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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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ten. Es war auch Tradition der Druiden, ein Theil
ihrer Nation habe einheimisch ursprünglich Gallien be-
wohnt: ein andrer sey von den äußersten Inseln, und
über den Rhein her eingewandert 1). So ist es auch
mit nichten gewiß, was gewöhnlich als zweifellos an-
genommen wird, daß die Celten Iberiens -- außer den
Celtiberiern die Celtiker am Anas und Minius -- ein-
gewanderte gallische Fremdlinge waren. Eine bestimmte
Sage darüber findet sich nicht einmal 2). Aber die
Iberer in Aquitanien 3) und Narbonensis 4), von den
Pyrenäen in die Ebenen hinein mit unbestimmten Grän-
zen wohnend, erscheinen vielmehr als Eingewanderte in
Gallien, welche dort Celten, hier Ligurer aus ihren
Wohnsitzen gedrängt, oder als herrschendes Volk sich
unterworfen haben. So zerrissen und entfernt wie die
Celtiker im westlichen Iberien, erhalten sich wohl ein-
zelne tapfere Reste einer überwältigten Nation, aber so
siedelt sich keine einwandernde an. Eben so ist in den
Wohnsitzen der Celtiberer eine Gegend nicht zu verken-

1) Ammianus Marcellinus XV. c. 9.
2) Nicht bey Diodor V. c. 33., welcher nach Timäus oder
Posidonius schrieb, und nur von den langwierigen Kriegen
redet welche mit der Verschmelzung der Celten und Iberer
geendigt hätten. Strabo freylich nimmt die Einwanderung
der Celten an: es ist schon bemerkt daß jede große Wande-
rung leicht in den beyden entgegengeseßten Richtungen er-
zählt wird.
3) Strabo IV. c. 1. in.
4) Bis an den Rhodanus vermischt mit den Ligurern. Sky-
lax p. 2.

ten. Es war auch Tradition der Druiden, ein Theil
ihrer Nation habe einheimiſch urſpruͤnglich Gallien be-
wohnt: ein andrer ſey von den aͤußerſten Inſeln, und
uͤber den Rhein her eingewandert 1). So iſt es auch
mit nichten gewiß, was gewoͤhnlich als zweifellos an-
genommen wird, daß die Celten Iberiens — außer den
Celtiberiern die Celtiker am Anas und Minius — ein-
gewanderte galliſche Fremdlinge waren. Eine beſtimmte
Sage daruͤber findet ſich nicht einmal 2). Aber die
Iberer in Aquitanien 3) und Narbonenſis 4), von den
Pyrenaͤen in die Ebenen hinein mit unbeſtimmten Graͤn-
zen wohnend, erſcheinen vielmehr als Eingewanderte in
Gallien, welche dort Celten, hier Ligurer aus ihren
Wohnſitzen gedraͤngt, oder als herrſchendes Volk ſich
unterworfen haben. So zerriſſen und entfernt wie die
Celtiker im weſtlichen Iberien, erhalten ſich wohl ein-
zelne tapfere Reſte einer uͤberwaͤltigten Nation, aber ſo
ſiedelt ſich keine einwandernde an. Eben ſo iſt in den
Wohnſitzen der Celtiberer eine Gegend nicht zu verken-

1) Ammianus Marcellinus XV. c. 9.
2) Nicht bey Diodor V. c. 33., welcher nach Timaͤus oder
Poſidonius ſchrieb, und nur von den langwierigen Kriegen
redet welche mit der Verſchmelzung der Celten und Iberer
geendigt haͤtten. Strabo freylich nimmt die Einwanderung
der Celten an: es iſt ſchon bemerkt daß jede große Wande-
rung leicht in den beyden entgegengeſeßten Richtungen er-
zaͤhlt wird.
3) Strabo IV. c. 1. in.
4) Bis an den Rhodanus vermiſcht mit den Ligurern. Sky-
lax p. 2.
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[254/0270] ten. Es war auch Tradition der Druiden, ein Theil ihrer Nation habe einheimiſch urſpruͤnglich Gallien be- wohnt: ein andrer ſey von den aͤußerſten Inſeln, und uͤber den Rhein her eingewandert 1). So iſt es auch mit nichten gewiß, was gewoͤhnlich als zweifellos an- genommen wird, daß die Celten Iberiens — außer den Celtiberiern die Celtiker am Anas und Minius — ein- gewanderte galliſche Fremdlinge waren. Eine beſtimmte Sage daruͤber findet ſich nicht einmal 2). Aber die Iberer in Aquitanien 3) und Narbonenſis 4), von den Pyrenaͤen in die Ebenen hinein mit unbeſtimmten Graͤn- zen wohnend, erſcheinen vielmehr als Eingewanderte in Gallien, welche dort Celten, hier Ligurer aus ihren Wohnſitzen gedraͤngt, oder als herrſchendes Volk ſich unterworfen haben. So zerriſſen und entfernt wie die Celtiker im weſtlichen Iberien, erhalten ſich wohl ein- zelne tapfere Reſte einer uͤberwaͤltigten Nation, aber ſo ſiedelt ſich keine einwandernde an. Eben ſo iſt in den Wohnſitzen der Celtiberer eine Gegend nicht zu verken- 1) Ammianus Marcellinus XV. c. 9. 2) Nicht bey Diodor V. c. 33., welcher nach Timaͤus oder Poſidonius ſchrieb, und nur von den langwierigen Kriegen redet welche mit der Verſchmelzung der Celten und Iberer geendigt haͤtten. Strabo freylich nimmt die Einwanderung der Celten an: es iſt ſchon bemerkt daß jede große Wande- rung leicht in den beyden entgegengeſeßten Richtungen er- zaͤhlt wird. 3) Strabo IV. c. 1. in. 4) Bis an den Rhodanus vermiſcht mit den Ligurern. Sky- lax p. 2.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/270>, abgerufen am 24.11.2024.