wurden 7), so ist nicht zu bezweifeln daß diese Einrich- tung von der ältesten Zeit her bestand: denn in den Ver- änderungen der Verhältnisse des Senats zum Volk war es jener der nach dem natürlichen Gang der Begebenheiten fortschreitend verlohr, nie gewann. Es ist auch klar wie drückend diese Abhängigkeit für die Plebejer war, so lange, kraft der Verfassung des Senats, nur Patricier zu Gericht saßen.
Die Gewalt der Consuln war noch vollkommen könig- lich. Von ihrem Vortrag war die Verhandlung aller Sachen im Senat und in der Centuriengemeinde abhän- gig. Sie hatten im Krieg unbeschränkten militärischen Oberbefehl, und es waren ihnen die Mittel dieser Gewalt Gehorsam zu erzwingen übergeben: sie konnten die Aushe- bung, wenn nicht ausdrücklich durch tribunicischen Wi- derspruch gehindert, mit strenger Ahndung gegen den Wi- derspenstigen vollziehen: sie waren im Felde unbeschränkte Richter über Leben und Tod. Erscheinen sie auch in den Verhandlungen mit fremden Völkern in unsern Annalen nur, wie ein näheres Andenken die Schriftsteller auch für die alten Tage anzunehmen veranlaßte, in Vollmacht des Senats die Bedingungen der Verträge unterhandelnd, so ist doch diese angebliche Beauftragung so gewöhnlich daß man wohl annehmen darf, auch hier sey nur im Verlauf der Zeit Beschränkung einer höheren Gewalt eingetre-
7) Polybius VI. c. 17. To de megison, ek tautes (tes Sug- kletou) apodidontai kritai ton pleison kai ton demosion kai ton idion sunallagmaton, osa megethos ekhei ton eg- klematon.
wurden 7), ſo iſt nicht zu bezweifeln daß dieſe Einrich- tung von der aͤlteſten Zeit her beſtand: denn in den Ver- aͤnderungen der Verhaͤltniſſe des Senats zum Volk war es jener der nach dem natuͤrlichen Gang der Begebenheiten fortſchreitend verlohr, nie gewann. Es iſt auch klar wie druͤckend dieſe Abhaͤngigkeit fuͤr die Plebejer war, ſo lange, kraft der Verfaſſung des Senats, nur Patricier zu Gericht ſaßen.
Die Gewalt der Conſuln war noch vollkommen koͤnig- lich. Von ihrem Vortrag war die Verhandlung aller Sachen im Senat und in der Centuriengemeinde abhaͤn- gig. Sie hatten im Krieg unbeſchraͤnkten militaͤriſchen Oberbefehl, und es waren ihnen die Mittel dieſer Gewalt Gehorſam zu erzwingen uͤbergeben: ſie konnten die Aushe- bung, wenn nicht ausdruͤcklich durch tribuniciſchen Wi- derſpruch gehindert, mit ſtrenger Ahndung gegen den Wi- derſpenſtigen vollziehen: ſie waren im Felde unbeſchraͤnkte Richter uͤber Leben und Tod. Erſcheinen ſie auch in den Verhandlungen mit fremden Voͤlkern in unſern Annalen nur, wie ein naͤheres Andenken die Schriftſteller auch fuͤr die alten Tage anzunehmen veranlaßte, in Vollmacht des Senats die Bedingungen der Vertraͤge unterhandelnd, ſo iſt doch dieſe angebliche Beauftragung ſo gewoͤhnlich daß man wohl annehmen darf, auch hier ſey nur im Verlauf der Zeit Beſchraͤnkung einer hoͤheren Gewalt eingetre-
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wurden 7), ſo iſt nicht zu bezweifeln daß dieſe Einrich-
tung von der aͤlteſten Zeit her beſtand: denn in den Ver-
aͤnderungen der Verhaͤltniſſe des Senats zum Volk war es
jener der nach dem natuͤrlichen Gang der Begebenheiten
fortſchreitend verlohr, nie gewann. Es iſt auch klar wie
druͤckend dieſe Abhaͤngigkeit fuͤr die Plebejer war, ſo
lange, kraft der Verfaſſung des Senats, nur Patricier
zu Gericht ſaßen.
Die Gewalt der Conſuln war noch vollkommen koͤnig-
lich. Von ihrem Vortrag war die Verhandlung aller
Sachen im Senat und in der Centuriengemeinde abhaͤn-
gig. Sie hatten im Krieg unbeſchraͤnkten militaͤriſchen
Oberbefehl, und es waren ihnen die Mittel dieſer Gewalt
Gehorſam zu erzwingen uͤbergeben: ſie konnten die Aushe-
bung, wenn nicht ausdruͤcklich durch tribuniciſchen Wi-
derſpruch gehindert, mit ſtrenger Ahndung gegen den Wi-
derſpenſtigen vollziehen: ſie waren im Felde unbeſchraͤnkte
Richter uͤber Leben und Tod. Erſcheinen ſie auch in den
Verhandlungen mit fremden Voͤlkern in unſern Annalen
nur, wie ein naͤheres Andenken die Schriftſteller auch fuͤr
die alten Tage anzunehmen veranlaßte, in Vollmacht des
Senats die Bedingungen der Vertraͤge unterhandelnd, ſo
iſt doch dieſe angebliche Beauftragung ſo gewoͤhnlich daß
man wohl annehmen darf, auch hier ſey nur im Verlauf
der Zeit Beſchraͤnkung einer hoͤheren Gewalt eingetre-
7) Polybius VI. c. 17. Τὸ δὲ μέγιςον, ἐκ ταύτης (τῆς Συγ-
κλήτου) ἀποδίδονται κριταὶ τῶν πλείςων καὶ τῶν δημοσίων
καὶ τῶν ἰδίων συναλλαγμάτων, ὅσα μέγεϑος ἔχει τῶν ἐγ-
κλημάτων.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/27>, abgerufen am 22.11.2024.
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