Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

fremd war, da sie zu seinen Provinzen gehörten, leitet
von den Auswanderungen über den Rhein nur allein die
Volker Tektosager ab die unter dem Herkynischen Forst
wohnten 24), nicht die östlichen Celten; ein ganz zu-
verlässiger Beweis daß er jenen Zug des Sigovesus nicht
glaubte, oder doch ihn nur als Heerführer der Volker
betrachtete 25). Die westlichen Gränzen des deutschen
Volksstamms scheinen seit zweytausend Jahren im Gan-
zen unverändert: südlich bis in Wallis hinein wohnten
halbdeutsche Völker 26): also daß die östlichen Celten
von dem eigentlichen Gallien ganz geschieden waren.
Von Italien, obgleich die Veneter Noricum von Cis-
alpinien trennten, hatten sie sich nach Illyrien und Pan-
nonien gewandt, und sich einen Weg durch die wider-
stehenden Völker gebahnt 27). Hierauf bezieht sich der
Ausdruck des Skylax 28), die Celten am innersten Bu-
sen des adriatischen Meers, südlich von den Venetern,
wären von dem Zuge zurückgeblieben 29). Auch finden
wir die Bojer beydes an der Donau und am Padus,
so daß wir auf die Absonderung des einen Volks von

24) Cäsar a. a. O.
25) Nach Dio (Zonaras VII. c. 23.) zog ein Theil der Cel-
ten über die Alpen: ein anderer unter die rhipäischen Ge-
bürge; eine Erzählung deren griechischer Ursprung unver-
kennbar ist. Vergl. Plutarch Camill. p. 135. E., der auch
von den Rhipäen redet.
26) Livius XXI. c. 38.
27) Justinus XXIV. c. 4.
28) Um die 105te Ol. oder 393; 28 Jahre nach der gallischen
Eroberung Roms.
29) apoleiphthentes tes strateias. Skylax p. 6.

fremd war, da ſie zu ſeinen Provinzen gehoͤrten, leitet
von den Auswanderungen uͤber den Rhein nur allein die
Volker Tektoſager ab die unter dem Herkyniſchen Forſt
wohnten 24), nicht die oͤſtlichen Celten; ein ganz zu-
verlaͤſſiger Beweis daß er jenen Zug des Sigoveſus nicht
glaubte, oder doch ihn nur als Heerfuͤhrer der Volker
betrachtete 25). Die weſtlichen Graͤnzen des deutſchen
Volksſtamms ſcheinen ſeit zweytauſend Jahren im Gan-
zen unveraͤndert: ſuͤdlich bis in Wallis hinein wohnten
halbdeutſche Voͤlker 26): alſo daß die oͤſtlichen Celten
von dem eigentlichen Gallien ganz geſchieden waren.
Von Italien, obgleich die Veneter Noricum von Cis-
alpinien trennten, hatten ſie ſich nach Illyrien und Pan-
nonien gewandt, und ſich einen Weg durch die wider-
ſtehenden Voͤlker gebahnt 27). Hierauf bezieht ſich der
Ausdruck des Skylax 28), die Celten am innerſten Bu-
ſen des adriatiſchen Meers, ſuͤdlich von den Venetern,
waͤren von dem Zuge zuruͤckgeblieben 29). Auch finden
wir die Bojer beydes an der Donau und am Padus,
ſo daß wir auf die Abſonderung des einen Volks von

