Wahl entweder Abgaben zu zahlen, oder die Ernennung plebejischer Militartribunen zu gestatten, sich durch einen Vergleich mit den Volkstribunen für das letzte entschie- den. Von sechs Militartribunen des Jahrs 355 waren fünf Plebejer; nicht, wie Livius mit einer bey ihm nicht auffallenden Unkenntniß des Standes bekannter aber in seiner Zeit erloschner Geschlechter sagt, nur der einzige P. Licinius Calvus aus diesem Stande erwählt; und eben denselben Ausgang hatten die Comitien für das folgende Jahr. Die Regierung dieser Tribunen war un- sträflich und rühmlich: aber die Patricier glaubten die Macht verlohren, nicht getheilt zu haben: der Senat war ruhig daß die Volkstribunen dem vejentischen Krieg nicht durch Opposition gegen die Steuern den nahe scheinenden Sieg entziehen würden: und man erlangte (357) daß alle Militartribunen aus den Patriciern ge- wählt wurden, indem die Priester die Gemüther ängstig- ten, daß ein ungewöhnlich harter Winter, in dem die Tiber durch Eis unschiffbar war, und ein seuchenvoller Sommer den Unwillen der Götter wegen Uebertragung der Auspicien an eine unbefugte Kaste verkündigten. Im folgenden Jahr war die Wahl den Patriciern aufs neue günstig. So erzählt Livius diese Vorfälle; aber die Wahl des Jahrs 359 welche nur Plebejer enthält, die Bewe- gungen welche ihr vorangingen, und die Uebereinkunft vor den Comitien daß, wie er ferner sagt, der größte Theil der Militartribunen aus den Plebejern gewählt werden solle; -- eine Vereinigung die nur den vorsitzen- den Magistrat, und die Curien wegen der Annahme von
Wahl entweder Abgaben zu zahlen, oder die Ernennung plebejiſcher Militartribunen zu geſtatten, ſich durch einen Vergleich mit den Volkstribunen fuͤr das letzte entſchie- den. Von ſechs Militartribunen des Jahrs 355 waren fuͤnf Plebejer; nicht, wie Livius mit einer bey ihm nicht auffallenden Unkenntniß des Standes bekannter aber in ſeiner Zeit erloſchner Geſchlechter ſagt, nur der einzige P. Licinius Calvus aus dieſem Stande erwaͤhlt; und eben denſelben Ausgang hatten die Comitien fuͤr das folgende Jahr. Die Regierung dieſer Tribunen war un- ſtraͤflich und ruͤhmlich: aber die Patricier glaubten die Macht verlohren, nicht getheilt zu haben: der Senat war ruhig daß die Volkstribunen dem vejentiſchen Krieg nicht durch Oppoſition gegen die Steuern den nahe ſcheinenden Sieg entziehen wuͤrden: und man erlangte (357) daß alle Militartribunen aus den Patriciern ge- waͤhlt wurden, indem die Prieſter die Gemuͤther aͤngſtig- ten, daß ein ungewoͤhnlich harter Winter, in dem die Tiber durch Eis unſchiffbar war, und ein ſeuchenvoller Sommer den Unwillen der Goͤtter wegen Uebertragung der Auſpicien an eine unbefugte Kaſte verkuͤndigten. Im folgenden Jahr war die Wahl den Patriciern aufs neue guͤnſtig. So erzaͤhlt Livius dieſe Vorfaͤlle; aber die Wahl des Jahrs 359 welche nur Plebejer enthaͤlt, die Bewe- gungen welche ihr vorangingen, und die Uebereinkunft vor den Comitien daß, wie er ferner ſagt, der groͤßte Theil der Militartribunen aus den Plebejern gewaͤhlt werden ſolle; — eine Vereinigung die nur den vorſitzen- den Magiſtrat, und die Curien wegen der Annahme von
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0261"n="245"/>
Wahl entweder Abgaben zu zahlen, oder die Ernennung<lb/>
plebejiſcher Militartribunen zu geſtatten, ſich durch einen<lb/>
