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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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Diodor 92), es wären jedem Bürger acht und zwanzig
Jugern angewiesen worden, indem für jeden Hausvater
und die Seinigen als Mittelzahl vier Loose gerechnet
werden. Ungewiß wie die Volkszahl Roms in jenem
Zeitalter ist, wie sehr man sie auch gegen die angebli-
chen Zahlen der alten Censusregister herabstimmt, er-
scheint doch die Fläche, welche nach dieser Norm getheilt
seyn müßte, unglaublich: besonders da das Gebiet von
Veji, wie viel auch altitalischer Fleiß gethan haben
mochte um Felsen mit Erde zu bedecken, an vielen Or-
ten aus nacktem Gestein bestehen soll, und nur Acker
und Rebenland getheilt wurden: endlich gewiß ein eben
so großer Antheil als Domaine für den Besitz der Pa-
tricier und vieles den Gemeinden blieb die sich Rom
unterworfen hatten, und später das Bürgerrecht em-
pfingen.

Diodor meldet 93) im Jahr 362 sey eine Colonie
nach Circeji gesandt worden; eine Angabe die historisch
wichtig scheint, weil diese Colonie älter ist als der gal-
lische Krieg, und doch diejenige welche der letzte König
dort gründete in dem großen volskischen Kriege erobert,
und die latinischen Colonisten verjagt waren 94), ohne
daß der Wiedereroberung gedacht oder es begreiflich
wäre, wie eine einzeln abgesonderte latinische Stadt mit-
ten unter den Volskern, so lange diese entschieden über-
mächtig waren, zwischen Antium und Anxur hätte beste-
hen können. Man möchte daher die Colonie im Vols-

92) Diodor XIV. c. 102.
93) Derselbe ebendas.
94) Livius II. c. 39.

Diodor 92), es waͤren jedem Buͤrger acht und zwanzig
Jugern angewieſen worden, indem fuͤr jeden Hausvater
und die Seinigen als Mittelzahl vier Looſe gerechnet
werden. Ungewiß wie die Volkszahl Roms in jenem
Zeitalter iſt, wie ſehr man ſie auch gegen die angebli-
chen Zahlen der alten Cenſusregiſter herabſtimmt, er-
ſcheint doch die Flaͤche, welche nach dieſer Norm getheilt
ſeyn muͤßte, unglaublich: beſonders da das Gebiet von
Veji, wie viel auch altitaliſcher Fleiß gethan haben
mochte um Felſen mit Erde zu bedecken, an vielen Or-
ten aus nacktem Geſtein beſtehen ſoll, und nur Acker
und Rebenland getheilt wurden: endlich gewiß ein eben
ſo großer Antheil als Domaine fuͤr den Beſitz der Pa-
tricier und vieles den Gemeinden blieb die ſich Rom
unterworfen hatten, und ſpaͤter das Buͤrgerrecht em-
pfingen.

Diodor meldet 93) im Jahr 362 ſey eine Colonie
nach Circeji geſandt worden; eine Angabe die hiſtoriſch
wichtig ſcheint, weil dieſe Colonie aͤlter iſt als der gal-
liſche Krieg, und doch diejenige welche der letzte Koͤnig
dort gruͤndete in dem großen volskiſchen Kriege erobert,
und die latiniſchen Coloniſten verjagt waren 94), ohne
daß der Wiedereroberung gedacht oder es begreiflich
waͤre, wie eine einzeln abgeſonderte latiniſche Stadt mit-
ten unter den Volskern, ſo lange dieſe entſchieden uͤber-
maͤchtig waren, zwiſchen Antium und Anxur haͤtte beſte-
hen koͤnnen. Man moͤchte daher die Colonie im Vols-

92) Diodor XIV. c. 102.
93) Derſelbe ebendaſ.
94) Livius II. c. 39.
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[248/0264] Diodor 92), es waͤren jedem Buͤrger acht und zwanzig Jugern angewieſen worden, indem fuͤr jeden Hausvater und die Seinigen als Mittelzahl vier Looſe gerechnet werden. Ungewiß wie die Volkszahl Roms in jenem Zeitalter iſt, wie ſehr man ſie auch gegen die angebli- chen Zahlen der alten Cenſusregiſter herabſtimmt, er- ſcheint doch die Flaͤche, welche nach dieſer Norm getheilt ſeyn muͤßte, unglaublich: beſonders da das Gebiet von Veji, wie viel auch altitaliſcher Fleiß gethan haben mochte um Felſen mit Erde zu bedecken, an vielen Or- ten aus nacktem Geſtein beſtehen ſoll, und nur Acker und Rebenland getheilt wurden: endlich gewiß ein eben ſo großer Antheil als Domaine fuͤr den Beſitz der Pa- tricier und vieles den Gemeinden blieb die ſich Rom unterworfen hatten, und ſpaͤter das Buͤrgerrecht em- pfingen. Diodor meldet 93) im Jahr 362 ſey eine Colonie nach Circeji geſandt worden; eine Angabe die hiſtoriſch wichtig ſcheint, weil dieſe Colonie aͤlter iſt als der gal- liſche Krieg, und doch diejenige welche der letzte Koͤnig dort gruͤndete in dem großen volskiſchen Kriege erobert, und die latiniſchen Coloniſten verjagt waren 94), ohne daß der Wiedereroberung gedacht oder es begreiflich waͤre, wie eine einzeln abgeſonderte latiniſche Stadt mit- ten unter den Volskern, ſo lange dieſe entſchieden uͤber- maͤchtig waren, zwiſchen Antium und Anxur haͤtte beſte- hen koͤnnen. Man moͤchte daher die Colonie im Vols- 92) Diodor XIV. c. 102. 93) Derſelbe ebendaſ. 94) Livius II. c. 39.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/264>, abgerufen am 24.11.2024.