24) Caͤſar a. a. O.
25) Nach Dio (Zonaras VII. c. 23.) zog ein Theil der Cel-
ten uͤber die Alpen: ein anderer unter die rhipaͤiſchen Ge-
buͤrge; eine Erzaͤhlung deren griechiſcher Urſprung unver-
kennbar iſt. Vergl. Plutarch Camill. p. 135. E., der auch
von den Rhipaͤen redet.
26) Livius XXI. c. 38.
27) Juſtinus XXIV. c. 4.
28) Um die 105te Ol. oder 393; 28 Jahre nach der galliſchen
Eroberung Roms.
29) ἀπολειφϑέντες τῆς ϛρατείας. Skylax p. 6.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0278" n="262"/>
fremd war, da &#x017F;ie zu &#x017F;einen Provinzen geho&#x0364;rten, leitet<lb/>
von den Auswanderungen u&#x0364;ber den Rhein nur allein die<lb/>
Volker Tekto&#x017F;ager ab die unter dem Herkyni&#x017F;chen For&#x017F;t<lb/>
wohnten <note place="foot" n="24)">Ca&#x0364;&#x017F;ar a. a. O.</note>, nicht die o&#x0364;&#x017F;tlichen Celten; ein ganz zu-<lb/>
verla&#x0364;&#x017F;&#x017F;iger Beweis daß er jenen Zug des Sigove&#x017F;us nicht<lb/>
glaubte, oder doch ihn nur als Heerfu&#x0364;hrer der Volker<lb/>
betrachtete <note place="foot" n="25)">Nach Dio (Zonaras <hi rendition="#aq">VII. c.</hi> 23.) zog ein Theil der Cel-<lb/>
ten u&#x0364;ber die Alpen: ein anderer unter die rhipa&#x0364;i&#x017F;chen Ge-<lb/>
bu&#x0364;rge; eine Erza&#x0364;hlung deren griechi&#x017F;cher Ur&#x017F;prung unver-<lb/>
kennbar i&#x017F;t. Vergl. Plutarch <hi rendition="#aq">Camill. p. 135. E.</hi>, der auch<lb/>
von den Rhipa&#x0364;en redet.</note>. Die we&#x017F;tlichen Gra&#x0364;nzen des deut&#x017F;chen<lb/>
Volks&#x017F;tamms &#x017F;cheinen &#x017F;eit zweytau&#x017F;end Jahren im Gan-<lb/>
zen unvera&#x0364;ndert: &#x017F;u&#x0364;dlich bis in Wallis hinein wohnten<lb/>
halbdeut&#x017F;che Vo&#x0364;lker <note place="foot" n="26)">Livius <hi rendition="#aq">XXI. c.</hi> 38.</note>: al&#x017F;o daß die o&#x0364;&#x017F;tlichen Celten<lb/>
von dem eigentlichen Gallien ganz ge&#x017F;chieden waren.<lb/>
Von Italien, obgleich die Veneter Noricum von Cis-<lb/>
alpinien trennten, hatten &#x017F;ie &#x017F;ich nach Illyrien und Pan-<lb/>
nonien gewandt, und &#x017F;ich einen Weg durch die wider-<lb/>
&#x017F;tehenden Vo&#x0364;lker gebahnt <note place="foot" n="27)">Ju&#x017F;tinus <hi rendition="#aq">XXIV. c.</hi> 4.</note>. Hierauf bezieht &#x017F;ich der<lb/>
Ausdruck des Skylax <note place="foot" n="28)">Um die 105te Ol. oder 393; 28 Jahre nach der galli&#x017F;chen<lb/>
Eroberung Roms.</note>, die Celten am inner&#x017F;ten Bu-<lb/>
&#x017F;en des adriati&#x017F;chen Meers, &#x017F;u&#x0364;dlich von den Venetern,<lb/>
wa&#x0364;ren von dem Zuge zuru&#x0364;ckgeblieben <note place="foot" n="29)">&#x1F00;&#x03C0;&#x03BF;&#x03BB;&#x03B5;&#x03B9;&#x03C6;&#x03D1;&#x03AD;&#x03BD;&#x03C4;&#x03B5;&#x03C2; &#x03C4;&#x1FC6;&#x03C2; &#x03DB;&#x03C1;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B5;&#x03AF;&#x03B1;&#x03C2;. Skylax <hi rendition="#aq">p.</hi> 6.</note>. Auch finden<lb/>
wir die Bojer beydes an der Donau und am Padus,<lb/>
&#x017F;o daß wir auf die Ab&#x017F;onderung des einen Volks von<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[262/0278] fremd war, da ſie zu ſeinen Provinzen gehoͤrten, leitet von den Auswanderungen uͤber den Rhein nur allein die Volker Tektoſager ab die unter dem Herkyniſchen Forſt wohnten 24), nicht die oͤſtlichen Celten; ein ganz zu- verlaͤſſiger Beweis daß er jenen Zug des Sigoveſus nicht glaubte, oder doch ihn nur als Heerfuͤhrer der Volker betrachtete 25). Die weſtlichen Graͤnzen des deutſchen Volksſtamms ſcheinen ſeit zweytauſend Jahren im Gan- zen unveraͤndert: ſuͤdlich bis in Wallis hinein wohnten halbdeutſche Voͤlker 26): alſo daß die oͤſtlichen Celten von dem eigentlichen Gallien ganz geſchieden waren. Von Italien, obgleich die Veneter Noricum von Cis- alpinien trennten, hatten ſie ſich nach Illyrien und Pan- nonien gewandt, und ſich einen Weg durch die wider- ſtehenden Voͤlker gebahnt 27). Hierauf bezieht ſich der Ausdruck des Skylax 28), die Celten am innerſten Bu- ſen des adriatiſchen Meers, ſuͤdlich von den Venetern, waͤren von dem Zuge zuruͤckgeblieben 29). Auch finden wir die Bojer beydes an der Donau und am Padus, ſo daß wir auf die Abſonderung des einen Volks von 24) Caͤſar a. a. O. 25) Nach Dio (Zonaras VII. c. 23.) zog ein Theil der Cel- ten uͤber die Alpen: ein anderer unter die rhipaͤiſchen Ge- buͤrge; eine Erzaͤhlung deren griechiſcher Urſprung unver- kennbar iſt. Vergl. Plutarch Camill. p. 135. E., der auch von den Rhipaͤen redet. 26) Livius XXI. c. 38. 27) Juſtinus XXIV. c. 4. 28) Um die 105te Ol. oder 393; 28 Jahre nach der galliſchen Eroberung Roms. 29) ἀπολειφϑέντες τῆς ϛρατείας. Skylax p. 6.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/278
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/278>, abgerufen am 28.11.2024.