kömmlichen Ordnung daß der Plan einer neuen Stadt geometrisch abgesteckt, und mit Vorbehalt breiter Stra- ßen, welche dem Staat verblieben 75), die Bauplätze als Eigenthum angewiesen wurden, -- eine Regelmä- ßigkeit welche bey der allmählichen Erweiterung des alten Roms beobachtet geworden zu seyn scheint, -- ward jetzt jedem erlaubt sich anzubauen wo er es wünschte, damit der Eifer des Beginnens durch Entfernung alles Zwangs er- muntert, und so viel mehrere nach einigem Fortgang ge- gen die Stimme des Wankelmuths und der Erschöpfung für die Ausdauer gewonnen seyn möchten. Der Staat scheint alles Privateigenthum des Bodens in der Stadt für erloschen durch die feindliche Eroberung angesehen zu haben. Die Nachkommen, uneingedenk daß ohne diesen Nachtheil sie Rom wahrscheinlich nicht bewohnt hätten, beklagten in der Folge die Unordnung der Uebereilung, in- dem es selbst im größten Glanz der Stadt unmöglich war die Krümme und Enge der Straßen abzuändern. Auch war daraus ein sehr wesentlicher Nachtheil entstanden, indem die Cloaken, auf denen nicht mehr die Straßen, sondern größtentheils Gebäude ruhten, für ihre Zwecke unbrauchbarer geworden waren: selbst die Gesundheit der Stadt muß gelitten haben, indem breite, gesunden Win- den, dem Ost und Nord, offene Straßen im heissen Süden als wesentlich nothwendig für das gesunde Leben der Bür- ger anerkannt wurden 76): ein Vortheil den eine nach den Regeln der Limitation gebaute Stadt genoß. Doch
75) Daher in publicum prodire.
76) Aristoteles Polit. VII. c. 11.
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koͤmmlichen Ordnung daß der Plan einer neuen Stadt geometriſch abgeſteckt, und mit Vorbehalt breiter Stra- ßen, welche dem Staat verblieben 75), die Bauplaͤtze als Eigenthum angewieſen wurden, — eine Regelmaͤ- ßigkeit welche bey der allmaͤhlichen Erweiterung des alten Roms beobachtet geworden zu ſeyn ſcheint, — ward jetzt jedem erlaubt ſich anzubauen wo er es wuͤnſchte, damit der Eifer des Beginnens durch Entfernung alles Zwangs er- muntert, und ſo viel mehrere nach einigem Fortgang ge- gen die Stimme des Wankelmuths und der Erſchoͤpfung fuͤr die Ausdauer gewonnen ſeyn moͤchten. Der Staat ſcheint alles Privateigenthum des Bodens in der Stadt fuͤr erloſchen durch die feindliche Eroberung angeſehen zu haben. Die Nachkommen, uneingedenk daß ohne dieſen Nachtheil ſie Rom wahrſcheinlich nicht bewohnt haͤtten, beklagten in der Folge die Unordnung der Uebereilung, in- dem es ſelbſt im groͤßten Glanz der Stadt unmoͤglich war die Kruͤmme und Enge der Straßen abzuaͤndern. Auch war daraus ein ſehr weſentlicher Nachtheil entſtanden, indem die Cloaken, auf denen nicht mehr die Straßen, ſondern groͤßtentheils Gebaͤude ruhten, fuͤr ihre Zwecke unbrauchbarer geworden waren: ſelbſt die Geſundheit der Stadt muß gelitten haben, indem breite, geſunden Win- den, dem Oſt und Nord, offene Straßen im heiſſen Suͤden als weſentlich nothwendig fuͤr das geſunde Leben der Buͤr- ger anerkannt wurden 76): ein Vortheil den eine nach den Regeln der Limitation gebaute Stadt genoß. Doch
75) Daher in publicum prodire.
76) Ariſtoteles Polit. VII. c. 11.
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koͤmmlichen Ordnung daß der Plan einer neuen Stadt
geometriſch abgeſteckt, und mit Vorbehalt breiter Stra-
ßen, welche dem Staat verblieben 75), die Bauplaͤtze
als Eigenthum angewieſen wurden, — eine Regelmaͤ-
ßigkeit welche bey der allmaͤhlichen Erweiterung des alten
Roms beobachtet geworden zu ſeyn ſcheint, — ward jetzt
jedem erlaubt ſich anzubauen wo er es wuͤnſchte, damit der
Eifer des Beginnens durch Entfernung alles Zwangs er-
muntert, und ſo viel mehrere nach einigem Fortgang ge-
gen die Stimme des Wankelmuths und der Erſchoͤpfung
fuͤr die Ausdauer gewonnen ſeyn moͤchten. Der Staat
ſcheint alles Privateigenthum des Bodens in der Stadt
fuͤr erloſchen durch die feindliche Eroberung angeſehen zu
haben. Die Nachkommen, uneingedenk daß ohne dieſen
Nachtheil ſie Rom wahrſcheinlich nicht bewohnt haͤtten,
beklagten in der Folge die Unordnung der Uebereilung, in-
dem es ſelbſt im groͤßten Glanz der Stadt unmoͤglich war
die Kruͤmme und Enge der Straßen abzuaͤndern. Auch
war daraus ein ſehr weſentlicher Nachtheil entſtanden,
indem die Cloaken, auf denen nicht mehr die Straßen,
ſondern groͤßtentheils Gebaͤude ruhten, fuͤr ihre Zwecke
unbrauchbarer geworden waren: ſelbſt die Geſundheit der
Stadt muß gelitten haben, indem breite, geſunden Win-
den, dem Oſt und Nord, offene Straßen im heiſſen Suͤden
als weſentlich nothwendig fuͤr das geſunde Leben der Buͤr-
ger anerkannt wurden 76): ein Vortheil den eine nach
den Regeln der Limitation gebaute Stadt genoß. Doch
75) Daher in publicum prodire.
76) Ariſtoteles Polit. VII. c. 11.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/307>, abgerufen am 22.11.2024.
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