Vergleich mit den Volkstribunen fuͤr das letzte entſchie-<lb/>
den. Von ſechs Militartribunen des Jahrs 355 waren<lb/>
fuͤnf Plebejer; nicht, wie Livius mit einer bey ihm nicht<lb/>
auffallenden Unkenntniß des Standes bekannter aber in<lb/>ſeiner Zeit erloſchner Geſchlechter ſagt, nur der einzige<lb/>
P. Licinius Calvus aus dieſem Stande erwaͤhlt; und<lb/>
eben denſelben Ausgang hatten die Comitien fuͤr das<lb/>
folgende Jahr. Die Regierung dieſer Tribunen war un-<lb/>ſtraͤflich und ruͤhmlich: aber die Patricier glaubten die<lb/>
Macht verlohren, nicht getheilt zu haben: der Senat<lb/>
war ruhig daß die Volkstribunen dem vejentiſchen Krieg<lb/>
nicht durch Oppoſition gegen die Steuern den nahe<lb/>ſcheinenden Sieg entziehen wuͤrden: und man erlangte<lb/>
(357) daß alle Militartribunen aus den Patriciern ge-<lb/>
waͤhlt wurden, indem die Prieſter die Gemuͤther aͤngſtig-<lb/>
ten, daß ein ungewoͤhnlich harter Winter, in dem die<lb/>
Tiber durch Eis unſchiffbar war, und ein ſeuchenvoller<lb/>
Sommer den Unwillen der Goͤtter wegen Uebertragung<lb/>
der Auſpicien an eine unbefugte Kaſte verkuͤndigten. Im<lb/>
folgenden Jahr war die Wahl den Patriciern aufs neue<lb/>
guͤnſtig. So erzaͤhlt Livius dieſe Vorfaͤlle; aber die Wahl<lb/>
des Jahrs 359 welche nur Plebejer enthaͤlt, die Bewe-<lb/>
gungen welche ihr vorangingen, und die Uebereinkunft<lb/>
vor den Comitien daß, wie er ferner ſagt, der groͤßte<lb/>
Theil der Militartribunen aus den Plebejern gewaͤhlt<lb/>
werden ſolle; — eine Vereinigung die nur den vorſitzen-<lb/>
den Magiſtrat, und die Curien wegen der Annahme von<lb/></p></div></body></text></TEI>
[245/0261]
Wahl entweder Abgaben zu zahlen, oder die Ernennung
plebejiſcher Militartribunen zu geſtatten, ſich durch einen
Vergleich mit den Volkstribunen fuͤr das letzte entſchie-
den. Von ſechs Militartribunen des Jahrs 355 waren
fuͤnf Plebejer; nicht, wie Livius mit einer bey ihm nicht
auffallenden Unkenntniß des Standes bekannter aber in
ſeiner Zeit erloſchner Geſchlechter ſagt, nur der einzige
P. Licinius Calvus aus dieſem Stande erwaͤhlt; und
eben denſelben Ausgang hatten die Comitien fuͤr das
folgende Jahr. Die Regierung dieſer Tribunen war un-
ſtraͤflich und ruͤhmlich: aber die Patricier glaubten die
Macht verlohren, nicht getheilt zu haben: der Senat
war ruhig daß die Volkstribunen dem vejentiſchen Krieg
nicht durch Oppoſition gegen die Steuern den nahe
ſcheinenden Sieg entziehen wuͤrden: und man erlangte
(357) daß alle Militartribunen aus den Patriciern ge-
waͤhlt wurden, indem die Prieſter die Gemuͤther aͤngſtig-
ten, daß ein ungewoͤhnlich harter Winter, in dem die
Tiber durch Eis unſchiffbar war, und ein ſeuchenvoller
Sommer den Unwillen der Goͤtter wegen Uebertragung
der Auſpicien an eine unbefugte Kaſte verkuͤndigten. Im
folgenden Jahr war die Wahl den Patriciern aufs neue
guͤnſtig. So erzaͤhlt Livius dieſe Vorfaͤlle; aber die Wahl
des Jahrs 359 welche nur Plebejer enthaͤlt, die Bewe-
gungen welche ihr vorangingen, und die Uebereinkunft
vor den Comitien daß, wie er ferner ſagt, der groͤßte
Theil der Militartribunen aus den Plebejern gewaͤhlt
werden ſolle; — eine Vereinigung die nur den vorſitzen-
den Magiſtrat, und die Curien wegen der Annahme von
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/261>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.