, weil die Aedilitaͤt in
allen latiniſchen Staͤdten eine einheimiſche Magiſtratur,
und der wichtigſten eine war, in den Municipien blieb,
und auch die plebejiſche Gemeinde Roms nicht ohne
Municipalverfaſſung geweſen ſeyn kann.

Aber ſehr beſchraͤnkt war noch die Zahl der Faͤlle wo
fremde richterliche Gewalt zur Entſcheidung aufgefordert
wurde, durch die Selbſtſtaͤndigkeit der kleineren Vereine
aus denen der geſammte Staat beſtand. Der Vater
war Richter des Sohns, der Patron des Clienten: er
ahndete an ihm ſein eignes Mißfallen, ſogar mit To-
desſtrafe 13): unter ſich konnten die Clienten keinen

12) Durch eine lex curiata. Tacitus Annal. XI. c. 22.
13) Es iſt ein Fall bey Valerius Maximus VI. c. 1. n. 4.
von P. Maͤnius, der einen Freygelaſſenen, weil er die ſei-
nem Hauſe ſchuldige Ehrerbietung verletzt, hinrichten ließ
(in eum animadvertit). Wir werden uns nicht irren in-
dem wir dieſen Vorfall in das fuͤnfte Jahrhundert ſetzen,
welches die Zeit der Groͤße der Maͤniſchen Familie war:
und obwohl hier nur von einem Freygelaſſenen die Rede iſt,
ſo duͤ[ – 3 Zeichen fehlen]n wir das Halsrecht des Patrons wohl aus dem all-
gemeinen Recht des Patronats ableiten. Die Regel wird
nie irre fuͤhren daß urſpruͤnglich alle Bande weit feſter und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0031" n="15"/>
&#x017F;ich daß, nach Ab&#x017F;chaffung der Monarchie, von ihnen<lb/>
das Ge&#x017F;etz u&#x0364;ber die Beybehaltung die&#x017F;er Magi&#x017F;tratur<lb/>
be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en ward <note place="foot" n="12)">Durch eine <hi rendition="#aq">lex curiata</hi>. Tacitus <hi rendition="#aq">Annal. XI. c.</hi> 22.</note>.</p><lb/>
        <p>Daß die Polizey u&#x0364;ber den plebeji&#x017F;chen Stand den<lb/>
Aedilen ur&#x017F;pru&#x0364;nglich beygelegt, daß ihr Amt gleich alt<lb/>
mit der Anordnung der Plebs als ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ener Stand ge<lb/>
we&#x017F;en, &#x017F;cheint nicht zu bezweifeln, weil die Aedilita&#x0364;t in<lb/>
allen latini&#x017F;chen Sta&#x0364;dten eine einheimi&#x017F;che Magi&#x017F;tratur,<lb/>
und der wichtig&#x017F;ten eine war, in den Municipien blieb,<lb/>
und auch die plebeji&#x017F;che Gemeinde Roms nicht ohne<lb/>
Municipalverfa&#x017F;&#x017F;ung gewe&#x017F;en &#x017F;eyn kann.</p><lb/>
        <p>Aber &#x017F;ehr be&#x017F;chra&#x0364;nkt war noch die Zahl der Fa&#x0364;lle wo<lb/>
fremde richterliche Gewalt zur Ent&#x017F;cheidung aufgefordert<lb/>
wurde, durch die Selb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit der kleineren Vereine<lb/>
aus denen der ge&#x017F;ammte Staat be&#x017F;tand. Der Vater<lb/>
war Richter des Sohns, der Patron des Clienten: er<lb/>
ahndete an ihm &#x017F;ein eignes Mißfallen, &#x017F;ogar mit To-<lb/>
des&#x017F;trafe <note xml:id="note-0031" next="#note-0032" place="foot" n="13)">Es i&#x017F;t ein Fall bey Valerius Maximus <hi rendition="#aq">VI. c. 1. n.</hi> 4.<lb/>
von P. Ma&#x0364;nius, der einen Freygela&#x017F;&#x017F;enen, weil er die &#x017F;ei-<lb/>
nem Hau&#x017F;e &#x017F;chuldige Ehrerbietung verletzt, hinrichten ließ<lb/>
(<hi rendition="#aq">in eum animadvertit</hi>). Wir werden uns nicht irren in-<lb/>
dem wir die&#x017F;en Vorfall in das fu&#x0364;nfte Jahrhundert &#x017F;etzen,<lb/>
welches die Zeit der Gro&#x0364;ße der Ma&#x0364;ni&#x017F;chen Familie war:<lb/>
und obwohl hier nur von einem Freygela&#x017F;&#x017F;enen die Rede i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;o du&#x0364;<gap unit="chars" quantity="3"/>n wir das Halsrecht des Patrons wohl aus dem all-<lb/>
gemeinen Recht des Patronats ableiten. Die Regel wird<lb/>
nie irre fu&#x0364;hren daß ur&#x017F;pru&#x0364;nglich alle Bande weit fe&#x017F;ter und</note>: unter &#x017F;ich konnten die Clienten keinen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0031] ſich daß, nach Abſchaffung der Monarchie, von ihnen das Geſetz uͤber die Beybehaltung dieſer Magiſtratur beſchloſſen ward 12). Daß die Polizey uͤber den plebejiſchen Stand den Aedilen urſpruͤnglich beygelegt, daß ihr Amt gleich alt mit der Anordnung der Plebs als geſchloſſener Stand ge weſen, ſcheint nicht zu bezweifeln, weil die Aedilitaͤt in allen latiniſchen Staͤdten eine einheimiſche Magiſtratur, und der wichtigſten eine war, in den Municipien blieb, und auch die plebejiſche Gemeinde Roms nicht ohne Municipalverfaſſung geweſen ſeyn kann. Aber ſehr beſchraͤnkt war noch die Zahl der Faͤlle wo fremde richterliche Gewalt zur Entſcheidung aufgefordert wurde, durch die Selbſtſtaͤndigkeit der kleineren Vereine aus denen der geſammte Staat beſtand. Der Vater war Richter des Sohns, der Patron des Clienten: er ahndete an ihm ſein eignes Mißfallen, ſogar mit To- desſtrafe 13): unter ſich konnten die Clienten keinen 12) Durch eine lex curiata. Tacitus Annal. XI. c. 22. 13) Es iſt ein Fall bey Valerius Maximus VI. c. 1. n. 4. von P. Maͤnius, der einen Freygelaſſenen, weil er die ſei- nem Hauſe ſchuldige Ehrerbietung verletzt, hinrichten ließ (in eum animadvertit). Wir werden uns nicht irren in- dem wir dieſen Vorfall in das fuͤnfte Jahrhundert ſetzen, welches die Zeit der Groͤße der Maͤniſchen Familie war: und obwohl hier nur von einem Freygelaſſenen die Rede iſt, ſo duͤ___n wir das Halsrecht des Patrons wohl aus dem all- gemeinen Recht des Patronats ableiten. Die Regel wird nie irre fuͤhren daß urſpruͤnglich alle Bande weit feſter und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/31
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/31>, abgerufen am 24.11.2024.