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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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Jahr 331 62), ausdrücklich damit Sold gezahlt werden
könne: welches ihnen also nicht weniger angelegen war
als dem Senat, und achtzehn Jahre früher von ihnen
vorgeschlagen ward ehe der Senat es verordnete. Die-
ser aber war noch so tief unter dem Beruf die Völker zu
beherrschen daß er diese Erwähnung nicht duldete, ob-
gleich die Eroberungen welche nur durch besoldete Armeen
möglich waren, nach der Absicht der Patricier, sicher nur
sie bereichern sollten: denn auch nach der Einnahme
von Veji
machten sie Ansprüche auf den ausschließen-
den Besitz des eroberten Gebiets. Allerdings ist nichts
glaublicher als daß die Tribunen, da auf einmal der
Armee Sold versprochen ward, die Freude des Volks
durch die Warnung störten, es sey ein Geschenk welches
der Senat aus fremden Mitteln gebe, und welches den
Plebejern schwer genug fallen werde: das aber war,
weil die Abgabe vom Gemeinland nicht hergestellt ward,
strenge Wahrheit, nicht hämische Unempfindlichkeit bey
der allgemeinen Freude 63). Das Volk war am Ende
des Kriegs durch die unaufhörlichen Ausschreibungen des
Schosses ganz verarmt 64). Um die Zahl der Steuer-
pflichtigen zu vermehren zwang Camillus als Censor, drey
Jahre nach Einführung des Solds, die wohlhabenden
Wittwen sich zu verheirathen, und zog das bis dahin freye
Vermögen der Waisen unter die Besteurung, woraus zu
folgen scheint daß die Ritter nicht mehr eine Rente vom

62) IV. c. 36. ostentata spes vectigali possessoribus agro-
rum imposito in stipendium militum erogandi aeris.
63) Livius IV. c. 60.
64) Derselbe V. c. 20.

Jahr 331 62), ausdruͤcklich damit Sold gezahlt werden
koͤnne: welches ihnen alſo nicht weniger angelegen war
als dem Senat, und achtzehn Jahre fruͤher von ihnen
vorgeſchlagen ward ehe der Senat es verordnete. Die-
ſer aber war noch ſo tief unter dem Beruf die Voͤlker zu
beherrſchen daß er dieſe Erwaͤhnung nicht duldete, ob-
gleich die Eroberungen welche nur durch beſoldete Armeen
moͤglich waren, nach der Abſicht der Patricier, ſicher nur
ſie bereichern ſollten: denn auch nach der Einnahme
von Veji
machten ſie Anſpruͤche auf den ausſchließen-
den Beſitz des eroberten Gebiets. Allerdings iſt nichts
glaublicher als daß die Tribunen, da auf einmal der
Armee Sold verſprochen ward, die Freude des Volks
durch die Warnung ſtoͤrten, es ſey ein Geſchenk welches
der Senat aus fremden Mitteln gebe, und welches den
Plebejern ſchwer genug fallen werde: das aber war,
weil die Abgabe vom Gemeinland nicht hergeſtellt ward,
ſtrenge Wahrheit, nicht haͤmiſche Unempfindlichkeit bey
der allgemeinen Freude 63). Das Volk war am Ende
des Kriegs durch die unaufhoͤrlichen Ausſchreibungen des
Schoſſes ganz verarmt 64). Um die Zahl der Steuer-
pflichtigen zu vermehren zwang Camillus als Cenſor, drey
Jahre nach Einfuͤhrung des Solds, die wohlhabenden
Wittwen ſich zu verheirathen, und zog das bis dahin freye
Vermoͤgen der Waiſen unter die Beſteurung, woraus zu
folgen ſcheint daß die Ritter nicht mehr eine Rente vom

62) IV. c. 36. ostentata spes vectigali possessoribus agro-
rum imposito in stipendium militum erogandi æris.
63) Livius IV. c. 60.
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[220/0236] Jahr 331 62), ausdruͤcklich damit Sold gezahlt werden koͤnne: welches ihnen alſo nicht weniger angelegen war als dem Senat, und achtzehn Jahre fruͤher von ihnen vorgeſchlagen ward ehe der Senat es verordnete. Die- ſer aber war noch ſo tief unter dem Beruf die Voͤlker zu beherrſchen daß er dieſe Erwaͤhnung nicht duldete, ob- gleich die Eroberungen welche nur durch beſoldete Armeen moͤglich waren, nach der Abſicht der Patricier, ſicher nur ſie bereichern ſollten: denn auch nach der Einnahme von Veji machten ſie Anſpruͤche auf den ausſchließen- den Beſitz des eroberten Gebiets. Allerdings iſt nichts glaublicher als daß die Tribunen, da auf einmal der Armee Sold verſprochen ward, die Freude des Volks durch die Warnung ſtoͤrten, es ſey ein Geſchenk welches der Senat aus fremden Mitteln gebe, und welches den Plebejern ſchwer genug fallen werde: das aber war, weil die Abgabe vom Gemeinland nicht hergeſtellt ward, ſtrenge Wahrheit, nicht haͤmiſche Unempfindlichkeit bey der allgemeinen Freude 63). Das Volk war am Ende des Kriegs durch die unaufhoͤrlichen Ausſchreibungen des Schoſſes ganz verarmt 64). Um die Zahl der Steuer- pflichtigen zu vermehren zwang Camillus als Cenſor, drey Jahre nach Einfuͤhrung des Solds, die wohlhabenden Wittwen ſich zu verheirathen, und zog das bis dahin freye Vermoͤgen der Waiſen unter die Beſteurung, woraus zu folgen ſcheint daß die Ritter nicht mehr eine Rente vom 62) IV. c. 36. ostentata spes vectigali possessoribus agro- rum imposito in stipendium militum erogandi æris. 63) Livius IV. c. 60. 64) Derſelbe V. c. 20.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/236>, abgerufen am 27.11.2024.